Bad Dürkheim Der Blues verstummt

Nach 32 Jahren Blues-Livekultur in Bad Dürkheim geht im Juni eine Ära zu Ende. Dann schließt die Blueskneipe „Krähenhöhle“, auch als „Krähe“ bekannt, von Jürgen und Nici Schmökel, weil der Pachtvertrag nicht verlängert wurde.

Durch seine Frau Nici, die in Bad Dürkheim zur Schule gegangen war, kam Schmökel in die Pfalz. Bei der Suche nach einer Kneipe an der Weinstraße stießen die beiden auf das ehemalige „HB“ in der Römerstraße. Rund ein Jahr wurde das Gebäude entkernt und saniert, die Wände sandgestrahlt und Decken freigelegt. Im November 1983 konnte es dann losgehen. Auf den Namen „Krähenhöhle“ kam das Paar durch den „Krähhöhlenweg“ im Bad Dürkheimer Ortsteil Seebach. Zu Beginn wurden einige „Testkonzerte“ angeboten, erst ab 1984/85 wurden regelmäßige Livekonzerte veranstaltet. Wie Klaus „Mojo“ Kilian erstmals nach Bad Dürkheim kam, ist heute nicht mehr zu klären, die Matchbox Bluesband, mit der regelmäßiger Gast in der „Krähenhöhle“ wurde, spielte damals noch im Stile der „Fabolous Thunderbirds“. Im Urlaub fuhr Jürgen Schmökel meistens nach Chicago, wo er an einem Abend zwei bis drei Bluesclubs besuchte. Die Musik hatte ihn schon seit seiner Jugend fasziniert. Mit 18 Jahren hatte er im Funkhaus Hannover erstmals Konzerte mit Big Mama Thornton, John Lee Hooker, Sonny Terry oder Browny McGhee gehört, die den Blues aus den Staaten mitbrachten. Seine Liebe zu Chicago ist durch einen Original-Stadtplan der amerikanischen Blues- und Jazz-Metropole dokumentiert, der im Eingangsbereich der „Krähenhöhle“ an der Wand hängt. Früh hatte Schmökel Kontakte zu Musikern geknüpft. Heute fast vergessene Bands aus der Rhein-Neckar-Region wie „Black Stuff“, „Midget“, „Backdate“ oder „Tom’s Bluesband“ (mit dem aus Dürkheim stammenden Gitarristen Klaus Kämpfer) gehörten zum festen Programm. Die Existenz der „Krähenhöhle“ sprach sich in der Clubszene von Heidelberg und Mannheim herum. Schon vor den Zeiten des Internets hatte sich durch persönliche Kontakte ein Bluesnetzwerk entwickelt. Anfangs standen die Lautsprecherboxen in der „Krähenhöhle“ auf einer Sitzbank. Erst etwa 1987 wurde eine zweiteilige leicht demontierbare Bühne angeschafft. Die bei Konzerten fast immer proppenvolle „Krähenhöhle“ entwickelte sich zu einer Art „Durchlauferhitzer“ für spätere Stars. Gerne erinnert Schmökel an den in Wien lebenden, Bluesgitarristen Hans Theesink, der mit dem Tubisten John Sass in der „Krähe“ spielte. Die Blueslegende Long John Hunter schaute vorbei. Abi Wallenstein wurde in der Blueskneipen „heimisch“. Memo Gonzalez und die „Bluescasters“ traten mehrmals auf. Deutsche Bluesgrößen wie „T-Man Michalke“ (Juke Joint Pimps) oder das „Electric Blues Duo“ (mit Frank Dietz und Colin Hodgkinson) waren da. Robert Fossen (aus Holland) war einst mit „Crossroads Deal“ und später mit eigener Band in der „Krähe“. Jan Mittendorp (aus Holland) brachte den US-Blueser Boo Boo Davis mit, der auf einem zusammengerollten Handtuch Gitarre spielen konnte. „Good men gone bad“ erfanden in Bad Dürkheim den Blues-Hip-Hop und arbeiteten später mit den „Fantastischen Vier“ zusammen. Zum Stammmusiker wurde Tom Shaka aus Houston (Texas). Er kommt zu den für diesen Monat geplanten Abschlusskonzerten. Ebenso Tony Vega aus Houston, der vor zwölf Jahren das erste Mal in Bad Dürkheim zu hören war. „Es hat einen Zeiten- und Kulturwandel gegeben. Die klassische Stammtischkultur ist weg. Die Zeit ist um, typische Kneipen und Schankwirtschaften brechen weg“, sagt Schmökel. „Heute herrscht eine andere Kommunikation. Das Internet bringt viel Informationen zur Musik, verändert aber auch das Kommunikationsverhalten. Um außergewöhnliche Musik zu hören, reicht es heute, den Computer einzuschalten, sofern man weiß, was außergewöhnlich ist“, bedauert der Gastronom. Am 30. Juni läuft der Pachtvertrag aus. Schmökel hätte vielleicht noch zwei Jahre weiter gemacht, „aber das hat sich nicht ergeben“. Eins ist ihm sehr wichtig: „Ohne die tatkräftige Unterstützung durch meine Frau Nici und unser tolles Kneipen-Team wären die 32 Jahre Live-Musik in der Krähenhöhle nicht möglich gewesen.“

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