Rheinpfalz Ohne Wolf ist der Wald langweilig

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„Eine Wildsau ist gefährlicher für den Menschen als ein Wolf.“ Für den Vorderpfälzer Wolfsexperten Michael Eichhorn stellt der Wolf im Pfälzerwald eine Bereicherung dar. „Der Pfälzerwald war ohne Wolf ein langweiliger Wald“, erklärte Eichhorn am Samstagnachmittag den 30 Interessierten, die zur „Wolfswanderung“ des Dahner Pfälzerwaldvereins (PWV) gekommen waren. Dort hat man Größeres vor mit dem Wolf: Der Wanderweg „Wolfstour“ soll zum „Wolfslehrpfad“ ausgebaut werden.

Die Teilnehmer der Wolfswanderung waren teilweise extra aus Speyer angereist. Die meisten waren jedoch Urlauber aus ganz Deutschland, die über Pfingsten im Dahner Tal unterwegs waren und das Angebot des PWV gerne annahmen, um sich aus wolfserfahrener Quelle über die Vierbeiner zu informieren. Michael Eichhorn ist als „Wolfsvater“ im Kurpfalzpark bei Wachenheim ständig mit Wölfen im Kontakt und als hauptberuflicher Hundetrainer tätig. Bei der dreistündigen Tour wurde Eichhorn von den Mitwanderern mit Fragen gelöchert. Immerhin ist seit August 2015 der Wolf offiziell zurück im Pfälzerwald. Die wichtigste Frage war: Was mache ich, wenn ich einem Wolf begegne? „Ihr seht die wahrscheinlich nie“, beruhigte und enttäuschte Eichhorn die Teilnehmer. Wölfe seien sehr scheu. Der Fall des so genannten Problemwolfs „Kurti“ in Niedersachsen, der vor wenigen Tagen auf amtliche Anordnung erschossen wurde, sei eine absolute Ausnahme. „Kurti“ hatte sich zunehmend Menschen genähert und Eichhorn vermutet, dass er von Soldaten eines Truppenübungsplatzes angefüttert worden sei. Ansonsten mieden Wölfe die Nähe zum Menschen. Den Abschuss von „Kurti“ bezeichnete Eichhorn als unnötig. „Kurti war ein politisches Opfer.“ Er selbst habe in freier Wildbahn nur einmal in der Slowakei von weitem einen Wolf gesehen. „Wir wollen Informationen zum Wolf geben. Hier war er zuhause“, erzählt Peter Zimmermann vom Dahner PWV, der in der dortigen Arbeitsgruppe (AG) Wolf mitarbeitet. An der PWV-Hütte im Schneiderfeld hat die AG bereits eine Infostation mit Tafeln aufgebaut, die auch rege von Wanderern begutachtet wird. Im Sommer hofft Zimmermann eine Art Wolfslehrpfad aufbauen zu können mit zwölf Tafeln entlang des Wolfspfades. Die Wolfswanderung vom Samstag war nicht die erste. Im vergangenen Jahr kamen bei traumhaftem Wetter über 50 Interessierte zur Tour mit Eichhorn. Der PWV will jeden Monat eine Wolfswanderung mit wechselnden Führern anbieten. In vier Wochen wird die nächste starten. Und Ende September sollen „Wolfstage“ eine Woche lang Veranstaltungen rund um den Wolf bündeln. „Wir wollen unbegründete Ängste vor dem Wolf abbauen“, begründet Zimmermann das Engagement. Wobei er auch klarstellt, dass die Pfälzerwäldler im Wolf keinen Heilsbringer sehen. Von einer Art Indianerromantik mit einer Idealisierung der Tiere hält er auch nichts. „Ich mache Urlaub hier und das ist eine gute Gelegenheit, etwas über Wölfe zu erfahren“, erzählte einer der Teilnehmer, der in Wuppertal lebt. Er laufe viel ganz alleine im Wald und da stelle sich bei den Berichten über Wolfssichtungen auch die Frage, was zu tun sei, wenn einem ein Wolf über den Weg laufe. Bei einem Urlaub in Kanada habe er Wölfe live erlebt. Mit seiner Familie habe er notgedrungen im Freien übernachten müssen und die ganze Nacht die heulenden Wölfe in der Nähe gehört. Eine ganz andere Motivation hatte ein junger Mann aus Speyer, der mit seiner Freundin extra zur Wolfstour gekommen ist. „Ich interessiere mich sehr für Wölfe und ihr Verhalten“, erzählt der Speyerer. Wölfe seien schöne Tiere. „Ich mag ihre Statur.