Wirtschaft Wirtschaft im Dauer-Hoch

Die Importe nach Deutschland stiegen im zweiten Quartal 2017 stärker als die Ausfuhren. Das Foto zeigt den Hamburger Hafen.
Die Importe nach Deutschland stiegen im zweiten Quartal 2017 stärker als die Ausfuhren. Das Foto zeigt den Hamburger Hafen.

«Berlin.» Die deutsche Wirtschaft hat im Frühjahr erneut deutlich zugelegt und befindet sich im längsten Boom seit fast zehn Jahren.

Steigende Investitionen und kauffreudige Verbraucher sorgten dafür, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen April und Juni gegenüber dem Vorquartal um 0,6 Prozent zulegte. Binnen Jahresfrist lag das Plus bereinigt um die Anzahl der Arbeitstage bei 2,1 Prozent. Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Damit nimmt das BIP von Quartal zu Quartal seit drei Jahren ununterbrochen zu. Das hatte es nicht gegeben, seit die Finanzkrise 2008 dem damaligen Boom ein Ende bereitete. „Der Aufschwung verfestigt sich“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Martin Wansleben, die Entwicklung. Anders als zu Jahresbeginn musste die Wirtschaft im Frühjahr dabei ohne einen Schub vom Außenhandel auskommen: Die Importe stiegen erheblich stärker als die Exporte. Das dürfte US-Präsident Donald Trump und anderen Kritikern des exportstarken deutschen Wirtschaftsmodells Wind aus den Segeln nehmen. „Starker Binnenkonsum, höhere Importe, mehr Staatsausgaben – all das wurde zuletzt von Deutschland gefordert, um die Ungleichgewichte im Euro-Raum und gegenüber den USA zu reduzieren“, sagte Chefvolkswirt Uwe Burkert von der baden-württembergischen Landesbank LBBW in Stuttgart. Laut Konjunktur-Experte Andreas Scheuerle von der Deka Bank hat die Bundesrepublik die „Balance zwischen Binnen- und Außenwirtschaft wiedergefunden“. Trump hatte Deutschland wegen seiner Handelsüberschüsse mit den USA heftig kritisiert. Er kündigte an, etwas dagegen unternehmen zu wollen. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt immer wieder, Deutschland riskiere langfristig weniger Wachstum, falls es im eigenen Land nicht mehr ausreichend investiere. Deutschland bleibt mit den jüngsten Wachstumszahlen die Zugmaschine in Europa. Das Plus beim BIP war im Frühjahr etwas größer als in Frankreich, das auf 0,5 Prozent kam. Auch die von den Folgen des Anti-EU-Referendums gebeutelte Wirtschaft Großbritanniens wuchs mit 0,3 Prozent nicht so kräftig. Da das Statistikamt den BIP-Wert für das erste Quartal leicht nach oben revidierte, war das Plus zu Jahresbeginn mit 0,7 Prozent noch größer als im Frühjahr. Nord-LB-Experte Stefan Große sprach mit Blick auf die ersten sechs Monate von einer „fantastischen ersten Halbzeit“. Er fügte hinzu: „Deutschland wird zumindest mit keinen negativen Wirtschaftsnachrichten in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes starten.“ Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministerium wollte die Daten nicht kommentieren: „Wir können aber sagen, dass unsere BIP-Prognose nach unten gut abgesichert ist.“ Die Bundesregierung erwartet für das volle Jahr ein Wachstum von 1,5 Prozent. Laut Wirtschaftsministerium deuten die anziehenden Aufträge in der Industrie auf ein Produktionswachstum auch im dritten Quartal hin. Die rheinland-pfälzische Industrie hat ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2017 kräftig gesteigert. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Bad Ems zogen die Erlöse im Vergleich zur selben Vorjahreszeit um 7,7 Prozent auf 47,2 Milliarden Euro an. Im Inland betrug das Plus 7,3 Prozent, im Ausland 8 Prozent. Die Industriebetriebe erzielten 56,5 Prozent ihrer Umsätze im Auslandsgeschäft. Die Anzahl der Beschäftigten stieg leicht um 0,3 Prozent auf 253.000. Kommentar

x