Rheinpfalz Fußball mit „gebotener Härte“

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Koblenz (swz). Bei Fußballspielen geht es auch schon einmal hart zur Sache. Doch wer haftet, wenn etwas passiert? Nur wenn die „durch den Spielzweck gebotene Härte beim Kampf um den Ball“ die Grenze zur Unfairness überschreitet, muss ein Spieler Schadenersatz und Schmerzensgeld leisten, hat jetzt das Oberlandesgericht Koblenz entschieden.

Mit diesem Urteil wies das Gericht die Klage eines Kickers zurück, der sich beim Freundschaftsspiel zweier Alten-Herren-Teams Brüche an Nase, Jochbein und Augenhöhle zugezogen hatte und seitdem an einer Einschränkung des Gesichtsfeldes leidet. Wie es zu dieser Verletzung kam, hat das Gericht nach den Beweisaufnahme so rekonstruiert: Der spätere Kläger schoss gegen Ende der ersten Halbzeit auf das Tor. Der Torwart konnte abwehren, der Spieler versuchte, den Ball zurückzuköpfen. Zeitgleich trat allerdings ein Verteidiger nach dem Ball, um ihn aus der Gefahrenzone zu befördern. Dabei traf er voll das Gesicht seines Gegners. Die Einzelheiten des schmerzhaften Zusammenstoßes sind zwischen den Parteien umstritten. Sie werfen sich wechselseitig Verstöße gegen die Fußball-Regeln des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vor. Der Kläger legte dem Gegenspieler „ein grob regelwidriges und rücksichtsloses Foul“ zur Last, weil dieser mit gestrecktem „hohen“ Bein gespielt und „voll durchgezogen“ habe; der Beklagte hielt dem Kläger einen „zu tiefen Kopf“ vor, was sich als unsportliches Verhalten darstelle. Das Landgericht Trier hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen. Es ging zwar davon aus, dass der Beklagte gegen die Regel 12 des DFB („Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen“) verstoßen hatte, weil er seinen Fuß „nach oben gezogen“ und den Kläger dadurch im Gesicht verletzt hatte. Allerdings vermochte das Gericht nach der Vernehmung von Zeugen nicht festzustellen, dass eine rücksichtslose oder brutale Spielweise des Gegenspielers zu den Verletzungen beim Kläger geführt hatte. Dieser Sichtweise schloss sich jetzt auch der dritte Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz an: Ein Fußballkicker hafte für Verletzungen eines Gegenspielers nicht, „wenn der von ihm begangene Regelverstoß noch im Grenzbereich zwischen der einem solchen Kampfspiel eigenen gebotenen Härte und der unzulässigen Unfairness liegt“. Das Oberlandesgericht hat sich bei seiner Entscheidung offensichtlich gründlich mit dem Kern des Fußballspielens auseinandergesetzt: Bei dieser Sportart komme es darauf an, im Kampf um den Ball schneller als der Gegner zu sein. Die Hektik, Schnelligkeit und Eigenart des Spiels würden den Spieler oft zwingen, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen, Risiken einzugehen und Entscheidungen zu treffen. Dabei seien körperliche Zusammenstöße mit dem Gegner im Kampf um den Ball „unvermeidlich“. Kommt es dabei zu Verletzungen des Gegners, sei ein Schuldvorwurf nicht berechtigt, solange die „durch den Spielzweck gebotene Härte“ im Kampf um den Ball die Grenze zur Unfairness nicht überschreite. Das gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn der faulende Spieler zwar gegen eine eigentlich dem Schutz seines Gegenspielers dienende Regel verstoßen hat; dies aber aus Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen oder Übermüdung geschehen ist. Im konkreten Fall konnte der verletzte Spieler nach Angaben des Gerichts nicht beweisen, dass der Kontrahent bei seiner Aktion mit dem hohen Bein „voll durchgezogen“ und schwere Verletzungen des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen hatte. Im Gegenteil: Das Oberlandesgericht gab zu bedenken, dass es zu der Verletzung nur gekommen sein könnte, weil das spätere Opfer der bessere Spieler war. Möglicherweise sei der Kläger bei dem Versuch, den Ball zu erreichen, „aufgrund überlegener Schnelligkeit und größeren Geschicks den Bruchteil einer Sekunde schneller am Ball gewesen als der Beklagte, mit der Folge, dass dieser nicht den Ball, sondern den Kläger unglücklich am Kopf getroffen hatte“. Info Aktenzeichen: 3 U 382/15

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