Wirtschaft Wenn Lebensmittel gefährlich sind

Wo lauern die Gefahren? Der Bund informiert auf einem Internetportal über gefährliche Lebensmittel, doch die wenigsten Verbrauch
Wo lauern die Gefahren? Der Bund informiert auf einem Internetportal über gefährliche Lebensmittel, doch die wenigsten Verbraucher kennen es. Im Schnitt alle zwei bis drei Tage kommt dort eine neue Warnung hinzu.

«Ludwigshafen». Vor Lebensmitteln, von denen eine Gesundheitsgefahr ausgeht, sollten Verbraucher geschützt werden. Aber drei von vier Bundesbürgern ist das Internetportal des Bundes nicht bekannt, auf dem Warnungen und Rückrufe gefährlicher Produkte veröffentlicht sind. Für die Verbraucherorganisation Foodwatch ist das Portal „gescheitert“.

Hier ein Überblick über Informationsquellen, die interessierte Kunden zum eigenen Schutz nutzen können: Kautschuk in Butter, Glas in Bockwürsten, Salmonellen in Schokolade; das sind drei Beispiele für Meldungen, die das Portal lebensmittelwarnung.de in jüngerer Zeit veröffentlicht hat. Wie viele Käufer davon Notiz genommen haben, ist unbekannt. Das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV) lässt kaum Gutes erahnen. 76 Prozent der mehr als 1000 Befragten haben noch nichts von dem Portal gehört, 11 Prozent sind sich nicht sicher. Nur 13 Prozent haben davon gehört. Portalbetreiber ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Im Jahr 2017 standen auf der Webseite 161 Warnungen – jeden zweiten bis dritten Tag eine. In der Anfangszeit des Portals – im Jahr 2012 – waren es nur 83 Warnungen. Die häufigsten Gründe der Beanstandung: mikrobiologische Verunreinigungen oder Fremdkörper wie Glas- oder Metallsplitter in den Lebensmitteln. Laut BVL verzeichnet die Seite monatlich mehr als 200.000 Besuche. Wer jederzeit auf dem Laufenden bleiben will, kann sich die Warnmeldungen per Twitter senden lassen (@LMWarnung) und sich so aktiv informieren. Dieser Dienst hat derzeit rund 7000 Follower, berichtet das BVL. Eine Sprecherin: „Wir empfehlen Verbrauchern, sich über das Portal über Lebensmittelrückrufe zu informieren.“ Deutlich macht das Bundesamt aber auch, dass für die Information der Öffentlichkeit „in erster Linie der Lebensmittelunternehmer selbst zuständig ist“. Mit Rückrufmeldungen in der Presse, Warnhinweisen auf ihren Webseiten sowie Aushängen im Einzelhandel kommen die betroffenen Firmen dieser Pflicht in der Regel nach, wobei aber ebenfalls unklar bleibt, wie viele Kunden sie damit erreichen. Die Rückrufe der Hersteller werden von den Bundesländern aufgegriffen und auf lebensmittelwarnung.de zusammengestellt. Die Seite des Bundes fungiert damit also „nur“ als zentrale Informationsplattform. Bis zur Inbetriebnahme des Portals „mussten sich Verbraucher auf den einzelnen Internetseiten der 16 Landesministerien oder Senatsverwaltungen informieren“, so das BVL. Beispielsweise ist in Rheinland-Pfalz das Landesuntersuchungsamt in Koblenz zuständig. Auf der Internetseite lua.rlp.de sind regelmäßig Warnmeldungen eingestellt, die aktuellsten direkt auf der Startseite. Dieses behördliche Warnsystem stößt auf die Kritik von Foodwatch. „Die meisten Produktrückrufe erreichen die Menschen nicht“, heißt es in einer aktuellen Mitteilung der Verbraucherorganisation. Das Portal lebensmittelwarnung.de sei unübersichtlich und liefere Rückrufhinweise „nur lückenhaft und oft verzögert.“ In einem Test im Jahr 2017 sei jede zweite Warnung verspätet erschienen. Das Fazit der Verbraucherorganisation: „Lebensmittelwarnung.de ist als Infoportal gescheitert“. Viel besser als Infoquelle geeignet ist laut Foodwatch die Seite produktrueckrufe.de des Privatmannes Gert Kretschmann aus Greven. Der Rentner recherchiert nach eigenen Angaben mehrere Stunden am Tag nach Rückrufmeldungen im Internet. Stößt er auf eine Information, geht er der Sache nach und stellt die Warnung – oft mit eigenen Ergänzungen – schnellstmöglich auf seiner Seite ein. „Damit schafft er etwas, was die 16 zuständigen Landesbehörden und eine Bundesbehörde mit ihren Personalstäben nicht hinbekommen: Er warnt schneller und besser“, so Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Dass die Behörden nicht immer mit ihm mithalten, glaubt Kretschmann vor allem an Freitagen festzustellen: „Wenn ein Unternehmen an einem Freitagnachmittag vor einem Produkt warnt, dauert es dort einfach länger.“ Außer über gefährliche Lebensmittel informiert die private Internetseite über Rückrufe aus anderen Produktbereichen wie Bekleidung, Elektronik oder Gesundheit. Die Infos werden auch per Twitter, WhatsApp und Facebook verbreitet.

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