Bad Dürkheim Bravourös, sicher und ein bisschen zu laut

Die Pracht frühbarocker venezianischer Vokalmusik brachte die Evangelische Jugendkantorei der Pfalz, instrumental glänzend unterstützt von der Cappella Sagittariana aus Dresden, am Samstag in Freinsheims bestens besuchte protestantische Kirche.

Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald erklangen stilecht und bestens vorbereitet musizierte Psalmvertonungen und andere Kompositionen von Claudio Monteverdi, dem vor 450 Jahren geborenen berühmtesten Kapellmeister der Markuskirche in Venedig. Hier wirkte Monteverdi fast 30 Jahre. Er entwickelte neue Kompositionstechniken und musikalische Formen, die für die Barockmusik wesentlich wurden. Venezianische Spezialität ist die Mehrchörigkeit: Die Markuskirche hatte damals mehrere, mittlerweile großteils abgebrochene Emporen, auf denen Musikergruppen postiert wurden. So konnte Musik von allen Seiten strömte. Am Ende seines Lebens veröffentlichte Monteverdi im Druck eine Sammlung geistlicher Kompositionen – „Selva morale et spirituale“. Aus dem erklang in Freinsheim eine Auswahl. Beim Gloria gab es zwar viele gelungene, schöne und klangprächtige Einzelheiten, aber die Mitwirkenden waren noch nicht so wie später zur geschlossenen, stringenten Gesamtauffassung konzentriert. Im ersten Psalm, dem Laudate Pueri, wurden die einander kunstvoll durchdringenden Melodiebögen des „Suscipe“ wunderbar gesungen. Den Männern wurden ziemlich schwierige Koloraturen abverlangt, die sie präzise und ohne zu schleppen meisterten. Insgesamt sangen die jungen Stimmen des Chors bravourös, sicher und ungemein strahlkräftig. Prachtvoll agierte auch die Cappella Sagittariana, die sich nach Heinrich Schütz benannt hat, den Dresdner Monteverdi-Zeitgenossen, der an der Markuskirche viel gelernt hat. Die Cappella spielt auf altem Instrumentarium: Es blasen durchdringende Zinken und Posaunen in barocker Mensur. Es gibt eine vielsaitige Theorbe und Streicher, die auf das heute allgegenwärtige Vibrato verzichten und so einen durchaus archaisch wirkenden, dabei sehr eindrucksvollen Klang erzeugen. Auch das wurde ganz hervorragend gemacht, kam aber nicht ganz zu vollkommener Wirkung, weil die Freinsheimer Kirche eigentlich zu klein für diese Musik ist. Sie braucht weite Hallen, um sich richtig zu mischen. Hier aber war es notwendig, die großbesetzte Kantorei ganz hinten im Chorraum aufzustellen und die Instrumente weit vorne beim Publikum, so dass namentlich die Geigen zu sehr im Vordergrund spielten. Die Hauptaufführung war indes am Sonntag unter den gotischen Gewölben der Kaiserslauterer Stiftkirche, und gewiss hat Steuerwald seine Musik deswegen auf eine stark tönende Darstellungsweise gestellt, die in Freinsheim stellenweise einfach zu laut wirkte. Das alles aber waren nur Kleinigkeiten. Das Confitebor floss rein, klar und organisch, vollklingend, aber nicht forciert. Das Laudate Dominum lebte ganz von Gegensatz rufender Einleitungen der Solisten und klangprächtiger Antworten des Chors. Besonders prachtvoll wird die Musik im abschließendem Magnificat, dem Lobgesang Mariens aus dem Lukasevangelium, der jede Vesper abschließt. Zum „Fecit Potentiam“ schmettern Posaunen und Zinken affektgemäß geradezu militärisch. Abwechslungsreichtum ist des Wesen dieser Musik, die dem Publikum unter der präzisen, klaren und stilsicheren Leitung Steuerwalds so gut gefallen hat, dass des Jubelns, ja sogar des in diesem Zusammenhang eher unpassenden Johlens kaum ein Ende war. Da mag dann auch, über die Freude an der musikalischen Leistung hinaus, Sympathie mit verwandten oder befreunden Chorsängern mitgespielt haben.

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