Rheinpfalz Riskante Flugmanöver

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Immer alleine und nicht zu lange hüpfen – wer das beherzigt, hat sein Verletzungsrisiko schon verringert.

Trampolinspringen ist ganz groß in Mode. In etwa jedem zweiten Garten steht ein Sprunggerät. Das Hüpfen stärkt Gleichgewichtssinn, Muskulatur und Kreislauf – bei Kindern und Erwachsenen. Doch wer sich nicht an die Regeln hält, kann sich bei Sturz oder Zusammenprall schwer verletzen.

Sie sind rund und bunt, meist gesichert durch schwarze Netze: In manchen Siedlungen gibt es kaum noch einen Garten ohne Trampolin. So wie einst Sandkästen gehören heute große Sprunggeräte zum Bild eines trauten Familienheims. In der Tat können sich Kinder mit der Hüpferei stundenlang beschäftigen. Doch während sich Eltern freuen, dass ihr Nachwuchs gut verräumt ist und sich zudem endlich mal bewegt, kursieren Meldungen über die wachsende Zahl teils schwerer Unfälle. Ist der Trend doch nicht so harmlos wie gedacht? „Grundsätzlich handelt sich beim Trampolinspringen um eine ausgesprochen positive und gesunde Sportart“, sagt Christopher Spering, der bei der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) für den Bereich Prävention zuständig ist. „Aber das Trampolin ist ein Sportgerät. Man sollte bestimmte Regeln beachten, wenn man es benutzt.“

Gewicht spielt eine Rolle

Wichtig sei vor allem, nur allein zu springen. „Jeder Mensch hat einen anderen Sprungrhythmus. Außerdem gibt es Gewichtsunterschiede“, erklärt der Orthopäde. Deshalb komme es leicht zu unkontrollierten Sprüngen und Zusammenstößen, wenn eine ganze Kinderschar auf dem Trampolin herumtobt – eine der Hauptursachen für Unfälle. Und deren Zahl hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Das bestätigt eine Studie von Unfallchirurgen aus Murnau, die über einige Jahre hinweg die Unfälle an ihrer Klinik auswerteten. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass der Anteil von Trampolinunfällen gemessen an der jährlichen Gesamtunfallzahl bei Kindern deutlich gestiegen ist: Lag die Zahl vor 2007 noch bei weniger als einem Prozent, kletterte sie in den Jahren danach auf über drei Prozent. Immerhin handelte es sich meist um leichtere Verletzungen wie Verstauchungen, Prellungen oder Gehirnerschütterungen. Allerdings hatten etwa 28 Prozent der Trampolinunfälle auch schwerere Folgen, etwa Kreuzbandrisse, Knochenbrüche oder Wirbelsäulenverletzungen.

Kleinkinder besonders gefährdet

Als besonders verletzungsgefährdet sieht die DGOU Kleinkinder: Ihre koordinativen und motorischen Fähigkeiten seien noch unzureichend ausgebildet, außerdem hätten sie sehr instabile Gelenke. Daher rät die Gesellschaft, Kinder erst ab dem sechsten Lebensjahr vorsichtig an das Trampolinspringen heranzuführen. Ein Grund, Gartentrampoline bei Nacht und Nebel abzubauen und im Keller verschwinden zu lassen, ist das noch nicht. „Es stimmt zwar, dass sich die Unfallzahlen rasant entwickelt haben“, sagt der Sportwissenschaftler Harald Lange von der Uni Würzburg. „Aber man muss auch sehen, dass die Zahl der Trampolin-Nutzer gigantisch gestiegen ist.“ Vor zehn Jahren seien Trampoline noch eher unüblich gewesen. „Heute steht bei jeder zweiten Familie, die über einen Garten verfügt, ein Trampolin.“

Trend hat auch Vorteile

Natürlich, räumt Lange ein, könne es bei einer so häufigen Nutzung auch zu Zwischenfällen kommen. Dem stünden die großen Vorteile des Trends gegenüber: „Für Kinder ist Trampolinspringen ein richtiger Entwicklungsmotor. Unter anderem wird ihr Gleichgewichtssinn geschult und sie bekommen überhaupt einen positiven Zugang zu Bewegung“, betont der Sportpädagoge. Viele Unfälle ließen sich vermeiden, wenn man die Sicherheitsbestimmungen einhalte. „Wenn man gut aufpasst, kann man ruhig auch kleinere Kinder aufs Trampolin lassen“, meint Lange und berichtet: „Wir haben unser erstes Gerät gekauft, als unsere Tochter noch nicht mal zwei Jahre alt war.“ Das Grundprinzip bei der Nutzung muss Lange zufolge stets lauten: Nur einer darf aufs Trampolin. Aber wie gut lässt sich das in der Praxis umsetzen? Soll man den Zugang zum Gerät verbarrikadieren, wenn die Kinder Besuch haben? Oder als Aufpasser zähnefletschend danebenstehen? „Nein, das geht natürlich nicht“, sagt der Experte. „Aber die Kinder sollten lernen, die Gefahren abzuwägen und sich realistisch einzuschätzen.“

Einige Hüpfer überschätzen sich

Ein Trampolin als Freizeitattraktion sei vergleichbar mit einem Swimmingpool im Garten: Jedem müsse klar sein, dass die Nutzung mit Risiken verbunden ist. Eine weitere häufige Gefahrenquelle resultiert aus Selbstüberschätzung, wie der Orthopäde Spering betont. So verleiten gerade große Trampolin-Sprunganlagen, wie sie derzeit im Trend liegen, auch ungeübte Nutzer zu Saltos und anderen riskanten Sprüngen. „Wenn man dabei falsch aufkommt, kann es zum Beispiel zu Verletzungen im Brustwirbel- oder Halswirbelbereich kommen“, sagt Spering. Davon betroffen sind auch Jugendliche und Erwachsene. „Insgesamt sind Trampolinunfälle bei Erwachsenen zwar seltener, sie fallen tendenziell aber schlimmer aus.“

Besser langsam anfangen

Wer keine waghalsigen Manöver unternimmt, sondern mit einem kleinen Trampolin sanft trainiert, geht kaum große Risiken ein. Eigentlich ist das Trampolinspringen für Erwachsene und Kinder nämlich ein „wunderbarer Sport“, wie Spering erklärt: „Man trainiert dadurch Kraft, Kraftausdauer, Koordination und Gleichgewichtssinn und stärkt die Sprung- und Haltemuskulatur.“ Auch auf das Herz-Kreislaufsystem, den Stoffwechsel, die Beckenboden- und Verdauungsmuskulatur sowie die Knochenstabilität soll sich die Bewegungsart positiv auswirken. Nicht zuletzt bereitet Trampolinspringen den meisten Menschen Freude. Lange sagt: „Man bekommt sehr viel mehr zurück, als man an Schwerkraft reingibt. Das erklärt, warum es eine Spaßsportart ist.“ Gleichzeitig resultiert eben daraus die Gefahr zu übertreiben: „Trampolinspringen ist immer ein Lernprozess. Es ist besser, langsam und unter Anleitung anzufangen.“ Das gilt vor allem auch für Erwachsene, die Beschwerden haben – etwa Bandscheiben- oder Gelenkprobleme. „In solchen Fällen sollte man sich erst mal einen Trainer nehmen“, rät Lange.

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