Forschung Physik-Nobelpreis für „spukhafte Fernwirkung“

Anton Zeilinger zeigte sich „positiv geschockt“.
Anton Zeilinger zeigte sich »positiv geschockt«.

Die Quantenmechanik soll in naher Zukunft Quantencomputer, eine abhörsichere Quantenkommunikation und ein Quanteninternet ermöglichen. Für die Erforschung der Grundlagen dieser Disziplin bekommen drei Physiker den Nobelpreis.

Für ihre wegweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenforschung haben der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger in diesem Jahr den Physik-Nobelpreis zugesprochen bekommen. Ihre Experimente hätten den Grundstein für eine neue Ära der Quantentechnologie gelegt, begründete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm ihre Entscheidung.

Die Forscher hätten bahnbrechende Experimente mit verschränkten Quantenzuständen durchgeführt, bei denen sich zwei Teilchen wie eine Einheit verhalten – selbst wenn sie getrennt und weit von einander entfernt sind.

„Ich bin immer noch irgendwie geschockt“, sagte Anton Zeilinger, als er am Dienstag telefonisch zur Preisbekanntgabe in Stockholm zugeschaltet wurde. Es handle sich aber definitiv um einen „positiven Schock“, so der 77-Jährige, der schon lange als Nobelpreis-Kandidat gehandelt wurde. „Dieser Preis ist eine Ermutigung für junge Menschen – er wäre nicht möglich ohne die mehr als 100 jungen Menschen, die über die Jahre hinweg mit mir gearbeitet haben“, sagte Zeilinger.

Zeilinger von der Universität Wien wurde vor allem mit seinen erstmals 1997 vorgestellten Experimenten zur Quantenteleportation bekannt. Sie haben ihm in Anlehnung an das legendäre „Beamen“ in der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ den Spitznamen „Mr. Beam“ eingebracht. Ihm gelang damals diese Teleportation, also das verbindungslose Übertragen der Eigenschaft eines Systems auf ein anderes. Das habe ihn völlig verblüfft, sagte Zeilinger in einem Interview zu seinem 75. Geburtstag. „Das hat mich damals von den Socken gehauen und haut mich heute noch von den Socken.“

Verschränkte Teilchen

Die theoretischen Grundlagen der Forschung der drei Physiker dürften vielen Menschen kaum verständlich sein. Und doch werden die auf ihren Arbeiten basierenden Erfindungen das Leben vieler Menschen künftig beeinflussen. Sie sollen helfen, Quantencomputer zu bauen, eine abhörsichere, verschlüsselte Quantenkommunikation zu etablieren und Quantennetze als Grundstein für ein Quanteninternet aufzubauen.

Die Quantenmechanik kennt das Phänomen, dass zwei oder auch mehr Teilchen in einem gemeinsamen Zustand existieren können, egal, wie weit sie voneinander entfernt sind. Physiker sprechen von Verschränkung. Ändert man den Zustand des einen Teilchens, ändert sich automatisch auch der des anderen. Albert Einstein, Physik-Nobelpreisträger von 1921, glaubte nicht an diese Möglichkeit und verspottete die Idee als „spukhafte Fernwirkung“.

Über die Natur dieses verschränkten Zustandes rätselten Experten noch lange nach Einstein. Preisträger John Clauser (79), der unter anderem an der New Yorker Columbia University forschte, wurde vor allem für den experimentellen Nachweis geehrt, dass der verschränkte Zustand nicht durch irgendwelche unbekannten Parameter erzeugt wird – eine lange diskutierte Möglichkeit. Mit diesen Experimenten bestätigte er die Quantenmechanik.

Schon als Kind im Labor

Schon als kleiner Junge verbrachte Clauser viel Zeit im Labor seines Vaters, einem Luftfahrtingenieur. „Als Kind bin ich nach der Schule einfach immer in sein Labor gegangen“, sagte der Physiker einmal in einem Interview. „Ich sollte eigentlich meine Hausaufgaben machen, aber meistens bin ich einfach nur rumgelaufen und habe all die raffinierte Ausrüstung bewundert.“ Unterstützt von seinem Vater, „einem großartigen Lehrer“, wird der am 1. Dezember 1942 im kalifornischen Pasadena geborene Clauser selbst zum Wissenschaftler.

Der zweite Preisträger, der französische Physiker Alain Aspect (75) von der Université Paris-Saclay und der École polytechnique, verfeinerte die experimentellen Messungen von Clauser, so dass weiterhin bestehende Zweifel an der Theorie ausgeräumt werden konnten.

Der Drang nach Wissen ist Aspect als Sohn eines Lehrerpaars quasi mit in die Wiege gelegt worden. „Wir wohnten damals in der Schule“, sagte er. Den zündenden Funken, sich für Physik zu begeistern, habe ihm sein Physiklehrer auf dem Gymnasium gegeben.

Alain Aspect wurde inspiriert von seinem Physiklehrer.
Alain Aspect wurde inspiriert von seinem Physiklehrer.
John F. Clauser verdankt das Interesse an Physik seinem Vater.
John F. Clauser verdankt das Interesse an Physik seinem Vater.
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