Rheinpfalz „Relikt aus der Zeit des Kalten Krieges“

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Ramstein-Miesenbach. Das Bündnis „Stopp Ramstein – kein Drohnenkrieg“ ruft für den morgigen Samstag zur Demonstration gegen den US-Stützpunkt Ramstein auf. Zu den Initiatoren zählt der Journalist und Historiker Reiner Braun. Warum der Stützpunkt aus seiner Sicht keine Zukunft hat, erläutert Braun im Interview mit Klaudia Gilcher.

Das Bündnis „Stopp Ramstein“ ruft zur Demo auf. Warum?

Es gibt drei Kernbegründungen. Erstens: In Ramstein befindet sich die Relaisstation für alle Drohneneinsätze dieser Welt. Zweitens: das zentrale Einsatzkommando für den Raketenabwehrschirm an der Grenze zu Russland. Drittens: die logistische Zentrale für Militäreinsätze weltweit. Nicht zu vergessen: die modernisierten Atomwaffen werden von Ramstein aus gesteuert. Aus welchen Akteuren setzt sich das Bündnis zusammen? Es ist ein Personenbündnis aus unterschiedlichen Friedensorganisationen. Lokale Organisationen, solche von Ärzten, Wissenschaftlern, Publizisten – engagierte Menschen für den Frieden. Wozu zählen Sie? Ich bin in meiner Funktion als Ialana-Geschäftsführer (siehe „Zur Person“) dabei und als Mensch mit einer langen Tradition als Netzwerkbildner in der Friedensbewegung Tradition ist ein gutes Stichwort. Am Wochenende gibt es Vorträge, ein Camp, Künstler wie Prinz Chaos II kommen. Das klingt nach guten alten Friedensbewegungs-Tagen. Sind solche Aktionsformen noch zeitgemäß? Sagen wir so: Wir nehmen die positiven Elemente von früher mit und verbinden sie mit neuen Aktionsformen und neuen jungen Aktiven. Das wird sich bei der Gestaltung der Kundgebungen und im bunten Bild der Demo zeigen. Ich gehe davon aus, dass ein Großteil junge Leute so um die 30 sein werden. Wir sehen das ein Stück weit an Bustickets, die wir verkauft haben. Die Friedensbewegung ist nicht tot? Sie ist gerade nicht besonders mobilisierungsfähig. Deshalb soll das Wochenende auch einen ersten Schritt zu einer Kampagne über mehrere Jahre markieren. Das heißt, das Ziel ist die Schließung des Stützpunkts? Ja. Militärstützpunkte sind Anachronismen aus der Zeit des Kalten Krieges. Sie können keine Lösungen für die drängenden Probleme dieser Zeit bieten. Weder Hunger noch Flüchtlinge lassen sich mit Militär in den Griff bekommen. Im Gegenteil: Syrien, Afghanistan, Irak, Somalia – die vier Haupt-Herkunftsländer von Flüchtenden sind Brennpunkte militärischer Interventionskriege. Das Koordinierungsbüro der Aktion sitzt in Berlin, auch Sie leben dort. Haben Sie überhaupt einen Eindruck von der Stimmung vor Ort? Die größte US-Gemeinde außerhalb der USA ist auch ein ziviler Wirtschaftsfaktor. Ich weiß um das Gefühl sozialer Sicherheit, das mit der Air-Base einhergeht, und um die Angst um Arbeitsplätze. Es ist völlig klar, dass eine Schließung nur mit einem Konversionsprogramm einhergehen kann. Wir reden da auch nicht aus der blauen Luft heraus: Roland Vogt, der frühere Konversionsbeauftragte des Landes Brandenburg, ist einer unserer Redner am Wochenende. Akteure aus dem Bündnis haben sich auch in der Vergangenheit an Konversionsprogrammen, unter anderem in Rheinland-Pfalz beteiligt. Wichtiges Anliegen ist auch die Diskussion, am Samstag nach der Demo im Camp einen „Arbeitskreis Konversion“ zu gründen. Sie glauben, dass es eine Chance gibt, den Stützpunkt zu schließen? Sicher. Nur durch eine veränderte Stimmung in der Bevölkerung und vielfältige längerfristig angelegte Kampagnen. Und solange die Konfrontation mit Russland, Stichwort Ukraine, aufrechterhalten wird, auch nicht. Aber politische und gesellschaftliche Entwicklungen geschehen nicht nur schrittweise. Wer hätte Anfang 1989 geglaubt, dass am Jahresende keine Mauer mehr steht? Oder dass der Atomausstieg wegen einer Flutwelle in Fukushima kommt. Eine veränderte US-Haushalts-Politik, mehr Isolationismus in der US-Außenpolitik und schon kann der Stützpunkt Ramstein zur Debatte stehen – so wie andere Stützpunkte vorher auch. Deshalb halte ich es für dringend notwendig, sich allgemein wieder mehr mit Konversion in der Region zu beschäftigen. Zur Person Reiner Braun, Jahrgang 1952, engagiert sich seit 1982 in der friedenspolitischen Bewegung. Der Historiker und Journalist arbeitet als Geschäftsführer bei der Initiative „Internationale Juristen und Juristinnen gegen den Atomkrieg“ (Ialana). Braun lebt in Berlin. In den 1980er Jahren war er Mitarbeiter des Krefelder Appells.

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