Rheinpfalz Besucheransturm beim Demokratiefestival bleibt aus

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Der Besucherandrang ließ am Samstag noch zu wünschen übrig.

Die Macher des „Demokratiefestivals“ auf dem Hambacher Schloss geben sich redlich Mühe, doch der große Ansturm

will sich noch nicht einstellen. Wer kommt, erlebt jedenfalls internationale Künstler und anregende Gespräche ganz im Sinne

des „Geistes von Hambach“, der vieles sein mag, aber keinesfalls engstirnig. Beobachtungen von Holger Pöschl

Demokratie entsteht nicht vom Sofa aus“, steht auf dem Plakat einer großen Baumarktkette am Aufgang zum Hambacher Schloss. Das ist wohl wahr. Tatsächlich tummelten sich gestern beim ersten Tag des vom Kulturbüro der Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) mit großem Aufwand und Budget vorbereiteten „Demokratiefestivals“ auf dem Schloss über weite Zeit aber doch mehr Touristengruppen als bewusst angereiste „Demokraten“. So ergaben sich einige witzige Konstellationen. Etwa die, dass sich in Ehren ergraute Reisegruppen mit schwäbischer oder sächsischer Sprachfärbung von ihren Führern die Funktion des mittelalterlichen Bergfrieds erklären ließen oder Menschen in Wander- oder Mountainbike-Montur entschlossen dem an diesem Tag bei freiem Eintritt zugänglichen Aussichtsturm des Schlosses zustrebten, während gleich daneben im zur „Agora“ umfirmierten Innenhof eine Gruppe Landauer Studenten mit einer Handvoll Festbesucher über die ideale Schule der Zukunft nachdachte: demokratisch, selbstbestimmt, mit Gleitzeit, Ruheecken und ohne festen Stundenplan.

Viel Leerlauf zwischen den Programmpunkten

Vom „Demokratiefest“ haben die meisten der Touristen zuvor denn auch noch nie etwas gehört. Etwas ratlos blättern einige Senioren aus Böblingen im Programmheft, das sie gleich am Eingang in die Hand gedrückt bekommen haben. Demokratie und Europa seien ihr aber schon wichtig, sagt eine Frau. Derweil steht ein Pfälzer Ehepaar mit Hund auf der Aussichtsplattform vor einem ganz anderen Problem. Die beiden haben einmal die Runde im und um das Schloss gemacht und wissen jetzt nicht so recht, was als nächstes kommen soll. Tatsächlich gibt es nämlich relativ viel Leerlauf zwischen den einzelnen Programmpunkten. Viele der Außenspielorte liegen die meiste Zeit still und ruhig da, ohne dass viel passiert. Die mit Hilfe von Jugendlichen aus Neustadt, Mannheim und Marseille entstandene Video-Installation „Why do you vote?“ des französischen Fotografen Bruno Boudjelal läuft im Siebenpfeiffersaal zwar in Endlosschleife, hält aber trotz des wichtigen Themas nur wenige länger als für ein paar Augenblicke fest. Und eine gewisse Hermetik strahlen auch die Performances internationaler Künstler zum Thema Europa im Festsaal aus, die das MRN-Kulturbüro ebenfalls extra für diesen Samstag und Sonntag eingekauft hat. Weil die Türen bei Beginn jedes einzelnen Beitrags geschlossen werden, der Zeitplan aber schnell durcheinander gerät, kommen auch viele, die extra dafür anrücken, nicht rein. Trotzdem ist die Stimmung gut. Dafür sorgen schon die Jugendlichen, die als Gäste der Metropolregion oder des mit dem Demokratiefest kooperierenden Neustadter Jugendkulturfestivals „Querfälltein“ den Weg aufs Schloss gefunden haben. Auch an einigen der über das Schlossareal verteilten „Diskurspunkten“ erlebt man, wenn man den richtigen Zeitpunkt erwischt, anregende Gespräche zwischen Menschen, die sich zuvor nicht kannten. Die Veranstalter zeigten sich deshalb sehr zufrieden.

Wenige Besucher

Gedacht war das „Demokratiefest“ jedoch auch als Statement gegen die AfD und deren jüngste Versuche, den „Geist von Hambach“ für sich zu vereinnahmen. Durch die Anzahl der Beteiligten ein starkes Zeichen für die Demokratie zu setzen, das hat aber an diesem ersten Tag des „Demokratiefests“ noch nicht wirklich funktioniert. Schlossmanagerin Ulrike Dittrich gab die Besucherzahl am Abend mit 2000 an, wobei eine Abgrenzung zwischen Festivalgästen und „normalen Touristen“ aber nicht möglich ist. Auch sonst kommen an einem gewöhnlichen Samstag im September schon 800 bis 1000 Besucher. Allerdings geht das Fest ja heute noch weiter: von 10 bis 18 Uhr. Und auch der große Festzug von 1832, als Tausende ganz ohne Internet und Facebook aufs Schloss strömten, um für Freiheit, Mitbestimmung und nationale Einheit zu demonstrieren, fand schließlich an einem Sonntag statt.

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