Landau Stimmung machen ohne Publikum

Paul Reinig kurz vor der Aufzeichnung.
Paul Reinig kurz vor der Aufzeichnung.

Bücher und Kleidung kann man wieder kaufen. Die Kultur hat allerdings weiterhin Sendepause. Mit schweren finanziellen Folgen für die Künstler. Abhilfe sollen innovative Konzepte schaffen – so auch die Streamingkonzerte aus der Festhalle. Die Zwischenbilanz fällt recht positiv aus.

„Der Landau Livestream wurde von der städtischen Kulturabteilung und der Stadtholding Landau in der Pfalz GmbH ins Leben gerufen, um die regionale Kulturszene in der aktuellen Corona-Krise zu unterstützen“, heißt es in einer Presseerklärung der Stadt. In der Praxis sieht das unter anderem so aus, dass die beiden Institutionen Bands und Musikern ermöglichen, in der Landauer Festhalle immer dienstags, donnerstags und samstags jeweils ab 19 Uhr gegen eine Aufwandsentschädigung Konzerte ohne Zuschauer zu spielen, die direkt ins Internet übertragen und so von Interessierten von zu Hause aus mitverfolgt werden können.

Inzwischen haben bereits sieben solcher Gigs stattgefunden. Nach Worten der Leiterin der Kulturabteilung, Sabine Haas, ist die bisherige Resonanz darauf als äußerst positiv zu bewerten, was mehr als 20.000 Zugriffe eindrucksvoll bestätigen würden. Am Mittwoch stand die pfälzische Folk-Band Reinig, Braun und Böhm auf der Festhallenbühne. Auf Nachfrage sind sich deren Sänger und Gitarrist Peter Braun sowie Sabine Haas einig: Die Livestream-Konzerte sind für die Stadt auf der einen und die Musiker auf der anderen Seite absolutes Neuland. „Wir sammeln ständig frische Erfahrungen und verarbeiten diese, um die jeweils nächste Übertragung noch einen Tick besser als die vorherige präsentieren zu können“, so Haas.

Neuland für die Künstler

„Ich war persönlich vor Ort und muss sagen, es ist schon sehr ungewohnt, einem Konzert beizuwohnen, bei dem keine Zuschauer dabei sind“, erzählt sie, „außer den Künstlern ist ja nur die notwendige Handvoll Techniker anwesend. Denen macht es aber spürbar sehr viel Spaß, endlich wieder Gelegenheit zu haben, am Mischpult zu stehen und die Halle mit Licht und Ton auszufüllen.“ Natürlich ist es aber auch für diese Spezialisten eine außergewöhnliche Situation, mit der sie erst umzugehen lernen müssen. Schließlich sind sie jetzt auch dafür verantwortlich, alles in Szene zu setzen und ins Netz zu stellen. Eine Herausforderung, die neu für sie ist, der sie sich bis jetzt aber vollkommen gewachsen zeigen.

Außerdem haben die Männer hinter den Reglern eine zusätzliche Funktion übernommen, für die ihnen besonders die auftretenden Musiker sehr dankbar sind. Peter Braun: „Für mich und meine Kollegen Paul Reinig und Rüdiger Böhm war es in unserer langen Karriere das erste Mal, dass wir ein ,Geisterkonzert’ gespielt haben. Darum haben wir uns vorher Gedanken gemacht, wie man sich am besten verhält, wenn nach einem Song plötzlich Totenstille statt des gewohnten Beifalls vorherrscht. Doch siehe da, als wir unser erstes Stück ,Schnawwelhelzer’ gespielt hatten, klatschte das gesamte Technik-Team Beifall. Das wiederholte sich während des gesamten Abends. Für uns war das großartig und hilfreich, denn nun konnten wir das 50-minütige Set so spielen, als wäre es ein ganz normales Programm und die Halle bis auf den letzten Platz besetzt.“

Schweigen oder munter plappern?

Anders als sonst fanden sich Reinig, Braun und Böhm bei ihrem Gig diesmal allerdings nicht auf der Bühne, sondern auf einer Fläche davor wieder: „Die ganze Bühne war mit technischem Equipment belagert, Lampen und Kameras, Mischpulte und so weiter. Für uns hatte man einen Platz im Zuschauerraum hergerichtet, der, entsprechend ausgeleuchtet und mit zwei Monitoren im Hintergrund, auf denen das Logo unserer aktuellen CD ,Neun Lieder’ zu sehen war, ausreichend Atmosphäre bot“, erklärt Peter Braun. Für ihn selbst sei es eine ganz besondere Herausforderung gewesen, die Pausen zwischen den einzelnen Songs zu überbrücken. „Wir haben zwar schon TV-Erfahrung, aber diese Nummer hier ist doch eine ganz andere. In einer üblichen Fernsehsendung wird dein Auftritt an- und später abmoderiert, dann bist du vom Bildschirm verschwunden. Hier aber waren wir ständig sichtbar. Auch das kennen wir natürlich von unseren Konzerten, aber da ist halt Kontakt mit dem Publikum vorhanden, und man kann sich die Bälle gegenseitig zuspielen. Beim Livestream fehlt diese Interaktion leider. Also bleiben dir nur zwei Möglichkeiten: Entweder du hüllst dich in Schweigen oder du plapperst munter drauf los, was logischerweise sinnvoller, aber nicht ganz so einfach ist, wie man sich das landläufig vorstellt.“

Trotz aller Widrigkeiten ist Braun von der Aktion begeistert. „Rüdiger, Paul und ich würden sofort wieder mitmachen, wenn das möglich wäre. Für uns hat die Sache nämlich noch einen weiteren Reiz. Wir sind inzwischen ja auch schon im fortgeschrittenen Alter angekommen. Mit dem Streamingkonzert hoffen wir, nun auch Zuschauer der jüngeren Generation erreicht zu haben, die dann später auch mal zu einem konventionellen Konzert zu uns kommen, wenn das wieder möglich ist.“

Info

Landau Livestreaming ist kostenlos auf dem städtischen Facebook-Account „Stadt Landau in der Pfalz“ und dem städtischen Youtube-Kanal „Stadt Landau in der Pfalz“ zu sehen. Zur Unterstützung der Landauer Kulturszene werden Unterstützertickets angeboten, deren Erlös in einen „Landau Livestream“-Fonds mündet, der den Künstlern zugutekommt. Diese gibt es unter www.ticket-regional.de/landau-livestream. Das nächste Konzert findet am Samstag, 25. April, um 19 Uhr statt, diesmal mit der Pierre Lenhard Band aus Lustadt.

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