Donnersbergkreis Auch die Klassiker fehlen nicht

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„Holzköpfe, Marionetten, Raritäten“ zeigt die diesjährige Ausstellung im Jakobsweilerer Puppenstubenmuseum der 1930er und 50er Jahre. Eröffnung ist am morgigen Sonntag um 14 Uhr. Jakob Scheller aus dem rheinhessischen Gimbsheim führt in seine Sammlung deutscher und tschechischer Exponate ein; gemeinsam mit seiner Frau Anita trug er im Laufe von Jahrzehnten alleine über 120 Handpuppen zusammen. Fündig wurden Schellers auf Flohmärkten oder in Sammlerzeitschriften. Beide engagieren sich ehrenamtlich für das Museum der VG Eich in Gimbsheims „Storchenschulhaus“, das unter anderem in der Weihnachtszeit eine große Spielzeugsammlung präsentiert.

Marionetten sind bekanntlich aus der tschechischen Kultur kaum wegzudenken – oft sind die individuell gestalteten „Charakterköpfe“ der an Fäden gezogenen Personen kleine handwerkliche Meisterwerke. Touristenattraktion bleibt die Prager „Don Giovanni“-Aufführung mit lebensgroßen Puppen zu Mozarts Musik. Glanzstück und Rarität ist auch in Jakobsweiler eine zwei Meter breite tschechische Marionettenbühne, die Scheller nach der Wende erwerben konnte – angefertigt wurde sie um 1900. Wegen ihrer raumgreifenden Ausmaße ist sie allerdings nur an diesem ersten Eröffnungs-Sonntag zu sehen. Die 25 Figuren (etwa 20 Zentimeter groß) werden an langen Stäben geführt, Arme und Beine per Fäden bewegt. Die Köpfe sind hier aus Ton modelliert: König, Räuber, Polizist, Großmutter – jede dieser vom Alter gezeichneten Typen assoziiert uralte, märchenhafte Geschichten. Der passionierte Sammler erzählt, wie er als kleiner Junge seinen beiden Schwestern ureigene Stücke vorspielte – mit selbstgemachten Figuren aus Pappmaché. Eine Decke über zwei Stühle gebreitet – fertig war die Bühne. Dann bekam er – da war er zehn Jahre alt – das erste Puppentheater zu Weihnachten. Die Lust am Spiel verlor sich und sollte erst viel später den (inzwischen pensionierten) Finanzbeamten aufs Neue packen. Er suchte nach immer interessanteren Figuren und Geschichten, um hie und da gemeinsam mit seiner Tochter in Kindergärten aufzutreten. Und wieder spiegelt sich ein Stück Zeitgeschichte in den Vitrinen des so kleinen wie feinen Museums, denn Puppentheater hat über Generationen hinweg nichts von seinem Reiz eingebüßt. Dauerhafte Urgestalt ist fraglos der Hohensteiner Kasperl mit dem scharf geschnittenen Holzkopf, der langen Nase über dem breit grinsenden Mund und der schlenkernden Zipfelmütze. 100 Jahre alt und so laut und furchtlos wie eh und je, beschützt vom wüst schnappenden Krokodil. Daneben die übrigen Klassiker: Gretel, Seppel, der Wachtmeister... das ganze bunte Ensemble aus den 1940er bis 50er Jahren. Später kamen die Plastikköpfe auf, nicht weniger markant und überzeichnet karikierend. Neue Gestalten betraten nach und nach die Miniaturrampe: Pinocchio, der sympathische kleine Lügner, die Mickey-Maus, Fred Feuerstein. Dann die plüschig kuscheligen Fabeltiere – Hase, Igel, Wolf. Drei Füchse, seinerzeit als Werbegeschenke verteilt. Ernie und Bert aus der Sesamstraße, die Klappmäuler aus den 70er Jahren. Zu den raren Besonderheiten der Ausstellung zählen „Tip und Tap“ samt Schiedsrichter, kreiert zur Fußball-WM 1974. Oder noch ein weiteres Handpuppen-Ensemble aus Tschechien, bald hundert Jahre alt: Dem Kasperl wurde die Nase deutlich entschärft, und statt der Zipfelmütze trägt er ein kesses Schiffchen. Wachtmeister und Teufel wirken in dieser Version so fremd wie böse. Dazwischen Klassiker aus der DDR: der Kobold Pittiplatsch, Frau Elster, das Sandmännchen, das bis heute „Fernseherkinder“ in den Schlaf singt. Das freundliche Zwerglein mit der Knubbelnase und der auffallend kindliche Kasper von „Steiff“. Räuber Hotzenplotz und sein Kontrahent Wachtmeister Dimpfelmoser treten überdimensional auf – einen halben Meter groß und an Fäden lenkbar. Moderner Zugewinn für theaterbegeisterte Kleine und Große sind die Fingerpuppen mit den runden Holzköpfchen – das farbenfrohe Riesenensemble passt in jede Einkaufstasche, der spielerischen Fantasie sind damit kaum Grenzen gesetzt. (fun) Info Die Ausstellung ist bis Ende Dezember jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung geöffnet. Auskunft erteilen Rosemarie Hahn, Telefon 06357 7631, und Ingeborg Michno, Telefon 06357 1295 oder 06357 989872.

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