Rheinpfalz Landtagswahl in Hessen: Eine Frage des Stils

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Politik mit Stahlhelmen, Dachlatten, Tabubrüchen und ungeliebten Körnerfressern – Hessen ist mehr als nur ein Bundesland. Es ist auch eine politische Versuchsanordnung. Heute wird gewählt.

Hessen ist anders. Hessen ist anders? Irgendwie schon. Politisch betrachtet. Dort hat sich die CDU einst als Kampfverband verstanden. Dessen Stahlhelmfraktion ist gegen alles ins Feld gezogen, was nur einen halben Zentimeter links der weit rechts verorteten politischen Mitte vermutet wurde. Dort wollte der damalige Ministerpräsident Holger Börner einst jenes Milieu mit der Dachlatte Mores lehren, das gegen die Startbahn West opponierte. Später bildete der SPD-Mann mit dem politischen Arm dieser außerparlamentarischen Gruppen, den Grünen, eine Regierung. Dort wollte SPD-Frau Andrea Ypsilanti einst als erste in den West-Bundesländern den Tabubruch wagen: Regieren mit der Linkspartei.

Einst als Körnerfresser verunglimpft

Dort paktiert inzwischen ein politischer Enkel der CDU-Stahlhelmfraktion – Welt verkehrt! – mit den einst als Körnerfresser Verunglimpften. Volker Bouffier führt die erste schwarz-grüne Landesregierung, die eine Legislaturperiode lang Bestand hatte. Hessen ist anders. Es ist gewissermaßen eine politische Versuchsanordnung. Die scheidende Regierung Volker Bouffier (CDU)/Tarek Al-Wazir (Grüne) war ein spannendes Experiment. Nur: Außerhalb der Landesgrenzen war es kaum wahrnehmbar – weil es ohne Knall und Rauch, Spektakel und Rauferei auskam.

„Mer muss och jünne künne“

Gehalten hat das Bündnis, weil der größere Partner dem kleineren den Vorgarten überließ. Dort konnten die Grünen jäten, säen, ernten – und ihre politischen Früchte herzeigen. Bouffier hat sie Erfolg haben lassen getreu dem kölschen Motto: „Mer muss och jünne künne“ (man muss auch gönnen können). Umgekehrt haben die Grünen die roten Linien der Schwarzen respektiert. Es war ein wenig wie einst mit dem Mainzer Regierungsduo Beck/Brüderle. Gehalten hat die Ehe aber auch, weil sich Schwarze und Grüne ihre sorgsam gepflegten Beißreflexe abtrainiert haben. Und: Die kulturellen Unverträglichkeiten zwischen den verschiedenen Gesellschaftsmilieus der beiden Parteien sind geringer geworden. Man kann auch sagen: Politik wurde entideologisiert. So gesehen steht heute in Hessen auch ein Politikstil zur Wahl.

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