Wirtschaft Staatsanwaltschaft darf interne VW-Akten auswerten

Bei den Betrugsermittlungen im Diesel-Abgasskandal hat die Staatsanwaltschaft München einen juristischen Sieg errungen. Sie darf interne VW-Akten auswerten, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Obwohl die Akten in Anwaltsräumen lagerten, durften sie beschlagnahmt und gesichtet werden. Die Verfassungsbeschwerden, die sowohl der Autokonzern als auch die Anwaltskanzlei eingelegt hatten, blieben erfolglos. Durchsucht wurden die Anwaltsräume schon im März 2017. Auf die Eilanträge von Volkswagen hin stoppte aber das Bundesverfassungsgericht zunächst die Auswertung der Unterlagen – bis zur gestrigen endgültigen Entscheidung. Als die USA bereits 2015 strafrechtliche Ermittlungen wegen Abgasmanipulationen gegen den Autokonzern einleiteten, startete VW interne Untersuchungen. Der Konzern beauftragte die amerikanische und international tätige Kanzlei Jones Day, die auch Gespräche mit Konzernmitarbeitern führte und protokollierte. Die Akten befanden sich in der Münchener Niederlassung von Jones Day. Dann nahm die Staatsanwaltschaft München Betrugsermittlungen auf, die richteten sich allerdings gegen die VW-Tochter Audi und betrafen die Abschaltautomatik in Diesel-Fahrzeugen. Die Ermittlungen liefen zunächst gegen Unbekannt. Die Münchener Ermittler veranlassten dann im März 2017 die Durchsuchung und Beschlagnahme der internen Akten. VW sah das faire Verfahren und sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und rief das Bundesverfassungsgericht an. Das Management berief sich auf das Vertrauensverhältnis zwischen einem Beschuldigten und seinem Anwalt. Das sei vom Gesetz geschützt, Verteidigermaterial dürfe nicht beschlagnahmt werden. Auch die Anwaltskanzlei legte Verfassungsbeschwerde ein, ebenfalls ohne Erfolg. Ein wichtiger Grund für die Richter war, dass bei der Durchsuchung noch nicht gegen eine konkrete Person ermittelt wurde. Dass der Konzern möglicherweise in Zukunft verklagt werden könnte, genügte den Verfassungsrichtern nicht für ein Verbot. Nur bei einem Vertrauensverhältnis zwischen einem konkreten Beschuldigten und seinem Anwalt gelte das Beschlagnahmeverbot. Es sei nicht geboten, das auf Fälle auszudehnen, in denen es noch keinen konkreten Beschuldigten gibt, so die Verfassungsrichter. Andernfalls wäre die Effektivität der Strafverfolgung erheblich beschnitten. „Auch bestünde ein hohes Missbrauchspotenzial, sollte sich der Beschlagnahmeschutz auf sämtliche Mandatsverhältnisse unabhängig von einer Beschuldigtenstellung des Mandanten erstrecken“, heißt es in der Entscheidung wörtlich. Die Verfassungsbeschwerde der Kanzlei wurde als unzulässig zurückgewiesen, weil Jones Day die Hauptverwaltung in den USA hat und sich nicht auf deutsche Grundrechte berufen könne.

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