Wirtschaft Das scheinbar Unmögliche wahr machen

Zumindest einen eigenen Entwicklungsstandort für Roboterautos hat der Premiumhersteller BMW nun in Unterschleißheim vor den Toren Münchens schon einmal. Der für 2000 Hightech-Experten ausgelegte und derzeit von halb so vielen Spezialisten bevölkerte Campus für autonomes Fahren wurde soeben mit einigem Tamtam eröffnet.

Auf das zugehörige Serienmodell muss die Welt noch bis 2021 warten, vorausgesetzt die BMW-Pläne gehen auf. Anders als US-Konkurrenten wie Uber oder Google im Wettrennen um Roboterautos erweckt BMW aber nicht den Eindruck, dass der Durchbruch unmittelbar vor der Tür steht. „Wir werden eine Rechenleistung brauchen, die es noch nicht gibt“, räumt Entwicklungschef Klaus Fröhlich ein. Mit dem ehrgeizigen Plan, in drei Jahren unter dem Arbeitstitel BMW iNext ein voll vernetztes und elektrisches Roboterauto in Serie auf die Straße zu bringen, sind die Bayern von zuliefernden Dritten abhängig. Zwar haben sie allein 2017 rund 1.000 IT-Spezialisten, Softwareentwickler oder Experten für künstliche Intelligenz neu eingestellt. Aber zentrale Komponenten für Roboterautos kann auch BMW nicht im Alleingang entwickeln. „Wir brauchen zwei Chipgenerationen, um den Kofferraum wieder für Koffer frei zu bekommen“, erklärt Fröhlich. Derzeit sind die Kofferräume der 40 Robotertestautos, mit denen die Bayern derzeit testweise in der Münchner Innenstadt, den USA und China unterwegs sind, vollgestopft mit Computern, die bei autonomen Testfahrten gesammelten Daten aufzeichnen und in die Rechner des neuen Entwicklungscampus einspeisen. Stück für Stück sollen Software und Auto so dazu gebracht werden, alle Situationen im Straßenverkehr nicht nur richtig zu erkennen sondern auch selbstständig die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die für Laien schwer vorstellbare Menge von 40 Terabyte an Daten sammelt auf diese Weise täglich ein einziger der autonom fahrenden 7er-BMW, die für Notfälle stets von einem Testfahrer begleitet werden. Seit einigen Monaten geht das nun so und um die dabei anfallenden Datenmengen begreifbar zu machen, wählt Fröhlich einen Vergleich. Die von den 40 Robotertestautos erzeugte Datenmenge sei mittlerweile schon doppelt so umfangreich wie die gesamte über Jahrzehnte hinweg im 16 Kilometer vom Campus entfernten BMW-Hauptforschungszentrum FIZ installierte. Um diese Dimensionen alltagstauglich zu verarbeiten, benötigt BMW mehr als nur schnellere Chips, für die noch zwei Entwicklungsgenerationen nötig sind. Man brauche auch Sensoren zum Erkennen der automobilen Umwelt, die es heute noch nicht gibt und zumindest europaweit flächendeckend den neuen Mobilfunkstandard 5G, betont Fröhlich. Denn BMW werde nur sicheres mobiles Fahren anbieten. Die Betonung liegt dabei auf sicher, womit man beim ersten tödlichen Umfall mit einem Roboterauto in den USA wäre, für den der Fahrtenvermittler Uber verantwortlich ist. Der Unfall habe für BMW nichts geändert, behauptet Fröhlich. Im eignen Haus habe schon immer die Maxime gegolten, dass man Kunden nicht zu Testzwecken missbrauchen werde. Wer BMW genauer kennt, erhält aber durchaus den Eindruck, dass sich etwas geändert hat. Die Bayern sind nach Uber noch vorsichtiger geworden. Das zeigen Demonstrationen zum Stand der Technologie. Zum Programmpunkt Fahrerlebnis Autonomes Fahren geladene Journalisten jedenfalls haben nur eine kurze Freude am Mitfahren. Nach ungefähr zwei Minuten im Schritttempo in einem Halbkreis auf dem Campus-Gelände ist alles schon wieder vorbei. In die Münchner Innenstadt traut sich BMW mit Journalisten an Bord nicht. Auch über bisherige Fahrerlebnisse der Testfahrer schweigt man sich hartnäckig aus. Unfälle? Probleme? Es gebe Situationen, die ein Roboterauto heute beherrscht und auch andere, heißt es mehr als vage. „Es ist wie eine Marsmission“, sagt Fröhlich. Am Anfang komme man kaum voran, dann gebe es Entwicklungssprünge. Inwiefern BMW und Technologiepartner wie der Chipkonzern Intel oder Kameraexperte Mobileye schon gesprungen sind, bleibt unausgesprochen. Man fühlt sich im Plan. Fröhlich gibt sich zuversichtlich. „Wir werden bis 2021 das scheinbar Unmögliche Wirklichkeit werden lassen“, verspricht er.

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