Kultur Südpfalz Neue und verbrauchte Liebe

Eine Zeitmaschine benötigten die Besucher der Kulturscheune Minfeld nicht, um in die 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückversetzt werden. Für gepflegte, wohl dosierte ironische Salon- und Großstadtatmosphäre sorgten der Sänger Denis Wittberg und sein Pianist Jörg Walter Gerlach mit ihrem heiteren, bisweilen überraschenden Konzert.

Denis Wittberg hat ein Faible für die Schlager und Hits der 20er und 30er Jahre. Darunter sind Stücke, die bis heute mit ihrem kabarettistischen Unterton, ihrem Wortwitz und der kompositorischen Leichtigkeit der Melodien ihre Liebhaber finden. Wenn diese Schlager so authentisch, gewürzt mit persönlichem Stil und Können, zu Gehör gebracht werden, ist ein genussvoller Abend sicher. Wer wollte diese Einladung ablehnen, wenn ein gepflegter Herr zartfühlend ins Mikrofon säuselt „Du kannst mich heute Nachmittag besuchen.“ und danach glaubhaft versichert „Veronika, der Lenz ist da!“ Wittberg, der die Kunst des vornehmen Näselns perfekt beherrscht, brachte weit über 20 Schlager und Couplets mit nach Minfeld, darunter viele bekannte Lieder, wie „Ich brauche keine Millionen“, „Du hast Glück bei den Frauen Bel Ami“ oder als Zugabe präsentiert „Mein kleiner grüner Kaktus“. Aber auch Neues, weniger Bekanntes war dabei. Spannung baute der Sänger auf, weil er die Lieder, ihre Texter und Komponisten vorstellte und immer wieder auf leicht skurrile Besonderheiten der Stücke hinwies. In den Liedern, die Denis Wittberg sang, dabei souverän zurückhaltend von Jörg Walter Gerlach am Piano begleitet, ging es um neue und verbrauchte Liebe, um Frauen, die - übrigens wie heute auch – mit ihrem Körpergewicht kämpfen, um das ewige Spiel zwischen Mann und Frau. So hieß es „Tante Paula liegt im Bett und isst Tomaten“, „Die Braut von Alexander, die geht so auseinander“ oder „Ich küsse ihre Hand Madame“. Dass „Schallplattenverkäufer“ in den 20er Jahren einen schweren Beruf haben, war spätestens nach dem toll gespielten und gesungenen Lamento von Wittberg jedem klar. Überraschend neu, regelrecht entzückend, interpretierte der vielseitige Sänger und Entertainer einen Hit der Neuen Deutschen Welle aus den 80er Jahren. Wittberg stülpte dem Stück „Ich seh den Sternenhimmel“ von Hubert K. ein neues musikalisches Gewand über. Und es passte hervorragend, so, als sollte mit den Zeilen das Herz eines hübschen Fräulein im Jahr 1930 gewonnen werden. Die Akteure verabschiedeten sich von ihrem Publikum mit viel Gefühl und dem melancholischen Lied „Gib mir den letzten Abschiedskuss“, das schon die Comedians Harmonists gesungen haben. (bic)

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