Rheinpfalz Interessiert an Bundeswehr-Hilfe

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Mainz. Als am Freitagabend in München die tödlichen Schüsse gefallen sind, mobilisiert Bayern fast alles, was kämpfen kann: eigene Spezialeinheiten, Elitetruppen aus Hessen und Baden-Württemberg, die legendäre GSG 9 der Bundespolizei. Und aus Österreich fliegt das Einsatzkommando Cobra ein, während Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) für die Jagd nach dem Täter gepanzerte Autos aus seinem Begleittross abgeben muss. Nur die Bundeswehr bleibt in der Kaserne, aber in Habachtstellung. Denn das Verteidigungsministerium versetzt eine Münchener Feldjäger-Einheit in Bereitschaft – und macht das hinterher auch öffentlich. Prompt setzt eine neue Debatte über den Einsatz der Streitkräfte im Innern ein. Und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bezieht klar Stellung. Sie sagt, das Thema sei im Kabinett besprochen worden. Ergebnis: „Wir lehnen das sehr grundsätzlich ab.“ Ihr Innenminister und Landes-Parteichef Roger Lewentz allerdings setzt etwas andere Akzente. Schon länger gibt er den Sicherheitspolitiker, der auch an robuste Methoden denkt. Nachdem Attentäter mit militärischer Ausstattung im Januar 2015 fast gleichzeitig ein Massaker in der Pariser „Charlie Hebdo“-Redaktion anrichteten und in einem jüdischen Supermarkt Geiseln genommen hatten, setzte der Sozialdemokrat schneller als Kollegen in anderen Bundesländern durch, dass seine Polizei aufrüsten kann. Das rheinland-pfälzische Spezialeinsatzkommando (SEK) bekam schwerere Waffen und dickere Schutzwesten. Inzwischen ist laut Ministerium auch der gepanzerte Transporter mit Platz für ein knappes Dutzend Beamte geliefert worden, der zunächst auf sich warten ließ. Außerdem erhalten die landeseigenen Spezialkräfte eine neue Struktur, mittlerweile nennt das Ministerium dafür auch einen konkreten Termin: Zum 1. Oktober wird das aufs heimliche Beobachten spezialisierte, aber zugleich kampfstarke Mobile Einsatzkommando (MEK) Teil der Bereitschaftspolizei. Der werden auch Observationsspezialisten zugeordnet, die bislang in Polizeipräsidien Dienst tun. So stehen dann all diese Beamte unter dem gleichen Kommando wie das SEK, zusammen mit ihm sollen sie eine größere und noch schlagkräftigere Truppe bilden. Aber auch die gewöhnlichen Streifenpolizisten werden jetzt für 2,2 Millionen Euro kampfstärker gemacht. Die mittlerweile in allen Streifenwagen verstaute Maschinenpistole MP 5 soll eine verbesserte Visierung bekommen, und in insgesamt 430 Polizeiautos werden je zwei schusshemmende Helme sowie extra dicke Schutzwesten gelegt. Die allerdings sind gerade allseits gefragt, können laut Ministerium nur nach und nach angeschafft werden. Bis nächstes Jahr soll ganz Rheinland-Pfalz versorgt sein, jetzt kommen erst einmal die Beamten in den größeren Städten an der Reihe. Und die in Grenznähe. Schließlich könnten dort auch Dschihadisten auftauchen, die sich nach Anschlägen in Belgien oder Frankreich absetzen wollen. Um solchen Leuten hinterherzujagen, dürften nach Absprache Spezialeinheiten der Nachbarländer auch über die Grenze. So könnte es passieren, dass in der Pfalz auf einmal die französischen Antiterror-Einheit GIGN zuschlägt – was, streng genommen, ein militärische Operation wäre. Denn diese Truppe untersteht nicht nur dem Pariser Innen-, sondern auch dem Verteidigungsministerium. Und ihre Angehörigen sind Soldaten im Offiziers- und Unteroffiziersrang. Wenn es stattdessen um derartige Einsätze der deutschen Streitkräfte geht, gibt sich der Mainzer Innenminister trotzdem „sehr skeptisch“. Er meldet – wie seine Ministerpräsidentin – verfassungsrechtliche Bedenken. Aber gleichzeitig denkt Lewentz dann doch laut darüber nach, ob die Bundeswehr im Ernstfall Sanitäter stellen könnte. Oder gepanzerte Fahrzeuge. Wie genau Soldaten der Polizei im Amok- oder Terrorfall helfen könnten, das wollen mehrere Landes-Innenminister jetzt mit der Bundesregierung klären. Auch über die rechtlichen Grenzen solcher Einsätze soll dabei gesprochen werden. Dass es so einen Gesprächskreis jetzt überhaupt gibt, schreibt sich Lewentz auf die eigene Fahne. Denn nach Angaben seines Ministeriums war er derjenige, der diesen Dialog angeregt hat. Bliebe noch zu klären, was gilt, ehe dessen Ergebnisse vorliegen. Doch ob er Hilfe der Bundeswehr im Ernstfall ablehnen würde, ist eine Frage, die der Innenminister unbeantwortet lässt. Einwurf

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