Rheinpfalz Sieben Anläufe im Spezialschlitten

SOTSCHI (sid/dpa). Andrea Eskau ist die älteste deutsche Athletin bei den Paralympics, die gestern in Sotschi eröffnet worden sind. Und sie kann die erfolgreichste werden - mit Formel-1-Wissen in ihrem Schlitten.

Know-how aus der Königsklasse des Motorsports, Video-Analysen, Höhenkammer und keine Angst vor Wladimir Putin: Andrea Eskau will durchstarten und einen Traum wahr werden lassen. Der Oldie des deutschen Teams hat beste Chancen, zum Goldie zu werden, und kann im Biathlon und im Langlauf bis zu sieben Medaillen gewinnen.

Die größte Belohnung wird im Ziel auf sie warten. ”Wenn ich gewinne, werde ich Miri knuddeln und knutschen”, sagte Eskau, die ihre Lebensgefährtin zur Unterstützung mitgebracht hat, dem ”Focus”: ”Da ist mir ziemlich wurscht, was Präsident Wladimir Putin darüber denkt.” Die 42-Jährige will nicht provozieren, aber ihre Liebe zu einer Frau will sie auch in Russland nicht verstecken.

Andrea Eskau ist seit einem Radunfall 1998 querschnittgelähmt. Nach ersten Versuchen beim Rollstuhl-Basketball entdeckte die neunmalige Weltmeisterin ihre Liebe zum Handbike und fährt der Konkurrenz nahezu regelmäßig davon. 2011 fuhr sie in Hamburg in 1:04:09 Stunden Marathon-Weltrekord.

Und damit es mit dem ersehnten ersten Winter-Gold auch klappt, hat Eskau im Vorfeld der Spiele nichts dem Zufall überlassen. Ihren Schlitten hat sich die Diplom-Psychologin, die seit einem Fahrradunfall querschnittsgelähmt ist, von den ehemaligen Formel-1-Experten von Toyota in Köln fertigen lassen. ”Sie werden kein ähnliches Modell finden”, sagte die fünfmalige Weltmeisterin mit dem Ski-Schlitten. Die schwarze Sitzschale ist exakt an ihre Figur angepasst. ”Hier ist kein Millimeter mehr Platz”, erzählt sie und zeigt dabei auf ihre Hüfte und den Rand des Sitzes. Im Inneren ist das Gefährt mit Schaum ausgefüllt, der auf ihren Körper zugeschnitten ist. Weil sie ihren Oberkörper nicht drehen kann, muss sie sich im Biathlon mit dem Schlitten seitlich hinlegen, um die richtige Schießposition zu finden. ”Ich brauche immer ein bisschen länger, bis ich liege, um dann einen guten Rhythmus schießen zu können”, erklärte Andrea Eskau und fügte an: ”Es gibt andere Athleten, die können schneller schießen. Die fallen nur um, Waffe und peng, peng.”

In Videoanalysen verbesserte sie ihre Stocktechnik, an ihrer Ausdauer arbeitete sie beim Training in einer Höhenkammer, in der Lagerhalle eines Freundes verbrachte sie unzählige Stunden beim Schießtraining.

”Ich will mir hinterher nicht vorwerfen müssen, nicht alles gegeben zu haben für mein Ziel”, sagte Eskau, die eine von 14 Athleten in Sotschi ist, die auch schon bei Sommer-Paralympics gestartet sind. In Peking und London holte die Thüringerin, die in Bergheim nahe Köln lebt und für den USC Magdeburg startet, dreimal Gold mit dem Handbike. Nun sollen die Erfolge auch im Schnee bei der zweiten Teilnahme der Winterspiele her. ”Wenn ich alles reingehauen habe, aber eine andere ist besser, kann ich damit auch leben”, versicherte sie.

Heute ist Eskau als eine der Favoritinnen über sechs Kilometer im Biathlon am Start.

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