Rheinpfalz Tummelplatz der Weltraumfahrer

Gerhard Daum (links) 2013 mit dem mittlerweile verstorbenen Apollo-Astronauten und „Moonwalker“ Gene Cernan in der Speyerer Mond
Gerhard Daum (links) 2013 mit dem mittlerweile verstorbenen Apollo-Astronauten und »Moonwalker« Gene Cernan in der Speyerer Mondlandschaft.

Die Raumfahrt-Ausstellung im Technik-Museum Speyer feiert zehnten Geburtstag. Auch prominente Astronauten werden dabei sein.

Der Mond war das Objekt einer kollektiven Faszination, damals in den 1960er-Jahren, als die US-Weltraumbehörde Nasa mit ihren Gemini- und Apollo-Programmen jenen großen Schritt für die Menschheit vorbereitete, den Neil Armstrong am 21. Juli 1969 machte: der erste Schritt eines Menschen auf dem Mond. Anders als viele Raumfahrtbegeisterte begnügte sich der kleine Gerhard Daum aus Hessen damals nicht mit der Zuschauerrolle. „Ich habe einen Brief an Wernher von Braun geschrieben“, erzählt der heute 60-Jährige. Der berühmte Raketeningenieur antwortete zwar nicht selbst, doch der Chef der Presseabteilung der Nasa schrieb dem jungen Deutschen zurück. „Hätte ich damals diesen Brief nicht bekommen, würde es heute diese Ausstellung nicht geben“, sagt Daum, jetzt Leiter der Raumfahrt-Ausstellung „Apollo and Beyond“ im Technik-Museum in Speyer.

49 Kosmo- und Astronauten zu Besuch

Fast auf den Tag genau zehn Jahre ist die Schau alt. Sie wurde 2008 mit zirka 250 Exponaten eröffnet und zeigt heute über 600 große und kleine, originale und originalgetreu nachgebaute Objekte aus der Raumfahrtgeschichte. Und noch mehr: In diesen zehn Jahren wurde das Technik-Museum zu einem wahren Tummelplatz für Weltraumfahrer. Im Rückblick spricht Daum von großem Glück, ohne das die größte europäische Sammlung zur astronautischen Raumfahrt gar nicht entstanden wäre – und ohne das auch keine (bis jetzt) 49 Astro- und Kosmonauten Speyer als ihr Reiseziel auserkoren hätten. Nach dem halben Erfolgserlebnis mit seinem Brief an Wernher von Braun schrieb Daum alle paar Monate an Pressestellen von Nasa-Standorten, erhielt Informationsmaterialien und arbeitete sich immer weiter ins Thema ein. Beruflich im Bereich Raumfahrt Fuß zu fassen, hatte er damals noch nicht im Sinn. Daum absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete als technischer Angestellter im Entwicklungszentrum bei Opel in Rüsselsheim.

Erstes Interview mit Ulf Merbold

Abgehakt war die Raumfahrt für Daum damit nicht. „Ich arbeitete nebenberuflich als Raumfahrtjournalist“, erzählt er. Seit Anfang der 1990er-Jahre war er für 55 Space-Shuttle-Starts akkreditiert und traf bei seinen USA-Aufenthalten auch Apollo-Astronauten. „Ich wollte vom Apollo-Programm etwas in der Hand halten, aber kein Souvenir, sondern etwas von einer Mission. So fing es an, dass ich erste Exponate sammelte.“ Einige Objekte bekam Daum geschenkt, andere kaufte er. „Meine nächste Idee war, Interviews mit Raumfahrern zu führen. Ulf Merbold war 1994 mein erster“, erinnert sich der Ausstellungsleiter. Das hatte Folgen. Merbold, der 1983 als erster Westdeutscher in den Weltraum flog, besuchte die Ausstellung „Apollo and Beyond“ schon mehrfach. „Das Technik-Museum Speyer ist eines der herausragenden und attraktivsten Museen für Raumfahrt in Europa“, lobt der 77-Jährige im Gespräch mit der RHEINPFALZ am SONNTAG. Bemerkenswert findet Merbold, dass es von Privatleuten getragen werde. Der Astronaut findet es allerdings schade, dass es in Deutschland nicht einen Ort gibt, an dem die wichtigsten Objekte zur Raumfahrtgeschichte versammelt sind. Das wäre eine Aufgabe der Politik, sagt er.

