Rheinpfalz In Erwartung lauer Sommerabende

MANNHEIM. Sobald die Sonnenstrahlen den Asphalt erwärmen, juckt es die Motorradfahrer in den Fingern. Die erste Gelegenheit für einen Ausflug auf zwei Rädern bot am Wochenende die Messe „Erlebnis Motorrad“ in den beiden Maimarkthallen. Bei strengen Minustemperaturen zogen aber auch hartgesottene Biker für die Anreise das Auto vor.

Leer war nur die „Mainstreet“, der exklusive Motorradparkplatz direkt an der Maimarkthalle. Hier durften die ganz harten Jungs parken. Solche, die dem Wetter getrotzt hatten und auch im Winter nicht auf das Freiheitsgefühl auf zwei Rädern verzichten wollten. „Schmuckstücke“, also liebevoll umgestaltete und aufpolierte Räder, gab es dabei aber nicht zu bewundern. Die standen in den beiden Hallen und sind eher etwas für laue Sommerabende und den sprichwörtlichen Ritt in den Sonnenuntergang. Das Erfolgsrezept der Messe ist seit Jahren gleich. Vertreten sind die namhaftesten Motorradhersteller, Zubehörhändler für alles rund um Maschinen und Fahrer vom Luftfilter bis zu Bekleidung und stilechtem Haarschmuck sowie getunte Maschinen zum Ansehen und manchmal auch zum Anfassen, die unter Kennern Custombikes heißen, also Fahrzeuge, die nach den Wünschen des Kunden umgebaut wurden. Dazu gibt es Rockmusik, zu der sich auf der Bühne die Bewerberinnen bei der Wahl zur Miss Superbike mehr oder weniger grazil verrenken und mit berechnenden Aussagen punkten („Zuhause habe ich eine Ducati“), und natürlich Getränke, die gerne aus Bechern mit einem Totenkopflogo getrunken werden. Außerdem eine Steilwand-Show und Live-Musik, und fertig ist auch bei der fünften Auflage in Mannheim das Rezept für die perfekte Motorradmesse. Die war in diesem Jahr, wie die meisten der Custombikes, wieder auf das Wesentliche reduziert. Auf die Ausweitung um das eine oder andere Maimarktzelt wurde deshalb verzichtet. „Alleine das Beheizen der Zelte ist im Februar zu aufwändig“, erklärte Veranstalter Jörn Nitz. Dem Zuspruch tat dies keinen Abbruch. Gut gefüllt waren Hallen und Gänge, gut besucht die Händler, dicht umlagert die Bühne und natürlich die Sonderausstellflächen der gestylten Modelle. „Man muss sie so zusammenbauen, dass sie anschließend nicht nur besser aussehen, sondern vor allem auch besser fahren als das Original“, nannte einer der Bastler die beiden wichtigsten Kriterien. Ein Preis stand bei keiner dieser Sonderanfertigungen, aber manche zählten auf einer Informationstafel immerhin die in vielen Stunden Schraubarbeit vorgenommenen Verschönerungen auf. Eine von Todde, Mo und Björn im Hause „Blechherz“ veredelte Harley aus dem Jahr 2013 brachte es dabei – vom kleineren Rückspiegel bis zur Lederschwingentasche mit Flaschenhalter, auf stolze 26 Veränderungen. Einen Preis nannten die drei Bastler für ihr Liebhaberstück nicht. Nur so viel: „Über die Maschine wurde ein Wertgutachten erstellt.“ Ein wissendes Nicken der Besucher war die Reaktion. Dabei entsprachen die wenigsten Messebesucher der gängigen Vorstellung von Motorradrockern. „Das Hobby ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, wusste Nitz, warum die meisten Gäste rein optisch eher hinter das Lenkrad eines Mittelklassewagens passten, als ans Steuer einer Harley-Davidson. Träger von schwarzen Lederkutten mit Clubsymbol gab es auch, aber die stellten die deutliche, wenn auch schwer zu übersehende Minderheit. Der MC Schluckspecht war dabei genau so vertreten wie die MC Germanen und einige andere, die sich feixend an den Getränkeständen trafen. „Man sieht sich auf der Straße.“ Oder an den Ständen der einzelnen Clubs, die als Treffpunkt und auch zur Verabredung für Touren in diesem Jahr dienten. Denn darin waren sich die Biker sicher: „Der Frühling kommt, ich kann es schon spüren. Und dann geht es sofort ’raus auf die Piste.“

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