Rheinpfalz Götzen statt Göttlichem

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Als ernüchternd und uninspiriert bezeichnen der frühere Gartenschau-Geschäftsführer Matthias Schmauder und die ehemalige Gartenschau-Pfarrerin Mechthild Werner die Verwendung des Kirchenpavillons Himmelgrün beim Genießerleuchten als Autoausstellungsstand.

Der Kirchenpavillon sei von Anfang an ein wenig stiefmütterlich behandelt worden, deutet Schmauder an, der jetzt, wie berichtet, als Landschaftsarchitekt in Mainz arbeitet: Er sei wegen der Befürchtung, dass es dort zu laut werden könnte, als baurechtlich schwierig eingestuft und auf dem Gelände immer weiter nach Süden verschoben worden zum jetzigen Standort, und auch die Verhandlungen zwischen Kirche und Stadt, die schließlich zur erfreulichen Nachnutzung geführt hätte, seien sehr zäh gewesen. Schmauder findet es daher „ernüchternd, dass Handelnde der Kirche nun nicht mehr wissen, was sie besitzen, der neue ,christliche’ OB anscheinend nicht weiß, was der vermeintlich ungläubige Vorgänger da unterzeichnet hat“. Himmelgrün sei schon im vergangenen Jahr Teil des Genießerleuchtens gewesen, und damals sei mit Organisator Michael Chmura über einen achtsamen Umgang mit dem Pavillon gesprochen worden. In diesem Jahr habe der aber offenbar nichts mehr von Kirche, Altar und Andachtsraum gewusst, und dem Geländeverpächter, also der Stadt, sei es möglicherweise egal gewesen. Schmauder spricht von Effekthascherei für Reizüberflutete statt Ruhe, von protziger Werberei im Gottesraum und einem Prestigeobjekt vor feinfühlig gestalteter Architektur. Die Handelnden müssten bewusster erfassen, was Himmelgrün bedeute: Kirche im Alltag vieler Menschen, an einem oft und viel besuchten neu erstandenen, gelebten und beliebten Ort. „Im Anfang war das Auto“, spottet Pfarrerin Werner, die nun Projektleiterin des Reformations- und Unionsjubiläums der Evangelischen Kirche der Pfalz ist: der Deutschen liebstes Kind im Kirchenpavillon, angestrahlt und anbetungswürdig. „Das Auto war für viele richtig und doch, bei Gott, falsch an diesem Ort.“ Jesus habe die Händler aus dem Tempel geworfen, erinnert die Theologin – um sogleich einzuräumen, dass dies Polemik sei. Beim Genießerleuchten 2015 sei der strahlende Pavillon Augenweide und Seelenweide gewesen, ähnlich beim Lichterfest, zudem mit Konzert, erinnert sie. Er sei damit Gotteshaus und Menschenhaus gewesen. Der Pavillon sei selbst Kunstwerk, dank der Architekten Bayer/Uhrig, „die nach teils absurden Dauerdiskussionen mit Kirche und Stadt diesen Ort schufen“, um den Himmel auf Erden scheinen zu lassen. „Nun inszenierte der Lichteinfall Blech.“ Auch Madeleine Dietz habe Altar und Pult künstlerisch gestaltet, „um dem Göttlichen Raum zu geben. Nun wurde hier geparkt“, bedauert Werner. |boe

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