Donnersbergkreis „Die Anstrengung lohnt sich“

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„Es ist eine enorme Anstrengung für uns als Klinik und noch mehr für die Patienten. Aber es lohnt sich.“ Für Chefarzt Dr. Michael Schmid vom Westpfalz-Klinikum in Kirchheimbolanden gibt es keine Zweifel, dass das Adipositaszentrum hier zum Erfolg wird. Am Mittwoch fiel der offizielle Startschuss dafür.

Chefarzt Schmid hat einen BMI von 26,2 – wenn er gut im Training sei, schaffe er es auf 25, verriet er. „Mit einem Gewicht von rund 100 Kilo hätte ich einen BMI von 30, ab dann spricht man von Adipositas, also starkem Übergewicht“, erläuterte er seinen Gästen, in der Mehrzahl jene Partner, mit denen er beim Adipositaszentrum eng vernetzt zusammenarbeitet. Nur selten allerdings kommen Patienten mit diesem BMI zur Adipositassprechstunde, die wöchentlich am Westpfalz-Klinikum angeboten wird. „Unsere Patienten haben meist ein wesentlich höheres Gewicht“, sagte Dr. Carmen Klein, gemeinsam mit Schmid bei der Gründung des Adipositaszentrums federführend. „Wir hatten jetzt eine noch junge Patientin, die bereits 240 Kilo wog“. Sie nannte als das große Ziel für die kommenden Jahre die Zertifizierung des Zentrums durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie. „Die Kriterien dafür sind anspruchsvoll, aber wir erfüllen sie bereits fast alle“, so Klein. Gefordert sei unter anderem die Zusammenarbeit mit Internisten, Psychologen, Ernährungsberatern, Endokrinologen und Hausärzten. In der ebenfalls vorgeschriebenen wöchentlichen Adipositassprechstunde wurden in Kirchheimbolanden im vergangenen Jahr rund 60 Erstgespräche und 40 Zweitgespräche geführt, so Klein, etliche davon dauerten mehr als eine Stunde. Auch bauliche Voraussetzungen müssen für die Anerkennung als Kompetenzzentrum erfüllt werden. So wurden zwei Zimmer speziell für die Bedürfnisse von übergewichtigen Patienten umgebaut, es wurden breitere Betten und fest verankerte Toiletten angeschafft. Auch Stühle für die Sprechstunde mit einer Belastbarkeit von bis zu 300 Kilo gibt es jetzt im Wartezimmer, „und all das wurde auch schon tatsächlich gebraucht“, so Klein. Um als Kompetenzzentrum anerkannt zu werden, müsse sich jetzt die Anzahl der Patienten steigern. „Man rechnet fünf bis sieben Jahre, bis ein Zentrum die erforderliche Zahl von 50 Patienten jährlich erreicht“, so Klein. Sie und Schmid bedankten sich in diesem Zusammenhang bei der Klinikleitung, die sich der Zentrumsidee sofort geöffnet hätte. „Natürlich kostet das Ganze zunächst mal Geld, aber diese Zentren sind das, was uns von anderen Häusern unterscheidet“, so Förster. Er sei froh, dass es da immer wieder welche gebe im Westpfalz-Klinikum, die solche Neuerungen vorantrieben. „Auch wenn das für alle Seiten mit einer großen Vorleistung verbunden ist, sichert es letztendlich das Überleben einer Klinik.“ Auch Manuel Matzath, Geschäftsbereichsleiters der beiden Donnersberger Krankenhäuser des Westpfalz-Klinikums, hob auf die Zentrenbildung am Standort Kirchheimbolanden ab. Mit viel Kraft sei das Haus zum Darmkrebs-, Endometriose- und Traumazentrum geworden, ein Endoprothesezentrum sei ebenfalls im Aufbau. „Es gibt wenige Häuser, die sich so engagieren wie unseres“, sagte er. Rein statistisch gesehen würden die Deutschen immer dicker, gab Schmid den Gästen einen Einblick in die Brisanz des Themas. Und: „Dicke Eltern haben auch dicke Kinder“, das Problem greife also immer weiter um sich. Adipositas sei neben der Belastung, die es für den Einzelnen darstellt, auch aus volkswirtschaftlicher Sicht teuer. „Es gibt mittlerweile Fluggesellschaften, die ihre Gäste wiegen und den Flugpreis danach staffeln“, sagte er. Ein BMI von über 40 ist eine Indikation für eine Operation. Bei einer Körpergröße von 1,80 Metern müsste ein Mensch demnach 130 Kilo und mehr wiegen. „Wenn jemand 50, 100 oder 150 Kilo abnehmen soll, dann schafft er das nicht mehr alleine“, ist sich Schmid sicher. „Diese Menschen brauchen professionelle Hilfe“, so auch Carmen Klein. Dass sich eine Operation für diese besonders schwergewichtigen Menschen oft lohne, das lasse sich nicht nur an medizinischen Werten ablesen. „Wir haben eine Frau operiert, die heute ,nur’ noch hundert Kilo wiegt und mehr als 60 verloren hat“, erzählte Schmid. Die Frau sei kaum mehr zu Hause anzutreffen. „Sie ist ständig unterwegs und genießt ihr neues Leben“.

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