Rheinpfalz „Werk, das alle Führungskräfte kennen“

ROCKENHAUSEN. „Wir haben es geschafft, uns innerhalb des Unternehmens einen so guten Namen zu erarbeiten, dass wir für bestimmte Dinge gesetzt sind.“ Das hat Martin Queck, Plant Manager des Autozulieferers Adient (ehemals Johnson Controls/ Keiper), beim Wirtschaftsstammtisch der Stadt Rockenhausen gesagt. Die Botschaft, die er und Vice President IT Michael Tschoepke vermitteln wollten, war eindeutig: Um die Zukunft des Werkes Rockenhausen muss einem nicht bange sein. Das bedeute aber nicht, so Queck , „dass wir uns ausruhen dürfen. Wir müssen intensiv weiterarbeiten.“

Ende 2010 der Verkauf von Keiper an den US-Konzern Johnson Controls, im vergangenen Jahr die Ausgliederung der kompletten Automotive-Sparte und Überführung in das börsennotierte Unternehmen Adient: Hinter dem Hersteller von Sitzkomponenten und -strukturen liegen turbulente Jahre – was nicht nur an den wechselnden Firmennamen, sondern beispielsweise auch an den Funktionsbezeichnungen abzulesen ist: War Martin Queck einst bei Keiper einfach Werkleiter, so lautet sein Titel nun „Plant Manager Plant Rockenhausen“. Tschoepke wiederum darf sich „Vice President IT Plant Operations“ nennen – er ist für die IT-Systeme in den weltweit rund 150 Adient-Werken zuständig. Am Kern dessen, was auf dem rund 54.000 Quadratmeter großen Gelände produziert wird, hat sich indes nur wenig geändert: in erster Linie Metallteile für Autositze – allen voran Lehneneinsteller –, teils noch das komplette Metallgerüst, Sitzstruktur genannt. Zwei Begriffe sind immer wieder gefallen: Knowhow und Kompetenz. Beides, so Queck, sei über Jahre in der Nordpfalz gewachsen und lasse sich nicht so einfach an anderen Standorten kopieren. Auch nicht in China, wo Adient mit einheimischen Partnern 17 Joint Ventures unterhält. „Wir unterstützen das, weil es darum geht, dass wir als Unternehmen erfolgreich sind. Wir müssen uns aber weiter anstrengen, damit wir unseren Vorsprung behalten.“ Davon ist Tschoepke überzeugt: „Man kann nicht verhindern, dass auch Wissen abfließt. Aber wir haben immer wieder gezeigt, dass wir in der Lage sind, unser Können hochzuhalten, Wachstum zu haben.“ Beide sind zuversichtlich, dass Adient rosige Jahre bevorstehen. Zum einen, weil „wir uns aus einem sehr gesunden Unternehmen ausgegründet haben“, so Tschoepke (siehe „Zur Sache“). Zum anderen gibt es eine Reihe von werkimmanenten Ursachen, die dem Standort Rockenhausen innerhalb des Unternehmens mit einem Jahresumsatz von (inklusive Joint-Ventures-Anteilen) 23 Milliarden US-Dollar eine hervorgehobene Stellung verschaffen. Allen voran gilt das für das Prunkstück der Keiper-Produktion: den Taumel. 1996 ging in Rockenhausen der erste standardisierte Lehneneinsteller vom Band. Eine „Riesen-Idee“ nannte Queck die Entwicklung des „Recliners“, so der Fachbegriff, der in alle Fahrzeugtypen passt. „Sie finden den Taumel 2000 genauso im Fiat 500 wie im Maybach“, so Queck. Bis dato sind über 700 Millionen dieser Standardmodule produziert worden; von der Nachfolge-Generation Taumel und Lever 3000 sind es schon über zehn Millionen. „Wir sind das führende Werk für Lehneneinsteller weltweit, alle Neuentwicklungen laufen über unseren Standort“, sagte Queck stolz. Kein Wunder, dass die „Recliner“ innerhalb des Unternehmens für die nächsten Jahre gesetzt sind. Doch das Nordpfälzer Werk konnte sich mit einem weiteren Produkt durchsetzen: den Sitzschienen. Für das Profil „Track 2000“ wird in Rockenhausen gerade eine neue Großpresse aufgebaut – bis Oktober soll das Monstrum mit 1600 Tonnen Presskraft laufen. Queck: „In den vergangenen drei Jahren wurde im Werk jeweils ein zweistelliger Millionen-Betrag investiert – das wird die nächsten Jahre so weiter gehen.“ Den Standort auf Sitzkomponenten zu reduzieren, greift aber zu kurz. Es sei eine Kompetenz-Kette vom Werkzeug-Bau über die Produktion, Stanzerei und Wärmebehandlung bis hin zur Montage entstanden – „das ist unser entscheidender Vorteil, um Produkte in solch hoher Qualität herzustellen“. So ist Rockenhausen Kompetenzcenter für das Schneiden von Feinschneidteilen, die für Lehneneinsteller benötigt werden. Weltweit führend ist man auch bei Härteprozessen beziehungsweise der Wärmebehandlung. In einer Hinsicht sei aber auch die Tendenz in Rockenhausen rückläufig: bei der Anzahl der Mitarbeiter. Waren einst über 2000 Personen beschäftigt, sind es jetzt 1497. Queck betonte, dass die Entwicklung nicht vom Eigentümer-Wechsel rührt, sondern „uns schon seit zehn, 15 Jahre beschäftigt“. Es habe sich gezeigt, dass die Produktion von Sitzstrukturen wegen hoher Personalkosten in Deutschland nicht zu realisieren ist. Folge: Die Montage ist zusehends gen Osten gewandert. In der Nordpfalz werden noch Strukturen für A- und B-Klasse von Daimler gefertigt – „aber das läuft aus“, so Queck. Umgekehrt werden für die Herstellung der Komponenten in Rockenhausen weniger Mitarbeiter benötigt – die müssen aber qualifiziert sein. Die oft gerühmte Lehrwerkstatt kommt da ins Spiel: 1267 Azubis sind seit 1964 ausgebildet worden. Viele bleiben dem Unternehmen über Jahrzehnte treu. „Ein großer Vorteil, den wir gegenüber Ballungszentren haben, wo die Fluktuation viel höher ist“, so Queck. Gerade die Amerikaner zeigten sich nach Besuchen der Lehrwerkstatt begeistert, „so etwas kennt man dort nicht.“ Den Herausforderungen der Zukunft – Stichworte sind etwa Industrie 4.0 oder das automatisierte Fahren – sieht Queck optimistisch entgegen: „Wir haben so gute Voraussetzungen bei uns, dass wir uns auch in den nächsten Jahren mit unseren Produkten am Markt behaupten werden.“ Tschoepke ergänzte: „Rockenhausen ist das eine unter den 150 Werken, das alle Führungskräfte kennen.“ Der unausgesprochene Zusatz: Und das soll auch so bleiben. |kra

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