Stromsparen TransnetBW: Warum zu viel Wind für einen Aufruf zum Stromsparen gesorgt hat

Derzeit fehlt es an Leitungen, durch die Windstrom aus dem Norden nach Süddeutschland fließen kann.
Derzeit fehlt es an Leitungen, durch die Windstrom aus dem Norden nach Süddeutschland fließen kann.

„Hilf mit, Kosten und CO2-Emissionen einzusparen“ – so hieß es am Freitag auf Smartphones, auf denen die „StromGedacht“-App des Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW installiert ist.

Das Unternehmen rief die Menschen in Baden-Württemberg dazu auf, zwischen 11 und 13 Uhr den Stromverbrauch zu verringern. Es seien aber weder Strommangel noch Abschaltungen zu befürchten. Hintergrund waren zu viel Wind im Norden und ein sogenannter Redispatch.

Was ist ein Redispatch?
Ein Redispatch ist ein Eingriff in die Stromerzeugung, um Engpässe zu vermeiden. „Droht an einer bestimmten Stelle im Netz ein Engpass, werden Kraftwerke diesseits des Engpasses angewiesen, ihre Einspeisung zu drosseln, während Anlagen jenseits des Engpasses ihre Einspeiseleistung erhöhen müssen“, erklärt die Bundesnetzagentur. So werde ein Lastfluss erzeugt, der dem Engpass entgegenwirke. Wenn vorhandene Anlagen nicht ausreichend Strom zum Stabilisieren des Netzes einspeisen können, werden auch Reservekraftwerke hochgefahren, oder es wird Strom aus dem Ausland importiert. Konkret ging es am Freitag um rund 1700 Megawatt (MW). Etwa 800 MW davon stammten laut TransnetBW aus der Schweiz, 640 MW aus sogenannten Marktkraftwerken und 260 MW aus Reservekraftwerken.

Warum ist das nötig?
Physikalisch ist es so, dass der elektrische Strom nicht gezielt durch das Leitungsnetz gelenkt werden kann, sondern – ähnlich wie Wasser – den Weg des geringsten Widerstands nimmt. Bildet sich an einer Stelle ein Engpass, weil dort beispielsweise zwar viel Strom eingespeist wird, die Leitungen aber für den Weitertransport nicht ausreichen, gibt es eine Art Stau auf den überlasteten Leitungen und der Strom fließt über andere Wege ab. Da im Zuge der Energiewende die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, die Infrastruktur für den Stromtransport aber noch nachziehen muss, kann es in den kommenden Jahren vermehrt solche Engpässe geben. Windkrafträder beispielsweise werden im Norden gebaut, weil dort mehr Wind weht. Gebraucht wird viel Strom aber im industriereichen Süden.

Wie oft kommt so etwas vor?
Redispatch gehört TransnetBW zufolge an den meisten Tagen des Jahres zur Arbeit in der Hauptschaltleitung. Selten kommt das aber in einer solchen Größenordnung vor, dass die Öffentlichkeit es unmittelbar mitbekommt. Zuletzt war das in Baden-Württemberg am 16. Januar der Fall. Damals ging es um rund 3000 MW, von denen auch große Teile aus Reservekraftwerken und der Schweiz bezogen wurden.

Welche Folgen hat ein Redispatch für Kunden?
Die Kosten für den zugekauften Strom und zusätzlich benötigte Kraftwerke aus der Reserve werden über die Netzentgelte umgelegt. Somit kommen sie über die Stromrechnung beim Endverbraucher an, wirken sich also auf den Geldbeutel aus. Ein Redispatch bedeutet aber nicht, dass Stromabschaltungen drohten oder das Netz instabil sei, betonte TransnetBW auch am Freitag.

Ist Abhilfe in Sicht?
Ja. Um das Stromnetz flexibler und effizienter zu machen, stehen der Deutschen Energie-Agentur (Dena) zufolge im Wesentlichen zwei Wege zur Verfügung, die sich ergänzen: Zum einen ist das der Ausbau der Leitungen insbesondere von Nord- nach Süddeutschland. Zum anderen kann das Netz verbessert werden, indem neue sogenannte Betriebsmittel integriert und neue Betriebsstrategien gewählt werden. Hierbei spielen zum Beispiel Energiespeicher eine Rolle, die in Zeiten niedrigen Bedarfs Strom zurückhalten, um ihn in Zeiten hohen Bedarfs abgeben zu können.dpa

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