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 Die Bahn des Hot Spots um Sagittarius A*.
Die Bahn des Hot Spots um Sagittarius A*.

Astronomen haben eine heiße Gasblase entdeckt, die um das supermassereiche schwarze Loch der Milchstraße schwirrt – mit 30 Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

Mithilfe des internationalen Radioteleskop-Observatoriums in den nordchilenischen Anden haben die Astronomen Anzeichen für einen „heißen Fleck“ entdeckt, der Sagittarius A*, das schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie, umkreist. Diese Entdeckung könne helfen, die komplexe und dynamische Umgebung des supermassereichen schwarzen Lochs besser zu verstehen. „Wir vermuten, dass wir es mit einer heißen Gasblase zu tun haben, die Sagittarius A* auf einer Bahn umkreist, die ähnlich groß ist wie die des Planeten Merkur, aber in nur etwa 70 Minuten eine volle Umkreisung vollzieht. Dies erfordert eine unglaubliche Geschwindigkeit von etwa 30 Prozent der Lichtgeschwindigkeit“, sagt Maciek Wielgus vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, der die in „Astronomy & Astrophysics“ veröffentlichte Studie leitete.

Die Beobachtungen wurden mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (Alma) gemacht – einem Radioteleskop, das von der Europäischen Südsternwarte (Eso) mitgetragen wird – während einer Kampagne zur Abbildung schwarzer Löcher. Acht Radioteleskope wurden weltweit 2017 kombiniert, was zu dem nun veröffentlichten ersten Bild von Sagittarius A* führte. Zur Überraschung von Wielgus und seinem Team fanden sich in den Alma-Messungen weitere Hinweise auf die Natur des schwarzen Lochs.

Flares sind intensive, stürmische Strahlungsausbrüche

Einige der Beobachtungen wurden zufällig kurz nach einem Ausbruch oder einem „Flare“ von Röntgenenergie aus dem Zentrum unserer Galaxie durchgeführt, der vom Nasa-Weltraumteleskop Chandra entdeckt wurde. Bei einem Flare handelt es sich um einen intensiven, stürmisch verlaufenden Strahlungsausbruch, der im Zusammenhang mit Sonnenflecken auftritt. Diese Art von Ausbrüchen, die zuvor mit Röntgen- und Infrarotteleskopen beobachtet wurden, stehen vermutlich mit sogenannten „Hot Spots“ in Verbindung, heißen Gasblasen, die sehr schnell und nahe am schwarzen Loch kreisen.

„Das wirklich Neue und Interessante ist, dass solche Flares bisher nur in Röntgen- und Infrarotbeobachtungen von Sagittarius A* deutlich zu sehen waren. Hier sehen wir zum ersten Mal einen sehr starken Hinweis darauf, dass umlaufende Hot Spots auch in Radiobeobachtungen vorhanden sind“, sagt Wielgus, der am Nicolaus Copernicus Astronomical Centre, Polen und in der Black Hole Initiative der Harvard University, USA, tätig ist.

Natur des schwarzen Lochs immer besser zu entschlüsseln

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Flares durch magnetische Wechselwirkungen in dem sehr heißen Gas entstehen, das in unmittelbarer Nähe von Sagittarius A* kreist. Die neuen Ergebnisse stützen diese Idee.

Alma ermöglicht es den Astronomen und Astronominnen mittelbar, das Magnetfeld des schwarzen Lochs zu identifizieren. Das Team nutzte diese Beobachtungen zusammen mit theoretischen Modellen, um mehr über die Entstehung des Hot Spots und die Umgebung, in die er eingebettet ist, zu erfahren, einschließlich des Magnetfelds um Sagittarius A*. Ihre Untersuchungen liefern stärkere Anhaltspunkte für die Form dieses Magnetfelds als frühere Beobachtungen und helfen den Forschenden, die Natur unseres schwarzen Lochs und seiner Umgebung zu entschlüsseln.

Die Beobachtungen bestätigen früheren Entdeckungen im Infraroten. Zusammengenommen deuten diese darauf hin, dass der Flare in einem Gasklumpen entsteht, der mit etwa 30 Prozent der Lichtgeschwindigkeit im Uhrzeigersinn um das schwarze Loch herumwirbelt, wobei dessen Umlaufbahn nahezu von oben erscheint.

„In Zukunft sollten wir in der Lage sein, Hot Spots durch koordinierte Multiwellenlängenbeobachtungen über mehrere Spektalbereiche hinweg zu verfolgen. Der Erfolg eines solchen Unterfangens wäre ein echter Meilenstein für unser Verständnis der Physik von Flares im galaktischen Zentrum“, sagt Ivan Marti-Vidal von der Universität Valencia in Spanien, Mitautor der Studie. Das Team hofft in weiterer Kooperation die umlaufenden Gasklumpen direkt beobachten zu können, um immer näher an das schwarze Loch heranzukommen und mehr darüber zu erfahren. „Hoffentlich können wir eines Tages sagen, dass wir wirklich verstehen, was in Sagittarius A* vor sich geht“, so Wielgus. idw

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