Wirtschaft „Ein Damoklesschwert“

Deutsche Firmen, hier ein BMW-Geländewagen in Teheran, sind in Iran teils gut im Geschäft.
Deutsche Firmen, hier ein BMW-Geländewagen in Teheran, sind in Iran teils gut im Geschäft.

«Berlin/Teheran.» Von einem „Damoklesschwert“ spricht die Wirtschaft – die neuen US-Sanktionen gegen Iran drohen auch deutsche Unternehmen zu treffen, so wie schon in Russland. Hier Fragen und Antworten zum Thema.

Was droht europäischen Unternehmen?

„So wie wir die Sanktionen lesen, haben wir im US-Sanktionsrecht keinen Altbestandsschutz“, sagt der Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Volker Treier. Soll heißen: Auch bestehende Geschäfte, etwa der Bau einer Maschinenfabrik, können nicht fortgeführt werden. Nach dem Erlass von Sanktionen bleibt eine Frist von maximal 180 Tagen, um die Geschäfte abzuwickeln. Sonst drohen den Unternehmen Strafen für ihre Geschäfte in den USA und/oder US-Firmen müssen ihre Aktivitäten mit dem Unternehmen beenden. Obwohl die Firmen im Einklang mit europäischem Recht Geschäfte machen, trifft sie also der lange Arm des über die Landesgrenzen hinaus geltenden US-Sanktionsrechts. Kann die Bundesregierung etwas dagegen tun? Nein. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte, es gebe juristisch keine Möglichkeit, deutsche Unternehmen gegen die US-Maßnahmen zu schützen oder davon auszunehmen. „Das ist ein enormes Damoklesschwert“, mahnt Experte Treier. Der neue US-Botschafter Richard Grenell fordert schon, Investitionen in Iran zurückzufahren. Wie groß sind die Iran-Geschäfte bisher? Das Abkommen trat Anfang 2016 in Kraft. Im Gegenzug zum Verzicht auf das Streben nach einer Atombombe und Kontrolle der Uran-Anreicherung wurden die Iran-Sanktionen der USA und der EU weitgehend aufgehoben. Der Flugzeugbauer Airbus hatte Ende 2016 mit Iran Air einen Großauftrag über 98 Verkehrsflugzeuge abgeschlossen. Davon wurde eines bisher direkt ausgeliefert. Im Orderbuch des Unternehmens verblieben also 97 Maschinen – Airbus prüft, ob das Geschäft nun gefährdet ist. Die deutschen Ausfuhren in das islamische Land stiegen dem Außenhandelsverband BGA zufolge von 2,9 Milliarden Euro (2016) auf 3,4 Milliarden Euro 2017. An der Spitze lagen Maschinen, chemische Erzeugnisse, Datenverarbeitungsgeräte, Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile. Aber alles in allem ist das Niveau bisher überschaubar geblieben – auch weil es für Firmen einen Haken gibt. Was ist die größte Hürde? Die Finanzierung und Absicherung der Geschäfte. Das Ganze sei viel langsamer als gedacht angelaufen, weil zunächst weiter ein Teil der US-Sanktionen in Kraft war – den Finanzsektor betreffend. „Das hat die Finanzierung enorm erschwert“, sagt Friedolin Strack, Abteilungsleiter Internationale Märkte im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Spezielle Nachweispflichten, das Risiko bei einer Finanzierung wiederum mit US-Sanktionen belegt zu werden, ließen die Banken auf die Bremse treten. Das dürfte nun erst recht so bleiben. Warum spielen Banken eine Schlüsselrolle bei Iran-Geschäften? Ohne die Begleitung internationaler Banken sind Großinvestitionen nicht durchführbar. Hier setzt der Hebel der US-Sanktionen an: Keine Großbank kann es sich leisten, vom US-Markt ausgeschlossen zu werden. Beim vorhergehenden Iran-Boykott haben die Commerzbank und die französische BNP Paribas die Wirksamkeit der Strafen erfahren müssen und Milliardenbußen an US-Behörden gezahlt. Droht ein Dominoeffekt? Es fing an mit Strafzöllen auf Waschmaschinen und Solarmodule aus China, dann auf Stahl und Aluminium, dann neue Sanktionen gegen Russland, jetzt die Wiedereinführung der Iran-Sanktionen. Unternehmen sind verunsichert – wer weltweit agiert, braucht verlässliche Regeln. Deutsche Unternehmen beschäftigen 7,4 Millionen Menschen im Ausland, 200.000 zusätzliche Jobs sollen 2018 entstehen, davon allein 40.000 in den USA. Während Trump den Handel mit Ländern wie Iran, China und Russland über das US-Sanktionsrecht und Strafzölle torpediert, kann er dank seiner Unternehmenssteuerreform daheim auf einen satten Aufschwung setzen und sich als „Dealmaker“ feiern lassen.

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