Rheinpfalz Lebendes Kunstwerk

Kaiserslautern. In einer Woche ist die Landesgartenschau in Landau Geschichte. Viele Besucher haben sich umgesehen, den neuen Südpark begutachtet, der Landau erhalten bleiben wird. In loser Folge haben wir in den zurückliegenden Monaten auch andere Gärten in der Pfalz vorgestellt. Bekannte und weniger bekannte, vergessene und solche, die den Herzen der Pfälzer besonders nahe stehen. Heute zum Abschluss der Serie: der Japanische Garten in Kaiserslautern.

Japan ganz nah. So lässt sich vielleicht am besten dieses anspruchsvoll gestaltete Fleckchen Erde mitten in Kaiserslautern beschreiben. Mag der Verkehrslärm auch im ersten Moment diese Ruhe, die das Auge empfindet, zu überdecken drohen: Die Faszination des mit so viel Liebe zum Detail geschaffenen Japanischen Gartens in Kaiserslautern erobert die Sinne und erlaubt innere Einkehr. Nichts mehr erinnert an den alten Steinbruch, in dem im 19. Jahrhundert Buntsandstein abgebaut wurde. Dafür ist sicher noch vielen jener Villenpark bewusst, der 1980 – knapp 14.000 Quadratmeter groß – in städtischen Besitz überging. Doch seine heutige Bedeutung bekam das Areal erst viel später. Die Idee, einen japanischen Garten anzulegen, entstand beim Besuch einer Kaiserslauterer Delegation in Bunkyo, einem Hauptstadtbezirk Tokios, gleichzeitig Partnerstadt der Westpfalz-Metropole. Dass daraus einmal einer der größten japanischen Gärten in Europa werden würde, davon konnten die geistigen Väter dieses Projektes damals nur träumen. Auch an eine Liaison mit der Landesgartenschau in Kaiserslautern, die im Jahr 2000 von der Stadt ausgerichtet wurde, dachte zu dieser Zeit noch niemand. Übrigens: Diese Verbindung hält bis zum heutigen Tag. Werden doch Kombikarten angeboten, die einen Eintritt zu beiden Grünflächen erlauben. Von Anfang an überzeugt vom Erfolg des Japanischen Gartens war aber Hanns Stephan Wüst. Er gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins Japanischer Garten Kaiserslautern, der das Konzept zur Gestaltung der Hangfläche an der Lauterer Straße entwarf. Vielleicht hat der hundert Jahre alte Baumbestand, der bis heute erhalten geblieben ist, von Anfang an den Japanischen Garten nie unfertig erscheinen lassen. Blutbuchen, Eiben, Tulpenbäume und Scheinzypressen unterstreichen noch die fernöstliche Gartenkunst. Auch der älteste Ginkgo der Stadt leistet in diesem anmutigen Idyll wertvolle Dienste. Machen wir es kurz: Die Kaiserslauterer Landesgartenschau im Jahr 2000 war auch die Geburtsstunde des Japanischen Gartens, der sich zu diesem Zeitpunkt auf den Weiher mit den vielen Kois und sein schmuckes Umfeld beschränkte. Heute, gut 15 Jahre später, mutet dieser Garten wie eine Schatzkammer der Farben und Formen an. Unterschiedliche Wasserflächen voller Vielfalt, kombiniert mit faszinierenden Wasserfällen ergänzen das Bild. Wie recht hatte Hanns Stephan Wüst, als er in seiner Festansprache zum zehnjährigen Bestehen Gärten und ihre Bedeutung beschrieb, die immer auch Symbole für den Garten Eden seien: „Das Paradies wird als Garten verstanden; damit werden der menschlichen Fantasie Freiräume überlassen.“ Für Wüst sind die Gärten einer Stadt so etwas wie grüne Oasen in der Wüste. Freilich ist der Japanische Garten darüber hinaus ein Ausdruck der gewachsenen Beziehungen zu Japan. Doch er ist noch mehr. Er ist eine Begegnungsstätte für Menschen, die bereit sind, sich auf eine ihnen bislang vielleicht fremde Kultur einzulassen und so die asiatische Philosophie kennenzulernen. Beim gemeinsamen Spaziergang durch den Garten zitiert Gerda Wüst, die zusammen mit ihrem Mann nichts unversucht lässt, um das lebende Kunstwerk Japanischer Garten weiterzuentwickeln, auch gerne den Philosophen Rabindranath Tagore. Er hat einmal gesagt: „Narren hasten, Weise warten, Kluge gehen in den Garten.