Rheinpfalz Nostalgiker bekommen feuchte Augen

Unter den 80 Modellen ist der Eiffelturm.
Unter den 80 Modellen ist der Eiffelturm.

«Mannheim.» Zwei Lastwagen sind nötig gewesen, um seine neuen Schätze von Köln nach Mannheim zu holen. Das Technoseum hat eine Sammlung historischer Modellbaukästen erworben, die vor allem in den älteren Besuchern Erinnerungen wecken dürften. Vertreten sind Hersteller wie Märklin, Anker, Trix, Stabil oder Walther’s. Die Kästen stammen aus den Jahren zwischen 1895 und 1995. Es ist eine der größten Sammlungen Deutschlands.

Es juckt in den Finger, wenn man vor den Schachteln voller Schräubchen, Steinchen, Rädchen und Mütterchen steht. Mit dabei sind Stein-, Holz, Metall- und Plastikbaukästen, die zusammengebaut Eisenbahnen, Flugzeuge oder Gebäude ergeben. Imposant ist zum Beispiel die bereits zusammengeschraubte, fast zwei Meter hohe Replik des Pariser Eiffelturms. „Das ist eher ein Erwachsenenspielzeug denn ein Kinderspielzeug“, sagt Thomas Kosche, der Leiter der Abteilung Sammlungen am Technoseum. Er konnte sich bereits einen kleinen Überblick über den Museumsneuzugang verschaffen, der über 1000 Einzelobjekte umfasst. Fast 80 der Modelle wie der Eiffelturm sind schon montiert. Der Rest ruht in seinen Verpackungen, die oft genauso beeindruckend wie der Inhalt sind. 75.000 Euro hat die Sammlungsübernahme gekostet. Sie gehörte ursprünglich dem Rheinländer Jürgen Griebel, der von 1934 bis 1997 lebte. Als Zehnjähriger bekam er seinen ersten Modellbaukasten geschenkt, und als Erwachsener fing er damit an, diese Tüftler-Sets im großen Stil zu sammeln. Seine Familie hatte diesen Bestand den Mannheimern angeboten. Der Freundeskreis und die Stiftung Technoseum stellten daraufhin die Finanzierung für eine Übernahme bereit. „Mit der Anschaffung der Modellbaukasten-Sammlung tragen wir dazu bei, dass die Bestände als Herzstück des Hauses weiter anwachsen“, erzählt der Freundeskreis-Vorsitzende Peter Frankenberg. Auch Dieter Münch, der Schatzmeister der vom Freundeskreis gegründeten Stiftung, zeigte sich erfreut. „Das Stiftungskapital ist in den letzten Jahren stets gewachsen“, erklärte er. So sei es nun möglich, auch größere Ausstellungsprojekte mitzufinanzieren. Die Öffentlichkeit bekommt die Modellbaukästen noch nicht gleich zu sehen. Wie Thomas Kosche erklärte, würden diese nun erst einmal gesichtet und sortiert. Danach landen sie im Museumsdepot. Aber nicht für ewig. Spätestens im Jahr 2024, so Kosche weiter, zeige das Technoseum eine Sonderausstellung zum Thema „Kinderspielzeug“. Das dürfte dann auch die perfekte Bühne für die spannenden Kisten sein. Spannend vor allem auch deshalb, weil sie auch viel Geschichtliches verraten. Kosche: „An ihnen lässt sich die technische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung seit der Jahrhundertwende ablesen: So folgen die Modelle immer unmittelbar auf die technischen Entwicklungen, ganz gleich ob es sich um Brücken, Kräne oder Fahrzeuge handelt.“ Auch Geschlechterrollen wurden laut ihm mit dieser Art von Spielzeug gefestigt, denn die Modellbaukästen richteten sich in erster Linie an Jungen. Mädchen hingegen treten bis weit in die 1970er-Jahre auf den Deckelbildern als Baumeisterinnen nur höchst selten in Erscheinung. Sie gucken vielmehr nur gespannt auf ihre männlichen Spielkollegen. Darüber hinaus bereiteten die Modellbaukästen ihr junges Publikum spielerisch auf eine mögliche Karriere als Architekt oder Ingenieur vor, waren also pädagogisch wertvolles Spielzeug. Und obendrein lange Zeit eher dem Bürgertum vorbehalten, denn sie waren schon damals ziemlich teuer. Auch der Förderkreis-Vorsitzende Peter Frankenfeld erinnert sich noch sehr gut an die damaligen Zeiten. „Das waren die Objekte, mit denen wir uns als junge Menschen selbst an Technik herangearbeitet haben“, sagte er. Und auch ihn hatte es offensichtlich in den Fingern gekribbelt. Denn er nutzte Thomas Kosches Angebot sehr gerne, ein wenig selbst zu bauen und zu schrauben.

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