Kultur Südpfalz Von der großen Kunst der Formulierung

Viele werden es nicht sein, die mit dem Namen Lutz Knecht etwas anzufangen wissen. Aber einige mehr sind es auf jeden Fall geworden, nachdem der Verein für Volksbildung und Jugendpflege zusammen mit der Verbandsgemeinde Landau-Land eine sonntägliche Lese-Matinee veranstaltet hat, die sich mit Leben und Werk des Romanschriftstellers der zwanziger und dreißiger Jahre befasste.

Allein schon im Garten der Villa Ufer in der noch wenig wagemutigen Morgensonne zu sitzen ist ein kleiner Genuss; zum Erlebnis gesteigert wurde er durch das Vorlese-Quartett mit seiner feinsinnig angelegten Neu-Erweckung von Texten aus Romanen des gebürtigen Pirmasensers aus dem Jahrgang 1893, der, wie für dort selbstverständlich, zunächst eine Lehre in der Schuhfabrik antrat, dann am Ersten Weltkrieg teilnahm, in München studierte, Schauspieler in Ulm wurde und sich danach als freier Schriftsteller in Wien niederließ. 1928 fand er Anstellung bei den Elektrizitätswerken in Berlin und begann dort auch seine Romane zu schreiben. Vier sollten es werden, und alle sind nach Auskunft der Vereinsvorsitzenden Erica Risch antiquarisch noch verfügbar. Auf ihn gestoßen ist der Verein durch einen Hinweis des führenden pfälzischen Literaturkundigen und Schriftstellers Wolfgang Diehl. Mit der Veranstaltung ist dem Verein der Aufbau eines realistischen Lebensbilds gelungen, obwohl dessen Grundgerüst sich hauptsächlich nur auf Vermutungen und Anhaltspunkte stützen konnte, die sich aus den vielfach autobiografisch unterbauten Erlebnissen der Romangestalten ergaben als Ab- oder gar Ebenbilder des zweiten Ichs von Lutz Knecht. Denn von seinem eigenen Leben weiß man gesichert nur wenig. Allenfalls kann man aus der Gestalt des Karl Eschweiler, der von seinem Zeichenlehrer aus der handwerklichen Alltagsarbeit heraus in das musische Leben des Malers gelenkt wird, etwas erahnen vom eigenen künstlerischen Werdegang des Autors und aus Knechts anderen Figuren einiges auch von dessen mutmaßlichem Gefühlsleben. Seine Texte lassen einen Literaten von großer Formulierungskunst erkennen. Sie stehen sprachlich auf einer Stufe mit den Arbeiten von manchem in der literarischen Wertschätzung Höherstehenden; man wundert sich darum, weshalb Knecht nicht einen weiterreichenden schriftstellerischen Ruf erwarb und halten konnte. Umso verdienstvoller erscheint daher das Bestreben des Vereins, Knechts fast versunkenes Werk vor dem Abgleiten in das gänzliche Vergessen zu bewahren. Kräftig mitgewirkt daran haben in der Morgenstunde Elisabeth Morawietz, Sigrid Weyers, Martin Heide und Michael Letzel als wortgetreue Deuter; Letzel auch als stimmungsnaher musikalischer Begleiter am Akkordeon mit melancholischen Moll-Melodien aus ostjüdischem Hintergrund. Risch war es, die die Stationen des Lebenslaufs Knechts stufenweise einfügte in die Zeugnisse seines Werks. Trotz aller Schleier entstand so ein mehr als skizzenhaftes Abbild, das dem lauschenden Besucher eine plausible Vorstellung des Schriftstellers Lutz Knecht vermittelte. (hd)

x