Rheinpfalz Mit großen Augen in die Freiheit

Sie sind gerade mal drei Monate alt, der Kopf ist noch voller Flaum – voller Flausen wahrscheinlich auch – und doch sind die jungen Steinkäuze schon Hoffnungsträger. Sie sollen die Steinkauzpopulation im Landkreis Kaiserslautern ein bisschen ankurbeln. Vogelschützer Kurt Wilhelm hat fünf Jungtiere aus seiner Volierennachzucht in Katzweiler auf der Annexe Kühbörncheshof ausgewildert.

Im durchlöcherten schlichten Pappkarton reisen die kleinen Eulen mit den großen Augen an. Erst geht es im Auto von Kindsbach – im dortigen Tierheim steht die Voliere mit den Altvögeln – nach Katzweiler. Kein Mucks und kein Piep ist zu hören. Nur das Rascheln des Strohs, das ihnen Kurt Wilhelm zum Kuscheln in den Karton gepackt hat. Er weiß, was zu tun ist. Schließlich wildert er seit 1989 immer wieder junge Steinkäuze in Katzweiler aus. Fünf auf einen Streich hatte er allerdings noch nie im Karton, erzählt er. „Das ist etwas besonderes.“ Die kleinste Eulenart ist in ihrem Bestand stark zurückgegangen. Das Schwinden alter Obstbäume, das Fällen hoher Kopfbäume und das Abreißen alter Gemäuer haben die bevorzugten Brutplätze des Steinkauzes dezimiert. Auch das Fehlen extensiv bewirtschafteter Grünlandstandorte trug dazu dabei. Bundesweit konnte durch die Auswilderung von Volierennachwuchs der Rückgang wenigstens gebremst werden. Warum aber gerade Katzweiler im Lautertal? Was macht Kühbörncheshof so attraktiv für die mit 23 Zentimeter und rund 200 Gramm kleinste Eulenart? „Hier ist extensiv bewirtschaftetes Dauergrünland, das von den Pferden auf den Koppeln gut kurz gehalten wird“, erklärt Wilhelm, „hier stehen dazu noch Streuobstbäume, die sie zur Ansitzjagd nutzen können.“ Klingt ideal, zumal der Natur- und Vogelschutzverein Katzweiler auch für entsprechende Niströhren sorgt. Funktioniert trotzdem nicht wie gewünscht. Jedenfalls hat sich in all den Jahren erst ein Brutpaar niedergelassen. Das sorgt seit zehn Jahren für Nachwuchs in Katzweiler. Auch in diesem Jahr wieder. Und genau mit diesem Nachwuchs, so der alljährliche Plan, sollen die in der Voliere aufgezogenen Steinkäuze anbandeln. Tun sie nur nicht. Sie fliegen auf und davon. Gut, die Steinkauzwelt wird dadurch trotzdem ein bisschen reicher, halt nicht in Kühbörncheshof. „Der Waldkauz ist nicht unschuldig daran“, mutmaßt Gerhard Wilking, Vorsitzender im Vogelschutzverein, dass der Waldkauz, der im Waldstreifen über dem Dauergrünland sein Revier aufgeschlagen hat, allzu großen Appetit auf die kleineren Steinkäuze hat. „Alles was größer ist wie sie, macht Jagd auf den Steinkauz“, stellt Wilhelm fest. Das ist Natur. Aber in einer intakten Natur spielen sich die Dinge für gewöhnlich irgendwann ein. Deshalb gibt Wilhelm auch die Hoffnung nicht auf und entlässt die kleinen Flauschigen in ihre Freiheit – ein kleinschrittiges Prozedere: Vorsichtig steckt er zwei der Steinkäuze in eine alte, hinten geöffnete Niströhre im knorrigen Obstbaum. Proviant, sozusagen ein Energieriegel für die erste Jagd auf Feldmäuse, liegt schon drin – zwei tote Küken. Die drei Geschwister kommen in zwei, vom Vogelverein frisch aufgehängte, zusätzliche Röhren, etwa 100 Meter Luftlinie entfernt. Ob sein Eulen-Nachwuchs nun männlich oder weiblich ist, weiß Kurt Wilhelm nicht. „Das sieht man nicht. Der Größenunterschied ist nur ganz minimal. Wir müssten eine Feder ausziehen und diese untersuchen lassen, um das Geschlecht zu bestimmen.“ Ist ja auch nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass sich eine Eulin und ein Eulenherr von den Ausgewilderten und den auf Kühbörncheshof geborenen zusammen finden und im nächsten Frühjahr Eier legen. „Vielleicht klappt es ja diesmal!“ Kurt Wilhelm und Gerhard Wilking geben jedenfalls die Hoffnung nicht auf. (thea)

x