Ramsen/Imsweiler Oliver Jung-Kostick auf Recherche-Reise am Eiswoog

Die Jugendstil-Rosen mit ihren kleinen Öffnungen am Klavier im Seehaus Forelle am Eiswoog in Ramsen haben Oliver Jung-Kostick zu
Die Jugendstil-Rosen mit ihren kleinen Öffnungen am Klavier im Seehaus Forelle am Eiswoog in Ramsen haben Oliver Jung-Kostick zu einer Horrorgeschichte inspiriert.

Ein Ort, mit dem man nur positive Erinnerungen verbindet – wer sucht den nicht gerne auf? Oliver Jung-Kostick hat das getan. Der Autor und Fotograf aus Lichtenfels ist im Januar nach Ramsen gekommen. Seine Recherche-Reise hat ihm viele Einblicke und Ideen beschert.

Als Kind hat Oliver Jung-Kostick an der Bratwurstbude am Eiswoog ausgeholfen und im Bootsverleih Touristen über den See gerudert. Als er 58-jährig jetzt an diesen Ort zurückkehrte, „war es so, als sei ich nie weggewesen“. Und das, obwohl sich einiges sehr verändert habe in den vergangenen Jahrzehnten. Während seines Aufenthalts im Seehaus Forelle habe er so ein Hier-gehöre-ich-ganz-natürlich-dazu-Gefühl gehabt, so Jung-Kostick. „Trotzdem hat es mich weitergebracht, Ramsen und den Eiswoog aktuell zu erleben, und nicht nur von Erinnerungen beziehungsweise Internetseiten zu zehren“, meint er.

Jung-Kostick, dessen Familie mütterlicherseits aus dem Dorf und anderen Orten im Donnersbergkreis stammt, war aus zwei Gründen gekommen: Zum einen wollte er mehr über seine Vorfahren wissen, zum anderen brauchte er Hintergründe für Geschichten, die er verfasst hat beziehungsweise in Zukunft schreiben will. Zum Beispiel hat er das Jagdhaus Lassmichinruh aufgesucht, um sich einen Eindruck zu verschaffen und Fotos zu machen. Das zweistöckige Gebäude im Pfälzerwald auf Staufer Gemarkung ließ Mitte der 1930er Jahre der einstige NSDAP-Gauleiter Josef Bürckel (1895 bis 1944) errichten. Das Haus, das in Jung-Kosticks Kurz-Krimi „Die Rückkehr der Mumie“ eine Rolle spielt, hatte der Autor noch nie gesehen. „Auch wundert es mich, dass ich von meinen Verwandten nie davon gehört hatte“, so der Wahl-Bayer, der 2019 nur zufällig bei einer Internetsuche auf die Immobilie stieß.

Als er nun in Ramsen war, erfuhr er, dass seine Familie sogar einen Bezug dazu hat. Die Frau einer seiner Großcousins habe mit ihren Eltern während der Wohnungsknappheit nach dem Zweiten Weltkrieg in dem Jagdhaus gelebt. Ihr Bruder sei in dem Buntsandstein-Bau, der heute dem Land Rheinland-Pfalz gehört, sogar geboren worden. „Jetzt hab ich schon Ansätze für eine zweite Lassmichinruh-Erzählung“, meint der Jurist, der seit 1977 Bücher und Artikel für Literaturzeitschriften schreibt. Vielleicht komme die besser an als sein Krimi, der nicht gut genug gewesen sei für den Göllheimer Kurzgeschichtenwettbewerb. Jung-Kostick mutmaßt, dass vielleicht der Nazi-Bezug gestört habe.

„Ich fühlte mich beobachtet“

Zu einer Horrorstory inspiriert habe ihn ein harmloses Klavier im Seehaus Forelle. Die Jugendstil-Rosen an dem Instrument habe er als gruselig wahrgenommen. „Die Blumen haben mir mit ihren finsteren Öffnungen beim Frühstück zugeschaut“, so der 58-Jährige. „Ich fühlte mich beobachtet.“ Die grobe Geschichten-Idee: Das Klavier kommt in einen Haushalt und hat irgendeine negative Energie mitgebracht – vielleicht Geister oder einen Dämon. „Die Story wird jedenfalls so düster wie der Lack, der das wirklich schöne Stück überzieht“, kündigt Jung-Kostick an. Wie der Betreiber des Hotel-Restaurants, Jörg Maier, erzählt, hat er das rund 100 Jahre alte Klavier von Privatleuten aus Pirmasens erhalten. „Es hat einen sehr schönen Klang und wir lassen es auch regelmäßig stimmen“, sagt er.

Der Familie von Gienanth, die 1735 ein Hüttenwerk in Eisenberg gründete, gehört ein ebenfalls in der Forelle stehendes Puppenhaus. Ein Kind auf der Treppe darin hat Jung-Kostick auch auf die Idee zu einer „recht guten“ Geschichte gebracht. Er erinnert sich: „Mein Opa hat 50 Jahre lang in der Eisengießerei als Hilfsschreiner gearbeitet.“ Als der Großvater 1987 starb, sei ein distinguierter älterer Herr aus der adligen Unternehmerdynastie bei der Beerdigung erschienen. Diese Geste habe ihn berührt, sagt der Jurist, habe sie doch gezeigt, dass auch ein „einfacher Mann“ von seinem früheren Arbeitgeber nicht vergessen wurde. Wie Jung-Kosticks Ahnenforschung mit flankierendem Gentest ergeben hat, ist er sogar sehr weitläufig mit den von Gienanths verwandt, die ursprünglich Guinand hießen.

Ein Projekt im Werden

Jung-Kostick hat sich bei seinem einwöchigen Aufenthalt in Ramsen mit Ausflügen – unter anderem nach Imsweiler, woher eine Urgroßmutter stammte – mit verschiedenen Leuten unterhalten. „Etwa 20 waren auskunftswillig“, bilanziert er. Zig Kilometer hat er zu Fuß zurückgelegt und dabei rund 500 Fotos geschossen. Die Aufnahmen dienen ihm als Vorlagen für Zeichnungen, mit denen er seine Bücher illustrieren möchte. Geplant seien auch Geschichten, die Motive aus der familiären Biografie aufgreifen, so Jung-Kostick. In Kooperation mit der Firma Purvegan sei „ein spannendes Projekt“ im Werden.

Mitte des Jahres will der Autor, der im Seehaus Lesungen plant, wieder nach „Famosa Ramosa“ kommen. Dann soll es auf den Spuren der Verwandtschaft unter anderem nach Carlsberg und Altleiningen sowie Gangloff gehen und schließlich nach Otterberg im Landkreis Kaiserslautern, wo Jung-Kostick einst gewohnt hat.

Oliver Jung-Kostick
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