Rheinpfalz Wenn aus Gärten Bauland werden soll

Zwischen Fürther- und Dörrenbacher Straße will die Gemeinde ein Neubaugebiet ausweisen.
Zwischen Fürther- und Dörrenbacher Straße will die Gemeinde ein Neubaugebiet ausweisen.

Bauplätze sind begehrt in der 2000-Einwohner-Gemeinde Breitenbach. Idyllisch gelegen im Karree Fürther und Dörrenbacher Straße, Birken- und Eichenweg soll daher das Neubaugebiet „Am Greisling“ entstehen. Auch der Landesvorgabe „Innen- statt Außenentwicklung“ würde die Gemeinde damit nachkommen. Klingt gut – bis dahin. Doch das war’s auch schon mit dem Frieden: Einige Anwohner fühlen sich übergangen, sprechen gar von Zwangsenteignung.

Viel weiter könnten die Sichtweisen kaum auseinander liegen. Es könne doch nicht sein, dass man gezwungen werde, wertloses Land kostengünstig an die Gemeinde abzutreten, und dafür im Gegenzug das Recht zu erhalten, teures Bauland zurückzukaufen, bei dem man sich auch noch an den Erschließungskosten beteiligen müsse, befindet etwa Manfred Matt. Nein, das gehe natürlich nicht, und so sei es ja auch nicht, hält Ortsbürgermeister Jürgen Knapp dagegen. Er geht vielmehr davon aus, dass die Grundstückseigentümer einen guten Schnitt machen bei der Umwandlung ihrer bisherigen Gärten in Bauland. Es laufe alles nach einem festgelegten Verfahren ab: „Wenn der Bebauungsplan in Kraft gesetzt wird, wird ein Umlegungsausschuss gebildet.“ Alles laufe nach Recht und Gesetz, betont Knapp, und dieses Vorgehen sei mitunter kein Einzelfall. „Die Planungshoheit liegt laut Baugesetzbuch bei der Ortsgemeinde, das ist ein ganz normales Bebauungsplanverfahren.“ Das bestätigt Helga Munzinger, die bei der Verbandsgemeindeverwaltung Oberes Glantal mit dem Fall betraut ist. Laut Landesverordnung wird zu solchen Zwecken ein fünfköpfiger Umlegungsausschuss gebildet, dem – im Falle Breitenbach – ein Vertreter des Kuseler Katasteramts vorsteht. Denn die neuen Bauplätze sind natürlich anders zugeschnitten als die bisherigen Grundstücke, es muss umgerechnet werden. Und tatsächlich verlieren die Eigentümer einiges an Quadratmetern: Für Verkehrs- und andere öffentliche Flächen müssen sie mit einem Abzug von in der Regel rund 30 Prozent rechnen (siehe „Zur Sache“). Für Manfred Matt und seine Frau Petra sowie Roswitha Müller und Jörg Follmar geht es aber in erster Linie gar nicht ums Geld, wie sie unterstreichen – eher um Lebensqualität. Auf den Grundstücken zwischen ihren Häusern in Birkenweg und Fürther Straße haben sie sich wahre Oasen geschaffen. Statt der rund 2500 Quadratmeter Grünzug mit Obstbäumen, Beeten und Grillstelle wird der Blick von den Terrassen aber bald auf weitere Gebäude sowie eine neue Straße fallen, fürchten sie. Alleine Müller und Follmar würden rund 1500 Quadratmeter verlieren. Dabei habe der frühere Ortsbürgermeister Willibald Weyrich (von 1976 bis 1988) doch zugesagt, „dass dort niemals zugebaut wird“, unterstreicht Jürgen Müller, der ebenfalls in der Fürther Straße wohnt. Nun aber habe der jetzige Ortsbürgermeister bereits Zusagen an Bauwillige gegeben. Bauanfragen gebe es eine ganze Menge, berichtet Jürgen Knapp – von außerhalb wie auch aus der eigenen Bevölkerung. „Breitenbach ist ein begehrter Wohnort, und wir haben seit 20 Jahren nichts mehr ausgewiesen.“ Vom Land Rheinland-Pfalz gebe es die unmissverständliche Vorgabe an Ortsgemeinden, Innenreserven zu nutzen, statt am Ortsrand zu bauen. Das bestätigt Verwaltungsmitarbeiterin Helga Munzinger: Bei der Vorgabe laut Baugesetzbuch gehe es nicht nur darum, dass Innenentwicklung kostengünstiger sei, sondern auch um die Themen Leerstandsproblematik und Verödung im Ort. Im zuletzt 2016 geänderten Flächennutzungsplan sei die Grüne Lunge jedenfalls als mögliches Bauland ausgewiesen, erläutert Munzinger. Der Ortsgemeinderat müsse in einem solchen Fall abwägen, welches Interesse er als wichtiger erachtet: das öffentliche nach Schaffung von Bauplätzen oder das private der Grundstückseigentümer. Den von den Anwohnern ins Spiel gebrachten Ausdruck „Zwangsenteignung“ will sie nicht stehen lassen: Umlegungsverfahren – und damit verbundene Streitigkeiten – „kommen immer wieder mal vor“. Knapp sagt: „Ich habe ja ein Stück weit Verständnis. Sie wollen den Status quo erhalten, und da ärgern sie sich natürlich.“ Er stellt aber seine Position klar: „Wir müssen dort erschließen, weil wir nach außen hin nicht dürfen.“ Im Dezember hat der Werksausschuss der Verbandsgemeinde beschlossen, den Auftrag zur Erstellung eines Entwässerungskonzepts „Am Greisling“ an das Ingenieur-Büro Obermeyer zu vergeben.

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