Rheinpfalz Polizeipräsident: „Keine Stadt der Gewalt“

Polizeipräsident Wolfgang Erfurt hat die Zahlen des Nachrichtenmagazins „Focus“ relativiert, wonach Kaiserslautern die gewalttätigste Stadt Deutschlands sei (wir berichteten). Bei einer Pressekonferenz der Initiative Sicheres Kaiserslautern“ (SiKa) erklärte zudem Bürgermeisterin Wimmer-Leonhardt: „Eine Streife mehr bedeutet sechs weitere Vollzugsbeamte.“

Die „Focus“-Studie habe für Verunsicherung gesorgt, sagte Polizeipräsident Wolfgang Erfurt bei der Pressekonferenz im Rathaus Nord. „Kaiserslautern ist keine Stadt der Gewalt.“ Er bezeichnete es als eine „nicht zulässige Verallgemeinerung“, wenn man das Gegenteil behaupte. Dabei fokussiere sich die Diskussion auf die Innenstadt und die Altstadt. Bürgermeisterin Susanne Wimmer-Leonhardt wies außerdem darauf hin, dass in der Öffentlichkeit die Begriffe Gewalttaten und ungebührliches Verhalten einzelner Gruppen vermischt würden. Es müsse zwischen Straftaten und einem Gefühl von Unsicherheit beim Gang durch die Stadt differenziert werden. Die Initiative Sicheres Kaiserslautern (SiKa), die verschiedene gesellschaftliche Gruppierungen repräsentiere, beschäftige sich seit ihrer Gründung 2008 mit dem Thema sicheres Kaiserslautern, sagte Erfurt. Franz-Josef Brandt, Leiter der Polizeidirektion Kaiserslautern, schlüsselte die Anzahl der Körperverletzungen auf. Im vergangenen Jahr habe die Polizei 1650 registrierte Körperverletzungen gezählt. Davon seien 1100 sogenannte einfache Körperverletzungen, deren Kennzeichen unter anderem seien: ohne gefährliche Gegenstände, mehrere Täter oder schwerer Schaden. Von diesen 1100 einfachen Verletzungen spielten sich 466 nicht öffentlich ab, zum Beispiel bei häuslicher Gewalt. 634 wiederum passierten in der Öffentlichkeit. Bei den gefährlichen Körperverletzungen hat die Polizei 457 Taten gezählt. Davon seien 253 in der Öffentlichkeit begangen worden. Bei Fußballspielen seien 40 Körperverletzungen registriert worden, die Bundespolizei habe 87 Körperverletzungen in Zügen auf dem Gebiet der Stadt vermerkt, zählte Brandt die Zahlen auf. Einkalkulieren müsse man die 50.000 Amerikaner, auch wenn sie nicht in der Stadt wohnten. Kaiserslautern habe eine große Anziehungskraft bei der Freizeitgestaltung am Wochenende. Schwerpunkte seien hier die Altstadt und eine Diskothek in Bahnhofsnähe. Bei all dem handele es sich um Einflussfaktoren, die mitberücksichtigt werden müssten, konstatierte der Direktionsleiter, der zudem auf die höchste Aufklärungsquote im Vergleich zu den anderen fünf großen Städten in Rheinland-Pfalz verwies. Von den 1650 registrierten Körperverletzungen würden 89,3 Prozent aufgeklärt. Die Bürgermeisterin erläuterte die Empfehlungen der SiKa. Dazu gehöre, mehr Präsenz der Ordnungskräfte auf den Straßen. Das funktioniere jedoch nicht ohne einen höheren Personaleinsatz: „Eine Streife mehr bedeutet sechs weitere Vollzugsbeamte“, machte Wimmer-Leonhardt deutlich. Zurzeit beschäftige die Stadt 15 Ordnungsbeamte in drei Schichten, die einen Katalog von 50 Aufgaben bearbeiten müssten. Schön wären mehr Streetworker. Von zwei Stellen im städtischen Stellenplan sei einer im Einsatz. Sie bedauerte, dass die Aktion „glasfrei“ in der Innenstadt aufgrund eines Urteils des Oberverwaltungsgerichts Mannheim habe eingestellt werden müssen. Sie plädierte für mehr öffentliche Toiletten und für mehr Aufklärung zu den Folgen des Alkoholmissbrauchs. Die Stadt werde auch nicht die Anzahl ihrer Veranstaltungen reduzieren, wie es manch andere Stadt bereits umgesetzt habe. Andere Vorschläge, die sie höre, seien nicht machbar. So sei beispielsweise die generelle Wiedereinführung der Sperrzeiten rechtlich nicht erlaubt. Lediglich für einzelne Gaststätten könne die Sperrzeit verlängert werden, schilderte die Bürgermeisterin. Für eine großflächige Videoüberwachung, wie sie schon gefordert wurde, fehle es ebenfalls an Rechtsgrundlagen. Zudem taugten die Videos nicht zur Aufklärung, referierte Wimmer-Leonhardt. Denn zum einen sei das Bildmaterial schlecht, zum anderen seien potenzielle Täter dann vermummt. Selbst wenn eine Videoüberwachung möglich wäre, führe das lediglich zu Verdrängungseffekten in andere Gebiete der Stadt. (ita)

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