Donnersbergkreis „So etwas macht man einfach nicht“

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Hat Kerzenheim ein Problem mit Rechtsradikalismus? Bürgermeister Alfred Wöllner treibt das Thema jedenfalls so stark um, dass er es beim Neujahrsempfang der Gemeinde thematisierte. Wir haben beim Ortschef und bei der Polizei nachgefragt.

Besonders betroffen machte Wöllner, dass im vergangenen Jahr Unbekannte vor einem Haus, in dem eine albanische Familie wohnt, den Spruch „Verschwindet, wir wollen euch nicht“ auf die Straße gesprüht hatten. „Das ist in einer Nacht von Samstag auf Sonntag passiert“, erinnert sich Wöllner. Der Inhaber der benachbarten Metzgerei Lommel habe ihn informiert. Er sei gerade auf dem Weg ins Bürgermeisterbüro gewesen, berichtet Wöllner. „Ich habe dann einen Mitarbeiter organisiert, der den Spruch mit Teerfarbe überstrichen hat“, sagt er. Zuvor habe man aber die Polizei informiert. Die Polizeiinspektion in Kirchheimbolanden meldete den Fall weiter an das Polizeipräsidium in Mainz. Dort gibt es eine Fachabteilung, die sich mit solchen Fällen beschäftigt. Der Leiter der Pressestelle, Peter Metzdorf, bestätigt den Fall. Er habe sich in der Zeit vom 6. bis 7. August 2016 ereignet. Der Verursacher konnte nicht ausfindig gemacht werden. Und noch von einem weiteren Fall aus Kerzenheim weiß Metzdorf zu berichten: Nur zehn Tage nach dem ausländerfeindlichen Spruch am „Römer“ sei in der Wilhelm-Bernhard-Straße ein auf den Boden gesprühtes Hakenkreuz entdeckt worden. Auch dieses haben Anwohner schnell beseitig, nachdem die Polizei informiert worden war. Und auch hier konnte nicht aufgeklärt werden, wer der Täter war. „Davor und danach haben wir keine derartigen Vorfälle registriert“, berichtet Metzdorf. Kerzenheim sei aus Sicht des Polizeipräsidiums keine Hochburg, was Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund angehe. So sieht es auch der Chef der Polizeiinspektion in Kirchheimbolanden, Karl Hofmeister. Auch die verstärkte Aufnahme von Asylbewerbern in den vergangenen anderthalb Jahren habe nicht dazu geführt, dass die Situation im Landkreis angespannt sei. „Wir haben hier den Vorteil, dass die Asylbewerber auf den ganzen Kreis verteilt sind und es keine Massenunterkünfte wie in den großen Städten gibt“, sagt er. Besonders geschützt werden müssten die Unterkünfte für Asylsuchende daher nicht. Allerdings verfüge die Polizei über eine Liste aller Häuser, in denen Flüchtlinge wohnen und habe die Lage von daher im Blick. Es dringt wohl aber auch nicht jeder Vorfall, jeder hingeschmierte ausländerfeindliche Spruch und jedes hingekritzelte Hakenkreuz bis zur Polizei durch. So berichtet Alfred Wöllner von Schmierereien an der Brücke in Richtung Eisenberg. Auch gebe es immer wieder Vandalismus an der Straße zwischen den Gemeinden. Der Bürgermeister kann sich durchaus vorstellen, dass es sich bei den Verantwortlichen nicht um Kerzenheimer handelt. Eine negative Grundstimmung gegenüber Asylbewerbern oder Migranten hat Wöllner in seinem Ort nicht festgestellt. „Man merkt natürlich schon bei dem ein oder anderen Vorbehalte, aber nicht so massiv“, sagt er. Die albanische Familie, vor deren Haus der ausländerfeindliche Spruch entdeckt worden war, wurde von Kerzenheimer Bürgern unterstützt. „Die Leute waren völlig unauffällig und haben sich perfekt integriert. Die Kinder sprechen deutsch“, berichtet der Bürgermeister. „Die wären bestimmt keine Belastung für unseren Staat.“ Allerdings hat die Familie keine Zukunft in Deutschland, der Asylantrag wurde abgelehnt. „Es nervt mich, dass eine solche Entscheidung so lange dauert“, beklagt der Bürgermeister. Und über den fremdenfeindlichen Spruch auf der Straße ist Wöllner immer noch entsetzt: „Man kann zu dem Thema stehen, wie man will, aber so etwas macht man einfach nicht“, stellt er klar.

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