Donnersbergkreis Das gedenkt selbst Alexander Stollhof nicht

Nicht nur was die Topographie des Ortes, sondern auch was die Fähigkeit zum Feiern anbelangt, sind die „Rubbezecker“ bekanntlich spitze. Dass die Stimmung am Kerwesonntag im höchst gelegenen Dorf der Pfalz nicht ganz so ausgelassen wie sonst gewesen ist, hatte ausschließlich einen Grund: Der Wettergott hatte es nicht gut mit Teilnehmern und Zuschauern des Umzugs gemeint – und das, obwohl das Motto in diesem Jahr „Götter“ lautete. Doch diese hatten offenbar keine Lust auf das Spektakel: Nur wenige Minuten, nachdem sich der prachtvolle Lindwurm auf neuer Route auf den Weg durch die Dorfstraßen gemacht hatte, ergoss sich über Ruppertsecken ein sintflutartiger Wolkenbruch – eine Fortsetzung des Umzugs war unmöglich.

„In nur 30 Minuten regnete es 10,43 Millimeter auf den Quadratmeter. Das gab es an einem Kerwesonntag noch nie“, sagte Ursula Haage, die gemeinsam mit ihrem Ehemann seit 45 Jahren die Wetterstation des Deutschen Wetterdienstes in Ruppertsecken verwaltet. Auch der mit 80 Jahren dienstälteste ehemalige Kerwevadder Alexander Stollhof kann sich nur vage daran erinnern, dass es einmal vor über 60 Jahren an der Kerb geregnet habe. Dass der Umzug gar wegen zu starker Regenfälle ausfallen oder abgebrochen werden musste, das sei noch nie vorgekommen. Ob’s daran gelegen hat, dass Stollhof erstmals seit 1954 nicht aktiv teilgenommen hat und den Umzug als Zuschauer verfolgen wollte? Wie auch immer: Auch Edwin Stollhof, ebenfalls seit den 1950ern aktiver Teilnehmer und ehemaliger Kerwevadder, gedenkt es lediglich, dass es einmal während eines Umzugs leicht geregnet habe, „aber in einem normalen Maß“. Davon konnte am Sonntag keine Rede sein – und so konnten sich die Schaulustigen nur kurzzeitig von den aufwendig gestalteten Zugnummern überzeugen, ehe alle Beteiligten vor den Regenschauern flüchten mussten. Angeführt wurde der Lindwurm vom Feuerwehrauto, das an diesem Wochenende nicht zum letzten Mal zum Einsatz kommen sollte, gefolgt vom Wagen der Gemeinde Ruppertsecken. Nicht fehlen durfte die Mistgabel, geschmückt mit Pfälzer Leberwurst im Ring und Fleischwurst, und der Kerwestrauß, getragen von einem „göttlichen Kerweborsch“. Aus dem „Kerwepapamobil“, einem Cabrio, grüßte Kerwevadder Erik Kühn zunächst noch bei offenem Verdeck, während aus Würzweiler ein Quad dabei gewesen ist. Die „Kerweborschgötter und Göttinnen“ schlossen sich in ihren Gewändern mit Dreizack und Blitz unter dem Motto „An de Kerb wie soll’s annerschd soi, feiern Götter bei uns mit Bier, Weck, Worscht unn Woi“ dem bunten Treiben an. Es folgte die Oldtimerflotte, bestehend aus dem quietschorangenen „Rubbezecker“ NSU und einem VW Käfer. Das RVC-Event-Team nahm mit einem selbstgestalteten überdimensionalen Windrad am Umzug teil und verteilte Wein an die Zuschauer, bevor ein Windradflügel dem Regen zum Opfer fiel. Die „Dunnerschbejer Wildsaufetzer“ unterhielten mit ihrer zünftigen Musik, während der Männergesangverein „Gutsjer“ und Wein verteilte. Der Heimatverein Ruppertsecken stellte Landschaftsfotografien von Ruppertsecken und Umgebung zur Schau. Als Anspielung auf den miserablen Sommer in diesem Jahr und als Nebentätigkeit im Rentenalter bot das Ruppertseckener Original, „Ungel“ Edwin Stollhof, „Winterdienst – Räume günstig von Mai bis Oktober“ auf seinem selbstgebauten Rasenmähermobil an. Zu Gast beim – leider nur kurzen – Umzug waren die Gerbacher und die Marienthaler, Letztere sogar mit zwei Zugnummern. Witterungsbedingt wurde die Kerwerede in den Bürgerhaussaal verlegt. In seinem dritten Jahr als Kerwevadder berichtete Erik Kühn über die großen und kleinen Missgeschicke seiner Mitbürger. Für Gelächter sorgte etwa die Geschichte von einem 81-jährigen Dorfbewohner und seinem nagelneuen BMW. Der Mann wurde über mehrere Kilometer von der Polizei mit Blaulicht verfolgt und schlussendlich am Ortseingang gestoppt. Nachdem die Alkoholkontrolle negativ ausfiel, kontrollierten die Polizisten auch noch die nur wenige Kilometer gefahrenen Reifen des Autos, woraufhin der Senior entgegnet habe: „Glawen Sie werklich, ich wär so bled, kaf e neies Audo, das dann mit de alde Reife do steht.“ Aus lauter Verärgerung habe er den Beamten gesagt, er gehe jetzt heim – wenn sie fertig seien, sollten sie den Schlüssel einfach in den Briefkasten werfen. Die Kerweeröffnung am Freitag fand bei milden Temperaturen traditionell am Weinstand bei Live-Musik statt, als besonderer Höhepunkt wurde einmal mehr das Flutlicht-Hammerweitwerfen angeboten. Bereits die Kerwemusik am Samstag mit der Partyband „Nimm 3“ war geprägt von den Unwettern in der Region am Nachmittag: Ein Großteil der Kerweborsch war bis zum späten Abend mit der Feuerwehr im Einsatz. Der Sonntag litt unter dem genannten schlechten Wetter: Zwar ist das Zelt am Weinstand kurzfristig durch Anbauten erweitert worden, doch aufgrund der ungemütlichen Temperaturen ist nur mäßige Feierstimmung aufgekommen. Dafür waren dann am Montag beim legendären Frühschoppen im Bürgerhaus mit Alleinunterhalter Wolfgang Bayer alle bestens ausgeruht. Und natürlich ist an diesem Tag auch wieder nach Herzenslust „geknubbert“ worden. (küd)

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