Donnersbergkreis Mitreißende Musik in kundigen Händen

Mitunter ging es auch turbulent zu auf der Bühne im Schlosspark.
Mitunter ging es auch turbulent zu auf der Bühne im Schlosspark.

«ROCKENHAUSEN.»Insgesamt überzeugte die Opernaufführung am Sonntag im Schlosspark Rockenhausen, was letztlich an der kompositorischen und interpretatorischen Qualität lag; die szenische Gestaltung der „Carmen“ von Georges Bizet blieb der erwartete und vertretbare Kompromiss, den die räumlichen Verhältnisse und die Situation eines Gastspielunternehmens wie „Opera Classica Europa“ mit sich bringen.

So profitierte diese Aufführung von der malerischen Kulisse des Schlossparks, die gut zu dem zeitlosen Stoff der Oper um den weiblichen Typus der Femme Fatale oder des Vamp passt. Monumentalopern sind hier weniger denkbar, doch die aufgeführte Fassung war gut auf die Bühnensituation abgestimmt, wählte an Dekoration einen nur angedeuteten zeitlosen Rahmen. Letztlich bewahrheitete sich die Maxime, dass es besser ist Musiktheater zu den Menschen zu bringen als umgekehrt. Das beinhaltete auch den Verzicht auf die Errungenschaften moderner Ausstattungstheater. Der Fokus wird – bei dieser mitreißenden Musik – mehr auf die musikalische Seite gelenkt. Hier konnte die Aufführung durch die hohe Solidität des klanglichen Dreigestirns aus Orchester (Rhein-Main-Philharmoniker), Chor und Vokal-Solisten für bewegende Momente musikalischer Inspiration und Faszination sorgen. Musiker aus dem Opern- und Museumsorchester Frankfurt, dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks und die „Delegation“ mit Musikern der Staatstheater Wiesbaden und Darmstadt spielten mit Feinschliff, folgten mit Akribie und Esprit der Partitur. Der künstlerische Leiter, Hans-Friedrich Härle, führte dieses ad hoc zusammengestellte Orchester und den Chor des Gastspielunternehmens sowie die Solisten in einer bemerkenswerten Souveränität zu einer klanglichen Einheit, sorgte für reibungslose musikalische und szenische Abläufe, hatte kurz gesagt alles trotz seiner „Verrenkungen“ im Griff. Diese Verrenkungen brachte der Umstand mit sich, dass das Orchester seitlich – und nicht mittig in einem Orchestergraben – platziert war. Eine Herkulesaufgabe für alle Beteiligten, die sicher gestemmt wurde und für die Routine aller spricht, die wechselnde Rahmenbedingungen (hier wörtlich) gewohnt sind. Zwischen lyrischen Belcanto-Kantilenen, dramatischen Ausbrüchen als Vorstufe des Verismo und tänzerischen Formen wie bei der Arie der Habanera im spanischen Kolorit wechselt die schillernde Musik und erklärt, warum die Oper zu den meistgespielten des internationalen Repertoires gehört. Im thematischen Spannungsfeld zwischen Liebe, Leidenschaft und Leid angesiedelt ist der Stoff immer ein gesellschaftsbezogener, stets aktueller Konflikt, der sich in der hier spannungs- und emotionsgeladenen Musik entlädt. Eine Problematik der Aufführung ist die französische Sprache, die das Verständnis der Handlung erschwert, was im Theater durch übersetzte Texteinblendung behoben wird. Bei solchen Open-Air-Aufführungen könnte ein Erzähler mit Kurzinformationen vor den vier Akten Abhilfe schaffen. Neben der tadellosen Aufführungsqualität von Orchester (bis auf wenige Stellen beim tiefen Blech) und der besonders lobenswerten gestalterischen Intensität und Expressivität des Chors ragten auch die beiden Hauptdarsteller auf der Bühne heraus: Die japanische Mezzosopranistin Mayuko Sakurei verkörperte die Zigeunerin Carmen wie eine Idealbesetzung: Stimmlich sehr ausgeglichen und ihre Partien in die Glut der dargestellten Leidenschaften getaucht, war sie auch schauspielerisch eine Offenbarung. Antonio Iranzos Tenor wirkte als Sergeant Don José sehr beweglich, hatte klares leuchtendes Timbre, sang sehr kultiviert ohne Effekthascherei. Vielleicht eine Spur zu abgeklärt im Hinblick auf die Dramatik des Geschehens. Jessey-Joy Spronk brachte stimmlich die besten Voraussetzungen für die mehr liedhaft gehaltenen Partien des Bauernmädchens Micaella. Doch sie setzte bei den leidhaften Kantilenen zu viel Vibrato auf die Textsilben. Dagegen war Plamen Dimitrov als Torero Escamillo wieder eine kongeniale Besetzung, sein Bariton wirkte sattelfest und in allen Registern in stimmlicher Reinkultur geführt. Auch sonst war es vor allem ein Festival großartiger Stimmen, das Orchester wirkte dagegen bei aller Solidität aufgrund von Platzierung und reduzierten Besetzung mehr als Hintergrundmusik.

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