Rheinpfalz Friedensmarsch zum Flugplatz

Großes Geschütz aufgefahren: „Stopp Air Base Ramstein“ war Motto des Protests vieler Demonstranten.
Großes Geschütz aufgefahren: »Stopp Air Base Ramstein« war Motto des Protests vieler Demonstranten.

Wenig Schmeichelhaftes plärrte ein Mann im Vorbeifahren aus dem offenen Autofenster in Richtung jener mit Fahnen ausstaffierten, in bunte T-Shirts gewandeten Friedensaktivisten. Es hörten nur wenige, die gerade tröpfchenweise vom Ort des Protests zurückkamen und ihres Weges gingen. Auf „gut Pälzisch“ dröhnte nahe der Tankstelle an der Kindsbacher Straße die Beschimpfung, unverkennbar eine Meinungsäußerung eines Einheimischen, zuzuordnen dem großen Lager all jener, die die Notwendigkeit des sogenannten militärischen Drehkreuzes in der Westpfalz sehen. Und die auf die wirtschaftlichen Vorteile für die gesamte Region pochen, die mit der Air Base untrennbar verbunden sei. Allerdings streiten auch viele erklärte Flugplatz-Gegner diese Vorteile keineswegs ab. „Es geht auch ohne Militäreinrichtungen“ Wer mit der Gabe zu durchaus differenzierter Sichtweise ausgestattet ist, muss dieses wohl unstrittige „Verteidigungs-Argument“ zu entkräften versuchen. Dass genau dies auch geschah, explizit bei den Reden am Ramsteiner Rathaus, hob einer hervor, der selbst das Wort ergriffen hatte. „Es ist so wohltuend, wie stark hier argumentiert wird und welche Sachkenntnis hier erkennbar wird“, sagte Jochen Marwede. Minuten zuvor hatte der Chef der Grünen-Kreistagsfraktion vor allem die Belastungen der Air Base speziell für Natur und Bevölkerung im Umfeld thematisiert. Fluglärm, Bodenkontamination, Waldflächen-Verlust im Zuge des Hospital-Neubaus: All dies und mehr ist hinlänglich bekannt. Dass allerdings tatenlos zugeschaut werde, genau dies kritisieren ja die Gegner der Air Base. Marwede sprach auch das wirtschaftliche Argument an, das in seinen Augen wohl ein gewichtiges sei. Aber: Es gehe auch ohne Militäreinrichtungen, auch ohne Air Base. „Wir können es schaffen, es darf nur nicht zu größeren Brüchen kommen“, sagte der Grünen-Kommunalpolitiker mit Blick auf Konversionsprojekte, die seiner Ansicht nach große Chancen böten. „Im PRE-Park Kaiserslautern arbeiten heute mehr Menschen als zu Zeiten, als dort noch die französische Kaserne war“, betonte er, führte auch den aufgegebenen Militärflugplatz Sembach an, der heute „ein Gewerbepark im Blühen“ sei. Konversion sei das Schlüsselwort – da müsse angesetzt werden, da lägen Zukunftschancen, betonte Marwede. In diesem Zusammenhang forderte er auch, dass der Landstuhler Kirchberg nach dem Umzug des US-Hospitals nach Weilerbach für eine zivile Nutzung freigegeben werde. Dies sei auch deshalb so wichtig, weil nur so den „immensen Altlasten“ unverzüglich zu Leibe gerückt werden könne. Das sei von großer Bedeutung: „Es muss hier ewig die fürchterliche Brühe gepumpt werden, damit wir einigermaßen sauberes Trinkwasser haben“, sagte er zum Thema Grundwasserbelastung im Zuge der Base. Lafontaine vermisst „grüne Fahnen“ Marwede tat am Samstag noch etwas anderes mit nachhaltigem Charakter: Statt mitzumarschieren, widmete er sich, wie länger schon geplant, der Installation einer Solaranlage, wie er sagte. So hörte er denn auch nicht, wie der Hauptredner des Tages vor der Air Base die Grünen rüffelte. „Ich sehe keine grünen Fahnen“, kritisierte Oskar Lafontaine, dass die Partei so gut wie nicht Flagge zeige. Wer allerdings genau hinhörte, war der Kuseler Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Hartenfels, der sich dem Protest angeschlossen hatte. Ihm und seinen Mitstreitern bis auf höchster Ebene schrieb der frühere saarländische Ministerpräsident ins Stammbuch, nur ja nicht ins Fahrwasser der Altparteien zu geraten und sich als bequemer Partner dort einzunisten. Ex-Linken-Chef Lafontaine redete gewohnt mitreißend, nutzte die Gunst zur politischen Lage-Einschätzung und Abrechnung mit der Bundesregierung. Die Forderung der Demo nach einem sofortigen Stopp völkerrechtswidriger Kriegshandlungen, vor allem in Form der Drohnen-Kriege, unterstrich Lafontaine dick. Kundgebung und Marsch blieben friedlich, trotz erstaunlich hoher Beteiligung. Allenfalls schätzen ließ sich die Schar jener, die bei Hochsommer-Hitze erst auf dem Ramsteiner Prometheus-Platz ausgeharrt haben und dann Richtung Air-Base-Haupttor gezogen sind. Die Polizei sprach am Ende von etwa 3000. Anzahl der Teilnehmer: „Falsche Behauptungen der Polizei“ Dass die Polizei aber wieder – „wie immer falsche Behauptungen“ – in die Welt setzen werde, hatte vorab gleich zweifach Reiner Braun verkündet. Braun war maßgeblicher Mitorganisator der Friedenswoche, bei der die „Pfälzer Initiative ,Entrüstet Euch!’“ eine maßgebliche Rolle gespielt hat. Braun sprach von definitiv mehr als 5000 Teilnehmern. Alles blieb friedlich: Fünf Platzverweise wurden nach Polizeiangaben gegen Aktivisten ausgesprochen, die trotz Aufforderung ihre Sitzblockade-Haltung nicht aufgeben wollten. Drei wurden laut Polizei vorübergehend in Gewahrsam genommen.

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