“ In seinem Freundeskreis gebe es einige so genannte Furries. Das sind Menschen, die sich mit einem Tier, oft einem Wolf identifizieren und auch in Tierkostüme schlüpfen. So weit geht der Speyerer nicht. Allerdings habe er einen Wolf als großes Kuscheltier. Die Tour führt über Orte, die allesamt seit Jahrzehnten mit Wolfsnamen gekennzeichnet sind. Wolfsdell, Wolfsfelsen, Wolfswand und Wolfsdeller Hals informieren über die einstigen Orte, an denen Wölfe vermutet wurden oder wo vielleicht auch einst Wölfe erlegt wurden. Am Wolfsfelsen könnten Wölfe ihre Junge aufgezogen haben. Wölfe lebten nicht in Höhlen oder Felsspalten, sondern immer im Freien, erzählt „Wolfsvater“ Eichhorn. Nur für die ersten drei Wochen der Welpenaufzucht sucht die Wölfin Schutz in Felsspalten oder Höhlen. Dann gehen auch die Kleinen mit raus. Gerade jetzt haben die Wölfe ihren Nachwuchs bekommen. Immer Anfang Mai werden laut Eichhorn die Welpen geworfen. Von den 350 Wölfen, die derzeit in Deutschland leben, dürften etwa 150 Welpen in diesem Mai auf die Welt gekommen sein. „Der größte Feind des Wolfes ist das Auto“, erzählt Eichhorn weiter. Pro Jahr werden schätzungsweise bis zu 30 Wölfe im Straßenverkehr getötet. Generell haben Wölfe in freier Wildbahn ein recht kurzes Leben. Um die fünf Jahre lebe ein wilder Wolf. In Gehegen können die Tiere über 15 Jahre alt werden. Die freilebenden Wölfe hätten neben Autos mit Krankheiten und vor allem Parasiten zu kämpfen, die ihnen schnell den Garaus machten. Seltener sei glücklicherweise der illegale Abschuss durch einen Jäger. In Rheinland-Pfalz sei die Jägerschaft zwar offiziell für den Wolf und viele engagierten sich für die Rückkehr der Tiere. Inoffiziell gebe es aber eine Art Futterneid auf den Wolf, so Eichhorn. Immerhin frisst so ein Wolf bis zu 150 Rehe im Jahr. Eine Konkurrenz zu den bald im Pfälzerwald ausgesetzten Luchsen werde es nicht geben, versichert Eichhorn. „Luchs und Wolf gehen sich aus dem Weg.“ Und was soll der Wanderer jetzt wirklich machen, wenn ihm ein Wolf begegnet? „Ruhig bleiben, nicht hektisch bewegen, sonst kann man den Wolf nicht beobachten“, rät Eichhorn. Problematisch könne es höchstens für den Hund des Wanderers werden. Der werde immer als Artgenosse angesehen, selbst wenn es ein Mops oder Chihuahua sei. Deshalb solle der Wanderer immer aufpassen, dass sich der Hund im Wald nicht zu weit entfernt, wenn sich ein Wolfsrudel in der Region angesiedelt hat. „Fremde Artgenossen werden vom Rudel bekämpft und getötet.“ Bei einzelnen Wölfen, die auf der Suche nach einem Partner umherstreifen, kann es zum Gegenteil kommen. „Die wollen sich sofort mit dem Hund paaren.“ Information Der PWV-Dahn empfiehlt die Internetseite des Naturschutzbundes zum Wolf: www.nabu.de/wolf

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