LUFTVERSCHMUTZUNG Urteil: Staaten müssen bei mieser Luft keinen Schadenersatz zahlen

Der Autoverkehr ist ein Verursacher von Luftschadstoffen, unser Bild zeigt eine Szene aus Paris.
Der Autoverkehr ist ein Verursacher von Luftschadstoffen, unser Bild zeigt eine Szene aus Paris.

Wer wegen verschmutzter Luft krank geworden ist, kann vom Staat keinen Schadenersatz verlangen. Dieses Urteil fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg (Rechtssache C-61/21).

Zwar existierten seit Jahren europäische Richtlinien zur Luftqualität, das gebe Einzelpersonen aber nicht das Recht, Schadenersatz gegenüber einem Staat erstreiten zu können.

Allerdings werden die Regierungen mit dem Richterspruch nicht vollständig aus der Haftung entlassen. Staaten können unter bestimmten Umständen auf Grundlage nationaler Vorschriften verklagt werden. In ihrer Erklärung erinnerten die Richter auch daran, dass Einzelpersonen die Möglichkeit haben, lokale und regionale Behörden vor Gericht zu bringen, um etwa einen Luftreinhaltungsplan zu erstreiten. Das schloss der EuGH ausdrücklich nicht aus.

Überraschendes Urteil

Verhandelt wurde die Klage eines Mannes aus Paris. Im Ballungsraum rund um die französische Hauptstadt wird regelmäßig auch von den Behörden vor der starken Luftverschmutzung gewarnt. Der Franzose argumentierte, dass diese übermäßige Umweltbelastung seine Gesundheit geschädigt habe und wollte vom französischen Staat 21 Millionen Euro Schadenersatz. Seiner Ansicht nach muss der Staat haften, weil er nicht dafür gesorgt habe, dass EU-weite Grenzwerte eingehalten werden.

Die Aussichten auf ein Urteil im Sinne des Mannes schienen gut, denn auch die Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof folgte in ihren Schlussanträgen vor einigen Monaten dieser Ansicht. Frankreich wurde vom EuGH bereits 2019 wegen zu schlechter Luftqualität verurteilt, Deutschland im vergangenen Jahr. Die Grenzwerte für potenziell gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid wurden in Ballungsgebieten regelmäßig überschritten. Stickstoffdioxid entsteht unter anderem in der Industrie, bei der Wärmeerzeugung und im Straßenverkehr.

Verpflichtungen dienen allgemeinem Schutz

Anders als von vielen erwartet, hatten die Richter nun aber eine andere Rechtsauslegung als die Generalanwältin. Die Luftqualitätsrichtlinien verpflichteten zwar die EU-Staaten, für saubere Luft zu sorgen. Diese Verpflichtungen dienten jedoch dem allgemeinen Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu schützen.

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