Rheinpfalz Kommentar: Rio-Reißer

Der Erfolg war glücklich, er war aber auch verdient. Argentinien war stark, Argentinien war selbstbewusst. Argentinien war gefährlich. Am Ende der 90 Minuten hätte der Sieger durchaus auch Argentinien heißen können. Das war ein Zittersieg, nicht alle Rädchen griffen gestern im deutschen Team ineinander. Aber wie ruhig die Mannschaft blieb, wie abgeklärt, das spricht für sie. Und dass ausgerechnet der zuweilen phlegmatische Mario Götze das entscheidende Tor erzielte, ist unglaublich. Eine unglaubliche WM-Geschichte. Die Bilanz dieses Turniers ist eindeutig: Das war eine klasse Weltmeisterschaft mit vielen aufregenden Spielen, Spielen, in denen es bis zum Ende hin und herging, keiner der Kontrahenten partout verlieren wollte. Denken wir an das Achtelfinale zwischen der Schweiz und Argentinien, denken wir an das K.o.-Spiel zwischen den USA und Belgien. Das 7:1 von Deutschland gegen Brasilien in Belo Horizonte – das war eine Sternstunde. Fußball-Schach angesichts der Hitze war eher die Ausnahme in Brasilien, das Halbfinale zwischen den Niederlanden und Argentinien war keine taktische Finesse, das war unspektakuläres Ballgeschiebe. Ärgerlich für die Niederlande: Das Team bot über weite Strecken mit den elegantesten Fußball, das Team hatte in Arjen Robben einen überragenden Antreiber, er verlieh seiner Mannschaft Schwung. Im Halbfinale gegen Argentinien verließ das Team der Mut. Trainer Louis van Gaal ist ein Trainer, der Mannschaften prächtig entwickeln kann, auf der Zielgeraden scheitert er aber zuweilen. Zur ganz großen Enttäuschung dieser Weltmeisterschaft avancierte Gastgeber Brasilien. Das 0:3 gegen die Niederlande im Spiel um Platz drei machte das Debakel perfekt. Ohne den verletzten Neymar war Brasilien hilflos. Ja, das war eine Blamage auf der Zielgeraden, das waren zwei Auftritte, die der ruhmreichen Selecao unwürdig waren. Trainer Luiz Felipe Scolari sollte zurücktreten. Der Verband muss sich völlig neu besinnen. Alles auf Neustart! Statt sich nur aufs Geldeinsammeln zu konzentrieren, die Länderspiele nach London, in die USA und nach Katar zu verlegen, ist Basisarbeit angesagt. Im Endspurt hat Europa seinen Auftritt während der Vorrunde korrigiert. Es war dann doch keine Amerika-Meisterschaft. In James Rodriguez hat das Turnier einen großartigen Aufsteiger. Der 22-jährige Torjäger bestach durch seine Unbekümmertheit, seine zielstrebige Art. Monaco wird nur eine Zwischenstation in der Karriere des Stürmers sein. Es waren auch die Festspiele der Torhüter. So viele starke Keeper gab es noch nie. Die Schiedsrichter hingegen irrten zu oft – gerade in der Vorrunde. Bewährt hat sich der Einsatz von technischen Hilfsmitteln.

x