An der Grenze des Machbaren

„Raumfahrt ist eine Unternehmung an der Grenze des Machbaren“, lautet Merbolds Credo. Und das Zitat lässt sich ohne große Mühe auch auf die erstaunliche Unternehmung „Raumfahrtausstellung in Speyer“ und ihre spektakulären Exponate ummünzen. Zu der in „Apollo and Beyond“ seit Mai 2010 ausgestellten Landekapsel Sojus TM-19, mit der Merbold im November 1994 von der russischen Raumstation Mir zur Erde zurückflog, hat der deutsche Astronaut fast schon einen emotionalen Bezug: „Dort war ich drin und mit ihr bin ich aus dem lebensfeindlichen Weltraum heimgekehrt“, erzählt Merbold. In den Weltraum vorzustoßen, gelinge Menschen nur mit extremer Technik: „Es ist doch etwas Wundervolles, dorthin zu gelangen und unbeschadet zurückzukehren.“ Der Astronaut Thomas Reiter, der bei zwei Langzeitmissionen 350 Tage im Weltraum war, schätzt den Ausstellungsleiter Gerhard Daum als „einen Mediator, der die Raumfahrt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringt“, wie er dieser Zeitung sagte. Daum und Reiter kennen sich seit 1996. Der Astronaut kehrte im Februar jenes Jahres von seiner Mission auf der Raumstation Mir zurück und der Journalist berichtete auf Einladung der Europäischen Weltraumorganisation Esa aus Baikonur.

Aus sechs Monaten wurden zehn Jahre

Der heute 60-jährige Reiter war neben „Moonwalker“ Charlie Duke und Kosmonaut Igor Wolk einer der Ehrengäste bei der Ausstellungseröffnung. „Ich habe gehört, welche Veranstaltungen seitdem dort stattgefunden haben. Das öffentliche Interesse an der Raumfahrt hat zugenommen“, findet Reiter, der als Berater von Esa-Generaldirektor Jan Wörner arbeitet. Beim Aktionstag am Sonntag wird er über die Strategie der Esa für die bemannte und robotische Raumfahrt informieren. Gerhard Daum ist stolz, mit vielen Raumfahrern, darunter Mondreisenden wie Alan Bean, Gene Cernan und Charlie Duke, Freundschaften geschlossen zu haben. „Meine Motivation sind die tollen Erlebnisse, die ich mit den Astronauten habe“, erklärt er. Anfang 2005 kündigte der damals 46-Jährige aus persönlichen Gründen bei Opel. Für seine Exponate suchte er im Rhein-Main-Gebiet vergeblich einen Ausstellungsraum. Beim Technik-Museum wurde er fündig. Es sei wiederum Glück gewesen, dass die Museumsleitung für die russische Raumfähre Buran den Bau einer Halle plante, die auch für seine Sammlung Platz bot. Zunächst war eine sechsmonatige Sonderausstellung geplant, doch schon bald wurde größer gedacht.

Faustgroßer Mondstein von der Nasa

Durch seine guten Verbindungen gelang es dem Weltraumexperten Gerhard Daum, noch vor der Eröffnung große Exponate wie das Spacelab-Trainingsmodul vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und einen Nachbau des Columbus-Labormoduls der ISS zu bekommen. Sie stehen neben der Buran. Eine Nachbildung der Mondlandschaft mit Landefähre und Rover wurde 2013 eingeweiht. Dazu gab es von der Nasa einen faustgroßen Mondstein als Leihgabe, auf den Daum besonders stolz ist. Apropos Mond. Zur Jubiläumsfeier am nächsten Sonntag kommt mit dem 84-jährigen Fred Haise ein Nasa-Astronaut, der weltberühmt wurde, obwohl er nicht, wie geplant, als sechster Mensch auf dem Mond spazierenging, sondern überhaupt nie. Er war an Bord der Mission Apollo 13, die im April 1970 zur spektakulärsten und erfolgreichsten Rettungsaktion der Nasa wurde. Nun führt ihn sein Weg als 50. Astronaut nach Speyer.

Alexander Gerst ist heute Kommandant der Raumstation ISS. Bei seinem Vortrag 2015 waren 3000 Zuhörer in Speyer: Rekord.
Alexander Gerst ist heute Kommandant der Raumstation ISS. Bei seinem Vortrag 2015 waren 3000 Zuhörer in Speyer: Rekord.
Im Mai 2010 posiert der frühere Astronaut Ulf Merbold vor „seiner“ russischen Raumkapsel Sojus TM-19, die gerade im Museum angek
Im Mai 2010 posiert der frühere Astronaut Ulf Merbold vor »seiner« russischen Raumkapsel Sojus TM-19, die gerade im Museum angekommen ist.
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