Kommentar Boeing: Nur Kosten zu drücken reicht nicht

Stand lange Zeit für den Vorsprung von Boeing: die Boeing 747, auch Jumbojet genannt.
Stand lange Zeit für den Vorsprung von Boeing: die Boeing 747, auch Jumbojet genannt.

Wie man ein Unternehmen zugrunde richten kann, sieht man an Boeing. Der US-Konzern braucht dringend einen kompletten Neustart.

Der Niedergang des amerikanischen Traditionsunternehmens Boeing war schon voll im Gange, als Dave Calhoun im Jahr 2020 dessen Vorstandschef wurde. Dennoch war ein Rücktritt selten so überfällig. Dass Calhoun an die Spitze des Airbus-Erzrivalen befördert wurde, war von vornherein das falsche Signal.

Boeing hätte spätestens nach den verheerenden Abstürzen durch Konstruktionsfehler bei seinem wichtigsten Flugzeugmodell 737 Max erkennen müssen, dass dringend ein Strategiewechsel her muss. Gewinnausschüttungen und Aktienkurspflege dürfen bei einem Flugzeugbauer einfach nicht zulasten der Qualitätskontrolle gehen. Doch statt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und eine Führung mit starkem Techniksachverstand zu ernennen, entschied man sich bei Boeing mit der Wahl Calhouns dafür, weiterzumachen wie bisher.

Schuld auf Vorgänger geschoben

Boeing setzte mit ihm auf einen Kostendrücker, der bereits seit 2009 im Direktorium des Konzerns saß und dieses bis zu seiner Berufung zum Vorstandschef sogar leitete. Die Direktoren des Verwaltungsrats können bei US-Unternehmen größeren Einfluss nehmen als Aufsichtsräte in Deutschland. Doch Calhoun schob später alle Schuld für die katastrophale Entwicklung auf seinen Vorgänger Dennis Muilenburg. Tatsächlich jedoch steht Calhoun mindestens genauso für Dinge, die bei Boeing schieflaufen. War Muilenburg immerhin noch ein Ingenieur, der sich im Konzern hochgearbeitet hatte, so kam sein Nachfolger als reiner Kostensenker von der Private-Equity-Gesellschaft Blackstone.

In den USA wird nun gespottet: Für Boeings europäischen Konkurrenten Airbus sei Calhoun der „beste Vorstandschef“, den es je gegeben habe.

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