Rheinpfalz Störrische Leibwächter auf vier Beinen

Noch wurde er zwar nicht in der Region um Kaiserslautern gesehen, aber die Frankensteiner sorgen für den Fall vor, dass sich der Wolf weiter ausbreitet. Denn er könnte zur Gefahr für die Ziegen werden, die das Diemersteiner Tal beweiden. Die Schutzmaßnahme, die die Frankensteiner einsetzen wollen, scheint ungewöhnlich: Esel sollen als Leibwächter der Herde fungieren. Denn die störrischen Tiere haben ungeahnte Fähigkeiten.

Im Norden und Osten Deutschlands sind schon etliche Wolfsrudel nachgewiesen, bei uns ist der „Canis Lupus“ noch nicht heimisch. Als im September aber bei Pirmasens ein Wolf nachgewiesen wurde, wurden nicht nur die Naturschützer hellhörig, die sich über die Rückkehr des in Deutschland fast ausgerotteten Tieres in den Pfälzerwald freuen. Auch Halter von Schafen und Ziegen machten sich Sorgen um ihre Tiere. Bei der Beweidungszunft in Frankenstein, einer elfköpfigen Gesellschaft Bürgerlichen Rechts, kam die Frage auf, wie man die Ziegen schützen kann, berichtet Heinrich Eichert, Ortsbeigeordneter und Zunftmitglied, ebenso wie Ortsbürgermeister Eckhard Vogel. „Die Idee, Esel zum Schutz einzusetzen, hatte Herr Vogel schon vor rund einem Jahr“, erzählt dessen Stellvertreter. Als nun der Wolf bei Pirmasens auftauchte, sei daraus ein fester Plan geworden. „Der Esel ist kein Fluchttier“, nennt Eichert eine der Hauptqualifikationen für den tierischen Job. Um sich einen Eindruck vom Alltag zu verschaffen, haben die Frankensteiner laut Eichert eine Exkursion nach Gräfenhausen bei Annweiler zu einer Ziegen- und Rinderherde gemacht, die von Eseln bewacht wird. Zwei Esel sollen im Frühjahr Einzug ins Tal halten. „Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest.“ Dass die Esel Geld kosten, ist den Zunftmitgliedern bewusst. In Richtung der TU Kaiserslautern, der das Gelände gehört, winkt Eichert mit dem Zaunpfahl: „Vielleicht gibt sie ja etwas Geld hinzu...“ Rund 500 bis 600 Euro koste ein solches Grautier in der Anschaffung. Dass der Esel als Begleiter von Schaf- und Ziegenherde keine Neuheit ist, betont Rainer Wulf, in der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz zuständig für Schaf- und Ziegenzucht. „Schon vor Jahrhunderten waren Esel bei den Herden stets dabei“, schildert er, „Hunde wurden bei der Nachtpferche abgelegt.“ Bis nach dem Krieg habe sich diese Tradition gehalten, „in Mittel- und Süddeutschland, wo große Schaf- und Ziegenherden lebten“. Der Wolf wurde jedoch bereits vor rund 150 Jahren aus Deutschland vertrieben und komme erst seit 20 bis 25 Jahren wieder aus dem Osten ins Land, erläutert Wulf, der dem Lastentier durchaus gute Leibwächter-Eigenschaften zuspricht. „Der Esel ist kein Fluchttier, im Gegensatz zum Pferd.“ Was ihm oft vorgehalten wird, ist hier seine Stärke: „Er ist störrisch und bleibt vor dem Angreifer stehen. Dazu kann er mit seiner extremen Stimme sehr laute, eindringliche Schreie ausstoßen. Und wenn es sein muss, schlägt er aus.“ Wie sich die Eselhaltung in der Praxis bewährt, könne Wulf jedoch mangels Erfahrung nicht sagen. Auch Schäfer aus dem Norden Deutschlands, die störrische Bodyguards im Einsatz haben, können noch nicht verlässlich berichten, wie sicher der Schutz ist. Denn Wolfsattacken stehen nicht auf der Tagesordnung. „Prävention und Abwehr sind gegeben, aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht“, resümiert denn auch Wulf. Im Vergleich zu Herdenschutzhunden – die nachts bei der Herde sind, während Hütehunde tagsüber mitlaufen – haben Esel den Vorteil, dass sie rund um die Uhr Dienst tun. So können theoretisch zwei Esel vier Hunde ersetzen, die ebenso als Paar gehalten werden sollten, empfehlen die Fachleute. Zudem seien Esel bei der Nahrung weitaus genügsamer als Hunde: Sie fressen das weg, was die Ziegen übrig lassen, wie Schäfer Michael Ruppert aus der Nähe von Hauenstein berichtet. (gzi)

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