Donnersbergkreis Verhandlung mit Biss, aber ohne Urteil

Wer nun womöglich wen wohin gebissen hat – wenn überhaupt –, wird wohl im Dunkeln bleiben. Die Vorsitzende Richterin in Rockenhausen fand auch in der „Verlängerung“ des Verfahrens keine Antwort. Was außerdem ausblieb, war ein Urteil: Die Beteiligten einigten sich darauf, das Strafverfahren gegen einen 22-Jährigen einzustellen. Dem Mann war Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung in je zwei Fällen vorgeworfen worden.

Unerfreuliches Ende einer Party: Der 22-Jährige, zuhause in einem Dorf in der Verbandsgemeinde Alsenz-Obermoschel, soll in zuvor froher Runde mit Freundin und zwei weiteren Pärchen zu vorgerückter Stunde ausgerastet sein. Außer Rand und Band geraten, wussten sich Gastgeberin und Freundeskreis in jener Februar-Nacht keinen Rat mehr, als die Polizei zu rufen. Beim Versuch, den Störenfried vom Ort des Geschehens zu entfernen, soll sich der 22-Jährige aufs Heftigste zur Wehr gesetzt haben. Er soll die Beamten geschlagen, getreten und auch noch gebissen haben, zudem mit Verbalattacken auf sie eingestürmt sein. Bei der Wortwahl habe er sich aus der alleruntersten Schublade bedient. Die Folge: Der Mann fand sich auf der Sünderbank des Rockenhausener Amtsgerichts wieder. Die drei Hauptbeteiligten hatten bereits am ersten Prozesstag am 16. Dezember (wir berichteten) alles gesagt, was sie zu sagen hatten: Die beiden Polizisten waren zum neuen Termin erst gar nicht mehr geladen. Der Angeklagte hüllte sich bei der Fortsetzung komplett in Schweigen. So ließ er denn auch die Aussagen seiner gleichaltrigen Lebensgefährtin unkommentiert – obwohl ihn deren Darstellung der Geschehnisse nicht gerade in bestem Licht erscheinen ließ. Auf die Aussage der Polizisten hin hatte er an Tag eins der Hauptverhandlung die Gelegenheit, mit Fragen zu bohren, ungenutzt verstreichen lassen, auch danach keine Erklärungen mehr abgegeben. Es war ja auch nicht etwa so, dass beide Seiten – Täter und Opfer – vor Gericht völlig gegensätzliche Versionen aufgetischt hätten. Der 22-Jährige macht einen mächtigen Blackout geltend. Bedingt durch vorangegangenen Genuss berauschender Getränke, seien ihm nur noch nebulöse Erinnerungsfetzen an die Vorfälle geblieben. Der Genuss muss großzügig ausgefallen sein. Das war auch den Worten seiner Freundin zu entnehmen: „Wir hatten alle ziemlich viel getrunken“, räumte sie offen ein. Ihr Liebster wohl noch etwas mehr: Alkohol und Eifersucht bildeten in der auf den Valentinstag folgenden Nacht in der Wohnung der 22-Jährigen eine explosive Mischung. Ja, man habe sich gestritten. Warum? Nun ja, ein anderer Junge... Und einer der beiden anderen aus der geselligen Runde habe ihr einen Klaps auf den Po gegeben. Nicht mal absichtlich. Aber das sei wohl zu viel gewesen. Der Angeklagte zankte sich erst mit der Freundin, dann mit dem Kumpel, büxte schließlich aus, wankte krakeelend durchs Dorf. Die inzwischen angebrauste Polizei-Streife fand ihn auf einem Brückengeländer sitzend vor. Man habe sich normal verständigt, er sei einsichtig gewesen, hatten die Beamten geschildert. Dann sei er abgehauen. Kurze Zeit später hatte man den Gesuchten auf dem Speicher des Hauses entdeckt, in dem unten die Oma, darüber die Freundin wohnt. Die 22-Jährige bestätigte, was der Angeklagte schon bei seiner Einlassung am Anfang der Beweisaufnahme behauptet hatte: Ja, sie habe die Polizisten aufgefordert, ihn in Ruhe zu lassen, ihn nicht mit zur Dienststelle zu nehmen. Die Ordnungshüter aber hätten behauptet, das müsse jetzt sein; so wie er sich gebärde, könne man ihn nicht zurücklassen. Die junge Frau beschrieb, wie die Beamten den Mann vom Speicher herunter und in den Streifenwagen bugsiert hätten. Ihre Schilderung ließ unweigerlich an den Transport eines sehr, sehr sperrigen Pakets denken – nur, dass sich Pakete in aller Regel nicht wild winden und auch keine Schimpfworte brüllen. Den zuvor ungezügelt um sich Schlagenden hatten die Polizisten inzwischen gefesselt, seine Hände auf dem Rücken fixiert. Die Freundin hatte noch einen Gürtel holen müssen, mit dem man die Knöchel aneinander band. In dieser Art Transport-Modus war der Angeklagte dann weggeschleppt worden – so die Darstellung der Freundin, so drei Wochen zuvor auch seine eigene. Und was war mit den angeblichen Bissen? Da bohrte Richterin Cora Brunner erst recht noch mal nach. Oh – gesehen habe sie davon nichts, sagte die Zeugin. Aber gehört. Auch wenn sie sich nicht mehr genau erinnern könne: Es habe geklungen, als sei ihr Freund von einem Polizisten gebissen worden. Er habe während der Transport-Bemühungen etwas gerufen wie: „Was fällt Dir ein, mich zu beißen? Dann beiß’ ich aber zurück.“ Die Richterin zögerte kaum, unmittelbar nach der Aussage ein Prozess-Ende ohne Urteil anzuregen. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft reagierte umgehend mit einem zustimmenden Nicken. So war der Weg frei, das Verfahren einzustellen. Auch der Angeklagte war dazu bereit. Sobald er die mit der Einstellung verknüpfte Auflage erfüllt und 600 Euro ans SOS-Kinderdorf in Eisenberg gezahlt hat, wird die Prozess-Akte zugeklappt. Vom Tisch wäre dann auch eine Entscheidung im sogenannten Adhäsionsverfahren: Die beiden Polizisten hatten im Strafprozess Schadenswiedergutmachung geltend gemacht, vor allem mit Blick auf die üblen Beleidigungen, wie sie erklärt hatten. Schadenersatz- und Schmerzensgeldzahlung sollten ihm zum Denkzettel gereichen. Nun können die Beamten Forderungen gegen den 22-Jährigen nur noch auf dem Zivilrechtsweg geltend machen.

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