Wirtschaft Schwerer Rückschlag für den I-Lint

2016 war der I-Lint auf der Fachmesse Innotrans zu sehen. Schon zwei Jahre zuvor war eine Absichtserklärung zum Kauf von solchen
2016 war der I-Lint auf der Fachmesse Innotrans zu sehen. Schon zwei Jahre zuvor war eine Absichtserklärung zum Kauf von solchen Triebwagen unterzeichnet worden, die aber nun teilweise nicht umgesetzt wird.

«Ludwigshafen.» Vorerst gescheiterte Pläne für einen Einsatz von neuen Triebwagen mit Brennstoffzelle führen in Nordrhein-Westfalen dazu, dass erst einmal ältere Fahrzeuge länger als geplant eingesetzt werden müssen. Der Fall ist für die Pfalz von Interesse, weil auch hier ab Ende 2023 der Einsatz lokal emissionsfreier Triebwagen geplant ist.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) mit Sitz in Gelsenkirchen hat das Ausschreibungsverfahren für das Emscher-Münsterland-Netz 2020 (Linie RE14) offiziell aufgehoben. Es sah den Einsatz von Alstom-Triebwagen mit Brennstoffzelle (I-Lint) auf der Strecke von Essen nach Borken und Coesfeld vor. Zur Erklärung heißt es im VRR-Magazin „Spectrum“: „Die modernen Züge sollten zu den gleichen Konditionen wie Dieselfahrzeuge beschafft und über ihren Lebenszyklus instand gehalten werden können. Eine entsprechende Absichtserklärung hatten der VRR und der Hersteller bereits auf der Innotrans 2014 unterzeichnet. (...) Leider konnte der betreffende Hersteller die Vorgaben aus der gemeinsamen Absichtserklärung nicht halten und damit die Chancen eines solchen Vorhabens (...) nicht nutzen.“ Der VRR will den RE 14 nun zu einem späteren Zeitpunkt als Teil eines größeren Linienpakets neu ausschreiben, ohne sich dabei auf die Brennstoffzellen-Technologie festzulegen. Der vom VRR nicht namentlich genannte Hersteller Alstom hat im Marktsegment Regionalverkehrsfahrzeuge für nicht elektrifizierte Strecken viel zu verlieren. Derzeit ist Alstom auf dem deutschen Markt in diesem Segment mit weitem Abstand Marktführer. Bei fast allen in den vergangenen Jahren neu vergebenen Netzen, für die Neufahrzeuge gefordert wurden, hat der Gewinner der Ausschreibung den Lint (Abkürzung für „leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen“) von Alstom angeboten. In Rheinland-Pfalz galt das beispielsweise auch für das Dieselnetz Südwest, zu dem in der Pfalz unter anderem die Regionalbahn-Linien von Neustadt über Bad Dürkheim nach Grünstadt und von Frankenthal über Freinsheim nach Ramsen gehören. Für Ende 2018 stehen Betriebsaufnahmen in Bayern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen an, für die alles in allem 85 Lint bestellt sind. Eine Abkehr vom Dieseltriebwagen würde Alstom deswegen hart treffen. Umso wichtiger ist für den französischen Bahnfahrzeughersteller, der für den deutschen Markt im niedersächsischen Salzgitter produziert, der Erfolg des I-Lint. Bisher ist kein anderer Hersteller bei der Entwicklung eines solchen Fahrzeugs mit Brennstoffzelle so weit, dass er einen Prototypen vorweisen kann. Ein wichtiger Vorteil des I-Lint gegenüber Batteriefahrzeugen von Bombardier und Siemens, mit denen er wahrscheinlich um den Markt für Diesel-Nachfolger konkurrieren wird, ist seine relativ große Reichweite von 600 bis 800 Kilometern, die von Batteriefahrzeugen ohne Nachladen bei weitem nicht erreicht wird. Als Abgas entsteht beim I-Lint nur Wasserdampf. Er ist damit, anders als beispielsweise ein Diesel-Hybrid-Fahrzeug, lokal emissionsfrei. Seine Ökobilanz im Vergleich zu anderen Fahrzeugen hängt allerdings stark von der Produktion des vom I-Lint verbrauchten Wasserstoffs und im Vergleich zu Elektrofahrzeugen vom Strommix ab, der bei deren Energieverbrauch zugrunde gelegt wird. Laut Alstom beträgt die CO2-Einsprung des I-Lint gegenüber einem vergleichbaren Diesel-Lint mindestens 40 Prozent. Alstom beziffert den CO2-Ausstoß je Fahrzeugkilometer beim Diesel-Lint auf 4000 Gramm, beim I-Lint dagegen auf nur 2300 Gramm, wenn der Wasserstoff aus Erdgasreformation stammt und auf sogar nur 300 Gramm, wenn der Wasserstoff durch Elektrolyse aus Wind- oder Solarstrom gewonnen wird. Lorbeeren hat der I-Lint mehrfach als Beispiel für technologische Innovation geerntet. Jüngster Fall: Der Alstom-Triebwagen ist mit dem Green Tec Award 2018 in der Kategorie Mobilität by Schaeffler ausgezeichnet worden. Tim Osenfeldt, Leiter der Zentrale Innovation bei Schaeffler, sagte dazu: „Die Wasserstoff-Technologie zeigt neue Wege zur CO2-freien Mobilität in einer nachhaltigen und defossilisierten Energiekette auf, insbesondere in Bereichen wie der Eisenbahntechnik und dem Schwerlastverkehr. Alstom überführt das mit dem Coradia I-Lint eindrucksvoll in die Praxis.“ Pate der Preis-Kategorie Mobilität by Schaeffler ist der Verband der Automobilindustrie (VDA). Die Schaeffler Gruppe bezeichnet sich selbst als global aufgestellten Automobil- und Industriezulieferer. Der VDA sieht „einen klaren Trend weg von fossilen Brennstoffen hin zu sogenannten E-Fuels – Kraftstoffe, die auf Basis von regenerativem Strom hergestellt werden.“ Kommentar

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