Rheinpfalz „Schiffe versenken“ mit Tumoren

«Mannheim.» Treffer! Versenkt! Krebs-Tumore zu orten und zu zerstören, soll an der Universitätsklinik Mannheim viel leichter werden. Mit „Schiffe versenken“, dem Spiel, mit dem sich viele Schüler unter der Bank in langweiligen Unterrichtsstunden vergnügen, vergleicht Frank Giordano die Diagnose und Behandlung der gefürchteten Krankheit. Er ist derzeit Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. In einem großen, hell erleuchteten Raum, der Untersuchungs- und Operationssaal zugleich ist, soll das möglich werden. Im Fachjargon der Mediziner heißt der Ort interventionelle Magnetresonanz-Hybrid-Suite, angeblich die erste in Deutschland. Die Ärzte sollen Prostatakrebs-Tumore und Metastasen anderer Krebs-Krankheiten viel genauer als vorher finden und behandeln können. Diagnose und Therapie von Krebs sollen in der Suite, die die Universitätsklinik gemeinsam mit Siemens Healthineers entwickelte, treffsicherer, schonender, schneller, effektiver und wirtschaftlicher werden. Einzelne Teile der Therapie sind bereits in Betrieb. Wahrscheinlich Ende Mai werden sie im Kampf gegen Krebs zum ersten Mal zusammenspielen. Mit einem Pfeil in der Mitte einer Dartscheibe macht Jost von Hardenberg, Oberarzt in der Urologie, die Treffsicherheit der neuen Einheit bei einem Symposium im holzgetäfelten ehrwürdigen alten Hörsaal im Haus sechs der Uniklinik deutlich. An die Brücke eines Raumschiffs dagegen erinnert der High-Tech-Saal in Haus 32. Durch den längsten Krankenhausgang Europas führen die Professoren Ulrike Attenberger und Stefan Schönberg interessierte Ärzte und Besucher. So weite Wege müssen die Patienten in der neuen Einheit nicht mehr zurücklegen. „Einen intubierten Patienten bewegen zu müssen, ist der Albtraum eines jeden Anästhesisten“, erklärt Ulrike Attenberger, stellvertretende Direktorin des Instituts für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin. Wie der Flügel eines Flugzeugs, besonders stabil und dabei leicht, ist die Platte konstruiert, auf der die Ärzte die Patienten zukünftig von einem Apparat zum anderen transportieren können, ohne dass sie sie umbetten müssen. „So etwas gibt es nur hier“, meint Attenberger zu dem milchig grauen, halb durchsichtigen schmalen Stück, das Röntgen- und Magnetresonanzen durchlässt. Die Kosten für die Platte kann keiner nennen. Der Preis der Tür dagegen, die sich zwischen Röntgen-und OP-Einheit und der Röhre des Magnet-Resonanz-Geräts befindet und absolut keine Strahlen durchlassen soll, liegt bei 80.000 Euro. Insgesamt 3,6 Millionen hat der Raum gekostet, finanziert von Klinik und Stadt. Patienten, Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft gleichzeitig im Blick zu haben, passe zur Strategie der Stadt Mannheim, meint Bürgermeisterin Ulrike Freundlieb (SPD). „Eins plus eins macht drei“, rechnet Schönberg vor. Das Beste aus drei Welten, CT, Abkürzung für Computertomographie, MRT und Biopsie, also Probenentnahme, sei in der neuen Suite vereint. Mit neuesten Erkenntnissen aus Physik, Radiochemie, Robotik und Medizin geht es fächerübergreifend in den Kampf gegen Krebs. Seeds, auf Deutsch Samen, wollen Strahlentherapeuten, Urologen und Anästhesisten gemeinsam als Erstes in einer Studie kranken Männern in die Prostata einsetzen. Radioaktive Strahlen können so die Tumore von innen vernichten. Im MRT vermessen die Ärzte die Tumore exakt, im benachbarten Eingriffsraum pflanzen sie mit Hilfe des Röntgengeräts die Samen genau in die Mitte des bösartigen Geschwürs. Ob sie richtig sitzen, kann man im MRT noch einmal kontrollieren. In Zukunft wollen die Ärzte Lebertumore mit Hitze zerstören oder in der Gebärmutter von Frauen mit Myomen die Arterien, die zu den Geschwulsten führen, verstopfen.

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