Wirtschaft Auf den Spuren der Bergleute

An die ehemalige Silbergrube bei Bobenthal erinnern Info-Tafeln am Radweg.
An die ehemalige Silbergrube bei Bobenthal erinnern Info-Tafeln am Radweg.

Wandern auf den Spuren der regionalen Wirtschaft: Dazu laden wir mit unserer Serie „Wirtschaftswandern“ ein. Heute stellen wir eine Tour bei Nothweiler vor, die uns Einblicke in frühere Zeiten des Broterwerbs bringt: in den harten Alltag der Bergleute, die in den Erzgruben der Südwestpfalz mit Hammer und Händen vor allem Eisenerz abbauten, das dann im Schönauer Hüttenwerk verarbeitet wurde.

Unsere Tour startet am Kolbenberg, auf dem Waldparkplatz nahe des Besucherbergwerks bei Nothweiler. Sie wird uns durch das Litschbachtal, entlang der Wieslauter an Niederschlettenbach vorbei und durch Bobenthal führen zurück zum Kolbenberg – auf den Spuren des Bergbaus, der vor allem ab dem 16. Jahrhundert über 300 Jahre Menschen im Wasgau neben Land- und Forstwirtschaft ein Einkommen brachte. Den Bergleuten, aber auch Fuhrleuten, Köhlern und Schmieden. Denn im südlichen Wasgau und im Nord-Elsaß verlaufen Erzadern, an denen überwiegend Eisenerz abgebaut wurde. Allein in Nothweiler dürften bis zu 450 Menschen davon gelebt haben, meint Heinz Biehler. Der ehemalige Ortsbürgermeister und Chronist ist Betriebsführer und Mitinitiator des Schaubergwerks, mit dem wir starten. Im St. Anna-Stollen, einem Teil des Bergwerks, gehen wir 80 Meter quer hinein in den Berg. Leicht gebückt zwar, aber viel bequemer als jene, die das Stollen-System erschufen. Denn dies war reine Handarbeit mit Eisen und Schlägel, wie Heinz Biehler erklärt. Zentimeter für Zentimeter gruben sie sich in den Berg; gearbeitet wurde zwölf Stunden lang weitgehend im Dunkeln, weil offenes Licht Sauerstoff verbrauchte und Rauch produzierte. Ein Risiko für bis zu 250 Männer und Jungs, die ab elf Jahren unter Tage mitarbeiteten. Über insgesamt 160 Höhenmeter schufen sie versetzt 15 Abbaustrecken, sozusagen 15 Etagen. Von dort wurde das gebrochene Erz letztlich durch einen Sturzschacht nach unten befördert, draußen bearbeitet und mit Karren zum Hüttenwerk ins zehn Kilometer entfernte Schönau transportiert, wo es verschmolzen wurde. Bis zu 15 Kilogramm Erz plus taubes Gestein holte ein Hauer am Tag heraus. Trotz Knochenarbeit und Belastung durch Staub und hohe Luftfeuchtigkeit litt das Gewerbe nicht unter Nachwuchsmangel, weiß Biehler. Denn es gab Privilegien. Herzog Johann I. von Zweibrücken hatte ab 1579 nach Eisenerz suchen lassen und 1582 mit Betreibern aus Straßburg einen Pachtvertrag über das neue Werk „Zu den heiligen drei Königen“ geschlossen, zu dem der Anna-Stollen gehört. Darin gab er etwa vor, dass Bergleute von „aller Fron“ und Leibeigenschaft zu befreien seien. Auch Investitionen ins Werk berücksichtigte er, gewährte für die ersten zwei Jahre „vollkommene Zehntenfreiheiten“. Die Eisenerzgrube Nothweiler, die 1976 bis 1978 von der Gemeinde vor allem dank freiwilliger Helfer wieder zugänglich gemacht wurde, ist das einzige Besucherbergwerk der Region: Über 600.000 Interessierte haben es bisher besichtigt. Als größtes Erzbergwerk im Wasgau gilt aber das Niederschlettenbacher Werk am Bremmelsberg. In diese Richtung führt uns nun unser Weg vom Kolbenberg hinunter nach Nothweiler. Den Ort mit seinen schönen Fachwerkhäusern durchqueren wir und biegen vor dem Ausgang in Richtung Rumbach rechts in die Straße „Am Mäuerle“ ein, laufen hoch bis zu einem kleinen Stall, wo rechts ein Pfad in den Wald führt. Ab hier geht es parallel zur Kreisstraße, bevor diese gequert wird. Dort verharren wir und staunen: Kennzeichen aus ganz Deutschland schlängeln sich vorbei, aus der Schweiz, den Niederlanden. Der kleine Ort unterhalb der Wegelnburg ist begehrtes Ausflugsziel. Wir laufen auf der anderen Seite des Baches bis ans Ende des Tales, wo es auf dem Radweg an der Wieslauter weitergeht. Zwischen Nothweiler und Niederschlettenbach gab es übrigens noch die Erzgrube „Humberg“; doch daran erinnert heute nichts mehr. Anders verhält es sich mit dem