Wirtschaft Lufthansa-Deal vor Kartellprüfung

80 der 130 Maschinen von Air-Berlin und deren Töchtern sollen an die Lufthansa gehen.
80 der 130 Maschinen von Air-Berlin und deren Töchtern sollen an die Lufthansa gehen.

«Berlin.» Nach der Einigung auf einen Verkauf des Großteils von Air Berlin an die Lufthansa warnen Verbraucherschützer vor steigenden Ticketpreisen. Die Aussicht auf eine Übernahme von großen Teilen der Air Berlin durch Lufthansa weckt Kartellbedenken in den betroffenen Ländern.

„Wir befürchten steigende Preise auf dem deutschen Markt“, sagte Felix Methmann vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) gestern. Das gelte es zu verhindern. Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, rechnet mit Auflagen für die Lufthansa. Im internationalen Flugverkehr gebe es einen „gesunden Wettbewerb“, deshalb werde es dort vermutlich keine großen Veränderungen geben, sagte Methmann. Wenn jedoch die „größte deutsche Fluggesellschaft die zweitgrößte schluckt“, könnten Verbraucher auf dem heimischen Markt darunter leiden. Besonders betroffen sei womöglich die Strecke Berlin-Düsseldorf, auf der bislang die Lufthansa und Air Berlin konkurrierten. Auch Verbindungen von der Hauptstadt nach Frankfurt und München könnten teurer werden. Die Lufthansa will von der insolventen Air Berlin den österreichischen Ableger Niki, die Tochter LGW sowie 20 Maschinen der Flotte übernehmen. Unterm Strich will sie von der insolventen Airline rund 80 der noch gut 130 Maschinen übernehmen und dafür 210 Millionen Euro zahlen. Beim deutschen Branchenführer sollen 3000 neue Stellen entstehen. Mit Easyjet liefen die Verhandlungen noch. Auch der britische Billigflieger hat Interesse an Teilen von Air Berlin angemeldet. Die Wettbewerbsbehörden in Deutschland und der EU prüfen die Vereinbarungen. Monopolkommissionschef Wambach hält Auflagen für die Lufthansa „für wahrscheinlich“. Möglich wäre etwa, dass die Lufthansa verpflichtet werde, „bestimmte Start- und Landerechte an Wettbewerber abzugeben“. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) regte unterdessen eine europäische Lösung zur Stärkung der Verbraucherrechte im Falle einer Pleite von Fluggesellschaften an. Zugleich sagte Maas, es sollte im eigenen Interesse der Lufthansa liegen, „sich jetzt möglichst kulant gegenüber den Kunden zu zeigen und Air-Berlin-Tickets auf den von ihr übernommenen Strecken zu akzeptieren“. Das könne ein wichtiges Signal sein, um Kundenvertrauen nicht zu verlieren. Die Gewerkschaft Verdi bezeichnete den genannten Kaufpreis als „Schnäppchen“ für die Lufthansa. Zugleich steige die Verzweiflung bei den Beschäftigten, teilte Verdi mit. Die Gewerkschaft forderte die Lufthansa zur verbindlichen Zusage auf, alle betroffenen Mitarbeiter zu übernehmen. Die österreichische Wettbewerbsbehörde BWB befürchtet eine dominante Stellung der Lufthansa auf vielen Strecken von und nach Wien, weil die Lufthansa auch die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki kauft. Die Behörde werde ihre Bedenken dazu bei der EU-Kommission anmelden, sagte eine BWB-Sprecherin gestern. Auch das Bundeskartellamt nimmt den Fall unter die Lupe. „Die EU-Kommission wird sich das genau ansehen, und wir werden das dortige Verfahren begleiten“, sagte Behördenchef Andreas Mundt. Luftfahrtexperten gehen davon aus, dass der Lufthansa eine strenge Prüfung bevorsteht. Die EU-Kommission selbst will sich nicht zu dem Thema äußern, da der am Donnerstag bekanntgegebene Deal noch nicht bei ihr angemeldet ist. Die Behörde ist oberste Kartellwächterin der EU. Kritik am Air-Berlin-Kauf kommt von Lufthansa-Konkurrenten, etwa von der Muttergesellschaft der Fluglinie British Airways (IAG). „Wir haben für Air Berlin geboten, aber unser Eindruck war immer, dass die Lufthansa den Zuschlag bekommen würde“, sagte IAG-Chef Willie Walsh am Rande einer Branchenkonferenz in London. Ähnlich hatte sich der irische Billigflieger Ryanair geäußert, der von einem abgekartetem Spiel zugunsten des deutschen Marktführers sprach und deshalb kein Angebot für Air Berlin abgab.

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