Donnersbergkreis Mit vereinten Kräften „den Karren aus dem Dreck gezogen“

„Schnappschüsse von früher“ – unter diesem Motto zeigen wir in loser Folge alte Fotos und die dazugehörenden Geschichten von RHEINPFALZ-Lesern. Die heutigen Aufnahmen hat uns unser Mitarbeiter Egon Busch zur Verfügung gestellt. Von ihm stammt auch der Text.

„Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim Schwager vorn. Vorwärts die Rosse traben, lustig schmettert das Horn. Berge, Täler und Auen, leuchtendes Ährengold, ich möchte in Ruhe gern schauen, aber der Wagen der rollt.“ Wem fällt beim Anblick des Fotos der beiden Postillione aus dem Jahre 1920 nicht dieses alte Volkslied wieder ein, das Mitte der 1970er Jahre der spätere Bundespräsident Walter Scheel wieder so richtig populär gemacht hat? Der Postillion war in früheren Zeiten der Gespannführer einer Postkutsche, trug oft eine prächtige Uniform, hatte ein Posthorn oder in manchen Regionen auch eine Posttrompete dabei. Mit dieser konnte er andere Verkehrsteilnehmer darauf aufmerksam machen, dass seiner Postkutsche auf Brücken, Fähren und schmalen Wegen die Vorfahrt zustand und dass er berechtigt war, Postsendungen aufzunehmen und zu transportieren. In damaligen Zeiten also ein Traumberuf, um den ihn viele beneideten – könnte man meinen, auch wenn man die nächsten Strophen des Liedes vom gelben Wagen hört oder singt. Doch war das wirklich so? „Dieser Wagen stößt einem doch die Seele heraus! Und die Sitze! Hart wie Stein. Von Wasserburg aus glaubte ich in der Tat meinen Hintern nicht ganz nach München bringen zu können“, schreibt der berühmte Wolfgang Amadeus Mozart über seine Reise von Salzburg nach München im Jahr 1780. Und warum war das Reisen im „gelben Wagen“ damals so beschwerlich? Das verrät uns etwa ein „Straßenzustandsbericht“ vom 16. Oktober 1847: „Die Alsenzstraße von Lohnsfeld nach Alsenz ist ein Bild des Jammers. Von Lohnsfeld ab ist dieselbe nicht mehr eine technisch gebaute Straße sondern ein Feldweg zu nennen, der einem neu geackerten Felde gleicht. Ohne feste Unterlage und Gestück entbehrt sie noch jedes Deckmaterial und die Pferde haben Mühe, die besonders bei schlechtem Wetter bis an die Achsen im Kot steckenden Wagen im Schritt weiterzuschleppen. Dabei ist dieselbe so schmal, dass zwei Wagen nur mit Mühe an vielen Stellen wegen der auf der Seite Schuh hoch aufgetürmten Kothaufen gar nicht ausweichen können…“ Dabei war diese Straße ein wichtiges Teilstück des Verbindungswegs zwischen Kaiserslautern und Bad Kreuznach. Öfter musste die Postkutsche in anderen Gegenden über gewöhnliche Feld- und Waldwege fahren. Wenn diese verschlammt und völlig unpassierbar waren, durfte der „Schwager“ auch seinen Weg durch Wiesen und über nicht eingesäte Äcker suchen. Da kam es schon einmal vor, dass der Wagen umstürzte oder stecken blieb – dann mussten alle helfen, „die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen“. Auch auf der erwähnten Straße durch das Alsenztal war ab 1. August 1845 täglich eine zweispännige Schnellpost unterwegs. Sie verließ um 11 Uhr abends Kreuznach, passierte um 3 Uhr in der Frühe Rockenhausen, fuhr dann über Winnweiler und Sembach nach Kaiserslautern, kehrte dort nach einem einstündigen Aufenthalt um und kam abends um halb neun wieder in Kreuznach an. An den kleineren Haltestationen dazwischen war nur ein je fünfminütiger Aufenthalt vorgesehen. Von 1855 bis 1862 verkehrte dann auf dieser Strecke täglich ein Pferdeomnibus. Kapriolposten – das waren kleinere Wagen, die hauptsächlich der Brief- und Paketbeförderung dienten, aber auch noch Platz für zwei Personen boten – waren dort ebenfalls unterwegs. Vom 1. Dezember 1900 an existierte auch eine Pferdepostverbindung von Dielkirchen über Waldgrehweiler nach Odenbach. Für diese 18 Kilometer benötigte sie 3 Stunden 40 Minuten – eine Reisegeschwindigkeit von 5 km/h. Bereits ab 1812 existierte in Alsenz ein Poststall, der für Extraposten und Eilstafettenbeförderung bestimmt war. Die Briefpost wurde damals täglich einmal von einem Boten zwischen Alsenz und Rockenhausen befördert. Der Poststall soll in späteren Jahren zeitweise bis zu 32 Pferde besessen haben. Hier kreuzten sich nämlich die Strecken Alsenz-Meisenheim, Alsenz-Kriegsfeld und Alsenz- Niederhausen/Appel mit der Strecke Kaiserslautern-Kreuznach, weshalb Pferdewechsel angesagt war. „Hierzu kam noch, dass bei der Retournahme der Pferde zur Nachtzeit eine große Strecke längs der Nahe dem kalten Luftzug und bei dem Aufenthalt an der Nahe und während des Übersetzens auf dem Flusse selbst der Verkältung ausgesetzt waren“, lesen wir über die Belastung der Tiere. Die letzte Postkutsche mit ihrem Postillion Wilhelm Jung fuhr am 17. September 1927 ins Alsenztal. Die Eisenbahn (seit 1870/71) hatte die Pferdepost abgelöst und beförderte jetzt auf dieser Strecke Post und Personen. Die Querverbindungen ins Appeltal und ins Glantal dürften aber bestimmt noch länger bestanden haben. Im Jahre 1845 befand sich auch in Sembach ein Poststall, der aber 1852 nach Winnweiler verlegt wurde. Um diese Zeit wurde auch eine Fahrpostverbindung von Winnweiler nach Kirchheimbolanden eingerichtet. 1858 wurde erstmals ein „Landpostbote“ eingestellt, der von Winnweiler aus in bestimmten Routen den ganzen Kanton Winnweiler zu versorgen hatte und gut zu Fuß sein musste. |bus

x