Rheinpfalz Zur Sache: „Lebhaftes historisches Lesebuch gelungen“

Wie ist es zu dem Drachenfelser Buch gekommen? Im Gespräch mit der RHEINPFALZ schildert Schultz, dass er vor etwa fünf Jahren mit dem Thema begonnen hatte. Über die Chronik von Niederschlettenbach und den Codex Berwartstein stieß er immer wieder auf das Rittergeschlecht der Dürckheimer. Da sein besonderes Interesse schon von jeher der Geschichte der südpfälzischen Burgen in seiner Heimat galt, war es nur noch ein kleiner Schritt, sich mit dem Drachenfels zu befassen. „Zunächst hatte ich keine konkrete Planung und nur zum Thema recherchiert. Aber das hat mich wiederum veranlasst, in die Tiefe zu gehen.“ Er begann nun die Urkunden in diesem Zusammenhang zu sammeln. Jetzt erst kam ihm die Idee, etwas über die Burg und seine Urkunden zu schreiben. Fortan häuften sich nun die Besuche im Landesarchiv Speyer, dem Departementarchiv Straßburg oder dem Fürstlich Leiningenschen Archiv zu Amorbach. Es entwickelten sich Korrespondenzen mit rund 20 weiteren Archiven, beispielsweise in Heidelberg, Basel, Berlin, Innsbruck, Wien oder München. „Am Ende hatte ich so viel Material, dass ein umfangreiches Buch zusammenkam.“ Das Manuskript hatte er schließlich 2017 fertig. Im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Stiftung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung in Neustadt, Professor Pirmin Spieß, habe sich ergeben, dass die Stiftung an einer Veröffentlichung interessiert war. „Eigentlich wollte ich nur über die Geschichte der Burg und Herrschaft schreiben. Aber da waren so viele Urkunden beisammen, dass ich mich entschloss, diese in Form von letztlich 459 Regesten dem Text beizufügen.“ Die 24 wichtigsten Urkunden hat er im Volltext angehängt. Schultz: „Viele davon sind bisher unveröffentlicht und werden jetzt erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“. Der Autor nennt spontan ein halbes Dutzend Besonderheiten seines Buches. Da sei zunächst die Gründung der sogenannten „Heilig-Geist-Gesellschaft“ auf dem Drachenfels im Jahr 1463, deren Mitglieder als Erkennungszeichen ein Medaillon mit einer Taube am Hals trugen. „Ein typisches Synonym für die Ritterzeit“, findet Schultz. Das bedeutendste Mitglied dieses Bundes war der König und spätere Kaiser Maximilian I. höchstpersönlich. In dieser Funktion war ihm jedoch keine Mitgliedschaft möglich. Weil Maximilian jedoch unbedingt Bundesgenosse werden wollte, beantragte er dies als „Landgraf des Unterelsass“, der er ja tatsächlich war, und hatte Erfolg. „Es ist schon eine Seltenheit, dass ein König Gemeiner einer Burg und hier des Drachenfels war“, sagt Schultz. „Interessant auch, dass der Herrscher in der Folge den bestehenden Burgfriedensbrief, den jeder Genosse beschwören musste, korrigierte und ergänzte und seinen eigenen Vorstellungen anpasste.“ Eine weitere Drachenfelser Besonderheit sei, dass der berühmte Ritter Franz von Sickingen seit 1510 zu den Gemeinern der Burg zählte. Durch einen Zufall hat Schultz bei der Recherche im Landesarchiv in Speyer mehrere Briefe des Ritters aus dem Jahr 1517 in einer Akte des Reichskammergerichts gefunden. Es handelt sich um zwölf Briefe, die sich auf die Wormser Fehde beziehen. Die waren bisher selbst bei Historikern nicht bekannt und sind jetzt im Drachenfelser Buch erstmals abgedruckt. Spannend liest sich auch der authentische Bericht über die Zerstörung der Burg Drachenfels wegen des Sickingers im Jahr 1523, ausgeführt durch die drei Kriegsfürsten aus Pfalz, Trier und Hessen. Seitdem liegt die Burg in Ruinen. Viel Mühe hat sich der Autor mit dem Erstellen des ausführlichen Namens- und Ortsregisters gemacht. Der Leser wird es ihm danken, denn es ermöglicht eine schnelle Suche. „Wolfgang Schultz hat mit seinen Forschungen eine beinahe flächendeckende Geschichte der Südpfalz vorgelegt. Es ist ihm gelungen, zu allen Ereignissen ein lebhaftes historisches Lesebuch der Öffentlichkeit zu präsentieren“, resümiert Herausgeber Pirmin Spieß.

x