“ Viele kluge Menschen zählt der Freundeskreis in jedem Jahr. Es sind Menschen, die gerne der Hektik der Großstadt für eine Weile entfliehen, um diese zumindest auf den zweiten Blick so besondere Ruhe auf sich wirken zu lassen. Der Japanische Garten ist ein ganz bewusst gestaltetes Stück Natur, in dem nichts dem Zufall überlassen bleibt. Steine und Felsen werden nicht einfach so drapiert, alles hat seine Ordnung. Selbst die Blicke des Betrachters werden gelenkt und geleitet. Ganz sicher ist es ratsam, an einer der Führungen teilzunehmen, um vielleicht so Spuren jener Denkstrukturen zu verinnerlichen, die den Japanischen Gärten zugrunde liegen. Da erfährt der Besucher dann viel über Schönheit und Harmonie, hört auch etwas über den Shintoismus, der als Basis des japanischen Lebensgefühls gilt. Wesentliches Kriterium: Das Universum gleicht einem Spiel unzerstörbarer Energien. Dann ist aber auch vom Buddhismus die Rede, der eng verwoben ist mit der Ruhe, der Stille, die den Besucher des Japanischen Gartens einfängt. Und diese Ruhe steht vor allem auch für Bescheidenheit, für Zurückhaltung bei den Materialien. Stein, Kies, Sand, hie und da ein paar ausgesuchte Sträucher, die fein beigeschnitten sind, das genügt schon, um diese Gartenwelt als etwas Besonderes empfinden zu lernen. Die Wüsts führen ihre Gäste auch gerne vorbei an einem der rauschenden Wasserfälle in das japanische Tee- und Gästehaus, das die Stadt Kaiserslautern 2003 erwarb und an einem der Gartenteiche aufbauen ließ. Das Haus, erzählt die Geschichte, diente einst als Gästehaus eines japanischen Ministers in einem der großen Parks in Tokio. Gut drei Millionen Euro wurden bislang investiert. Der Verein Japanischer Garten, der heute über 900 Mitglieder zählt, zeichnet für Entwicklung und Programm verantwortlich und hat das Grundstück für 30 Jahre von der Stadt gepachtet. Beziehungen pflegt der Verein auch zum Japanischen Generalkonsulat in Frankfurt und der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Rhein-Neckar. Die japanische Firma Ricoh übrigens ist Hauptsponsor, forciert seit Jahren die privat-öffentliche Partnerschaft. Japanische Gartenarchitekten stehen dem Freundeskreis immer wieder mit Tipps und Anregungen zur Seite. So beschreibt Wüst auch gerne die Anlage als ein „einzigartiges Kooperationsprojekt im Gartenbau“. Bei der Entwicklung eine Rolle hat auch eine japanische Stiftung gespielt, die Überschüsse der Weltausstellung von Osaka verwaltet und japanische Kulturprojekte weltweit unterstützt. Das ganze Jahr über hat der Japanische Garten ein besonderes Flair. Und doch: Viele sagen, dass die Wochen der Kirschblüte zu den besonderen zählen. Andere wieder sind angetan, wenn der Verein wieder seine Konzerte oder auch Teezeremonien anbietet. Übrigens: Wer seinen schönsten Tag im Leben dort verbringen möchte: Auch standesamtliche Trauungen werden im historischen Teehaus zelebriert. Doch es bedarf keineswegs des großen Anlasses, will man die fernöstliche Kultur mitten in der Pfalz ein wenig erspüren. Info www.japanischergarten.de —In dieser RHEINPFALZ-Serie erschienen: Rosengarten Zweibrücken (17. Oktober 2014), Adenauerpark Speyer (23. Oktober 2014), Park der Kurklinik Gleisweiler (30. Oktober 2014), Park der Sinne Dannenfels (15. November 2014), Schlossgarten Trippstadt (9. Januar), Bad Dürkheimer Kurpark (19. März), Strecktalpark Pirmasens (10. April), Gienanth-Park Eisenberg (11. August), Schlossgarten Kirchheimbolanden (29. September).

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