Rheinpfalz Hier ist Latein lebendig

Speyer. Eines der ältesten Gymnasien im Land, das Gymnasium am Kaiserdom (GaK), wird im kommenden Jahr 475 Jahre alt. Gefeiert wird schon jetzt. Gegründet wurde es 1540 als „Lateinische Ratsschule der Stadt Speyer“. Das Motto des Jubiläums lautet „paratum ad futuros“ – „bereit für die Zukunft“. Diesen Anspruch hat das „Altsprachliche“ nach wie vor.

Schon lange vor der Schulgründung 1540, nämlich im frühen Mittelalter, gab es eine Domschule und Stiftsschulen in der Domstadt. Die Reformation war der Auslöser dafür, eine bürgerliche Schule zu etablieren, so wie es Martin Luther gefordert hatte. Als die Stadt Speyer 1538 zum evangelischen Glauben übertrat, konnte das Projekt verwirklicht werden. Anfangs war die Schule im Dominikanerkloster untergebracht, später in der Bäckerzunftstube und schließlich bis zum Stadtbrand 1689 im Retscherhof. In vier Klassen wurden Grammatik, Rhetorik und Dialektik, am Rande auch Religion und Musik unterrichtet. 1612 wurde die Ratsschule zu einem Gymnasium. Eine neue Klassenstufe und die Fächer Hebräisch, Arithmetik und Physik kamen dazu. Die Zerstörung der Stadt Speyer 1689 bedeutete das vorübergehende Ende der Schule. 1703 wurde sie neu gegründet in einem neu gebauten Flügel der kaiserlichen Kammer. Philosophie, Rhetorik, Geschichte, Erdkunde, Deutsch und Mathematik fanden 1769 Einzug in den Lehrplan. Bis Ende des 18. Jahrhunderts erlebte das Gymnasium einen Aufschwung, der aber mit den Revolutionskriegen 1792 beendet wurde. 1804 wandelten die Franzosen als neue Herren der linksrheinischen Gebiete das Gymnasium in eine „Ecole secondaire“. Französisch war nun wichtigstes Fach. Außerdem wurden Latein und Deutsch gegeben. Die Fächer Moral und Naturreligion ersetzten das Fach Religion. Die Schule wurde für Kinder aller Konfessionen geöffnet. 1816, die Pfalz war inzwischen bayerisch geworden, wurde die Schule zur einzigen vollständigen Studienanstalt der Pfalz. Die „Königlich Bayrische Studienanstalt Speyer“ beherbergte nun eine Lateinische Vorbereitungsschule, ein Progymnasium, ein Gymnasium und eine Lyzealklasse. Sie war in das neue Schulgebäude, das sogenannte Fürstenhaus in der Kleinen Pfaffengasse, umgezogen und blieb dort bis 1902. Dann folgte der Schritt in das Gebäude, in dem das Gymnasium heute noch untergebracht ist. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Gymnasium als Reservelazarett genutzt, die Schule in das alte Schulhaus ausquartiert. Während der Nazi-Zeit wurde aus dem Gymnasium eine Oberschule. Das Schulgebäude hat den Krieg unzerstört überstanden. Im September 1945 konnte der Unterricht wieder aufgenommen werden, die Schule wurde zum Gymnasium mit angegliederter Realschule. 713 Schüler, davon viele Kriegsheimkehrer, besuchten den Unterricht, den damals insgesamt 24 Lehrkräfte erteilten. Trotz nagenden Hungers, bitterer Armut, unzureichender Kleidung und weiter Schulwege sei die Moral besser gewesen als erwartet, heißt es in der Chronik. Statt Turnunterricht wurde Holz gespalten. Trotzdem fiel häufig Unterricht aus – wegen Kälte. 1950 wurde die Schule zum „Staatlichen Gymnasium“ mit einer altsprachlichen und einer naturwissenschaftlichen Abteilung. Das hatten die Eltern so gewünscht. Durften früher nur Lateinschulen den Namen Gymnasium tragen, wurden jetzt aus Realgymnasien neusprachliche und aus Oberrealschulen naturwissenschaftliche Gymnasien. 1966 folgte die Trennung des Gymnasiums in einen alt- und einen naturwissenschaftlichen Zweig. Seit 1972 heißt die Schule Gymnasium am Kaiserdom. Auch wenn Anfang der 1970er Jahre die Schülerzahl auf 421 zurückging, wohl auch weil ein Altsprachliches Gymnasium damals nicht mehr im Trend lag, hielt die Schule als eines von acht Gymnasien landesweit daran fest, ausschließlich mit Latein als erster Fremdsprache zu beginnen. Heute besuchen rund 800 Schüler das Gymnasium am Kaiserdom.

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