Erzbergwerk Bremmelsberg. Die Stelle, wo sich einst das Mundloch befand, also der Stolleneingang, markiert nun eine Tafel. Sie ist eingelassen in der Mauer des ehemaligen Forsthauses Erzgrube, mittlerweile in Privathand und direkt gelegen an der L 478 am Ende des Tales. In der Nähe steht zudem eine um 1400 erbaute Kapelle, die erst Marienkapelle hieß, später St. Anna-Kapelle – nach der Schutzpatronin der Bergleute. Ab wann in diesem Bereich regelmäßig Erz abgebaut wurde, lässt sich aber kaum fassen. Belege dafür gibt es vor allem für spätere Zeiten. So hält der Niederschlettenbacher Orts-Chronist Albert Nagel fest, dass insbesondere ab 1798 regelmäßig Erz gebrochen wurde – nachdem die Schürferlaubnis durch die nach der Französischen Revolution zuständig gewordene Zentralverwaltung in Straßburg zügig erteilt worden war. Das Werk Bremmelsberg belieferte ebenfalls die Hütte in Schönau: Über 40 Prozent der Beschickung des Hochofens stammten sogar Anfang des 19. Jahrhunderts von dort. Über 7000 Kilogramm Erz verarbeitete der Hochofen damals im Jahr. 1835 erwarb Ludwig Freiherr von Gienanth aus Hochstein das Eisenhüttenwerk und die südpfälzischen Gruben. Doch die Rentabilität des Hüttenwerks, das einst Schmieden sowie Eisenhändler in ganz Deutschland belieferte, sank. Denn die Verhüttung mit Holzkohle, aus Holz heimischer Wälder gewonnen, konnte mit der billigeren Steinkohle immer weniger mithalten. Nach dem Tod Gienanths wurde das Werk verkauft, ging 1883 in Konkurs. Damit war ebenfalls das Ende der Grube Nothweiler besiegelt, die 1883 schloss. Auch bei Niederschlettenbach endete der Bergbau, wenngleich dort später vereinzelt geschürft wurde. 1937 bis Ende 1938 wurde, so hat Heimatforscher Nagel recherchiert, auf Regierungsgeheiß zum letzten Mal geschürft. Doch ohne Erfolg: Die Arbeiter stießen nicht auf eine nennenswerte Erzführung. Bergbau gab es von 1520 bis 1903 auch bei Bobenthal in der Grube Johanna, deren früherer Eingang am Radweg liegt. Dort wurde silberhaltiges Bleierz abgebaut, weswegen sie „Silbergrube“ hieß. Auch hier arbeiteten sie unter schwierigen Bedingungen; vor allem eindringendes Wasser bereitete Probleme. Ein Steinkreuz erinnert an ein Grubenunglück um 1804, bei dem 29 Bergleute starben, vermutlich durch Wassereinbruch. Wir setzen unsere Tour durch die wunderbare Wieslauter-Landschaft fort, laufen durchs idyllische Bobenthal, im Wald auf einem breiten Weg zurück zum Kolbenberg. Oben an der Schutzhütte (Drei Eschen) zweigt links ein Weg ab zum Schaubergwerk. Wir werfen noch einmal einen Blick ins kleine Museum – Erinnerung an sehr harte Zeiten des Broterwerbs. Heute leben in Nothweiler etwa 160 Menschen. Einkommen finden sie etwa beim Forst oder als Pendler „beim Daimler“, wie Heinz Biehler und seine Frau Marion erzählen. Daneben gibt es seit etwa 1920 Fremdenverkehr. Vor allem Sommerfrischler“ aus Ludwigshafen zog es her. Heute kommen sie aus ganz Deutschland; zehn Fremdenverkehrsbetriebe zählt das Statistische Landesamt 2016 für den Ort. Über 170 sind es in der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland, wo der Tourismus mit etwa 50 Millionen Euro Jahresumsatz der prägende Wirtschaftszweig ist.

Bergleute 1938 am Eingang der Niederschlettenbacher Eisenerzgrube, wo die Regierung 1937 bis Ende 1938 nach Erz suchen ließ, jed
Bergleute 1938 am Eingang der Niederschlettenbacher Eisenerzgrube, wo die Regierung 1937 bis Ende 1938 nach Erz suchen ließ, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Es war der letzte Schürfversuch.
Staunen über frühere Bergmannskunst: Im Schaubergwerk Nothweiler wurde auf mehreren Etagen versetzt gearbeitet – rein manuell.
Staunen über frühere Bergmannskunst: Im Schaubergwerk Nothweiler wurde auf mehreren Etagen versetzt gearbeitet – rein manuell.
Im Sommer besuchen heute Touristen das Bergwerk Nothweiler. Im Winter logieren dort bis zu 500 Fledermäuse.
Im Sommer besuchen heute Touristen das Bergwerk Nothweiler. Im Winter logieren dort bis zu 500 Fledermäuse.
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