Kultur Südpfalz Friedensbotschaft für alle Menschen

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Hastige Menschen in den Fußgängerzonen, blinkende Rentiere in den Vorgärten, Geschenkeberge und Glühweinflut – das kann doch nicht alles gewesen sein in dieser Vorweihnachtszeit. In der wunderbaren Abteikirche von Eußerthal ist eine Alternative zum Adventsstress angeboten worden. Eine Friedensbotschaft. Ein Eintauchen in eine Fülle festlicher Klänge. Das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach, genauer dessen drei erste Teile. Unter Leitung von Leo Kraemer, des langjährigen Speyerer Domkapellmeisters, führen die Ensembles der internationalen Konzertreihe Palatina-Klassik, deren Chor und Kammerphilharmonie, sowie vier Solisten die erste Hälfte des Bach`schen Monumentalwerks zum Christfest auf. Drei der sechs Kantaten erklingen in der dezent geschmückten Zisterzienserkirche, dazwischen gibt es als „zusätzliches Weihnachtspräsent unsererseits“, so Kraemer, das fast ebenso bekannte Violinkonzert E-Dur von Bach, BWV 1042, in dem der Konzertmeister Robert Frank – lange Jahre der Konzertmeister beim Orchester des Mannheimer Nationaltheaters – sich als virtuoser Instrumentalsolist erweist. Palatina-Klassik ist die Konzertreihe eines 2012 gegründeten Vereins um Leo Kraemer, der sich zum Ziel gesetzt hat, hochrangige Musikereignisse in der Pfalz und den angrenzenden Regionen zu präsentieren. Die Abendmusik in Eußerthal, wo Palatina-Klassik regelmäßig konzertiert, war das Abschlusskonzert dieser Saison. Friede auf Erden den Menschen: Wie aktuell die weihnachtliche Botschaft und die Botschaft des Bach-Oratoriums nach dem biblischen Bericht in Martin Luthers Übersetzung sei, „das erfahren wir ja allzu schmerzlich in diesen Wochen und Monaten“, sagt Leo Kraemer in seiner Begrüßung, bevor er den Taktstock hebt. Am Tag zuvor habe er aus Anlass des 245. Geburtstags von Beethoven in Moskau dessen C-Dur-Messe dirigiert mit ihrem eindringlichen Appell am Schluss „Dona nobis pace“ (Gib uns Frieden). Das Publikum in der russischen Metropole habe langen Beifall gespendet und sich erhoben: „Kein Zweifel, dass sie verstanden haben. Rund um die Welt gibt es Menschen guten Willens, es gibt nicht nur Terror und die Abscheulichkeit des Krieges“, sagt der Dirigent. Das sei nicht nur Beethovens, sondern auch Bachs „Botschaft an uns alle“. Und dann erklingt zur Eröffnung der mächtige Jubelchor „Jauchzet, frohlocket“, begleitet von Pauken und Trompeten, und nimmt das Publikum sofort gefangen. Die ganze Abteikirche ist aufgrund der guten Akustik erfüllt von den festlichen Klängen. Danach wird es ruhig, ein Akkord, und der Evangelist (Tenor Daniel Wagner) singt klar und ausdrucksvoll, ohne Pathos den Bibeltext aus dem Lukas-Evangelium: „Es begab sich aber zu der Zeit…“ In einer Folge von Bibelwort, betrachtenden Rezitativen und Arien der Gesangssolisten sowie innigen Weihnachtschorälen des Chores wird die Geburtsgeschichte des Heilands reflektiert. Leo Kraemer gelingt es, mit klarem Dirigat die zahlreichen Mitwirkenden zu einer musikalischen Einheit zu verschmelzen. Alle sind hochkonzentriert – Sänger, Orchestermusiker und ebenso das andächtig lauschende Publikum. Hochrangige Solisten hat Leo Kraemer für das Bachoratorium verpflichten können, die in den einzelnen Arien und Rezitativen die ganze Schönheit ihrer Stimmen zeigen können. Neben Daniel Wagner singen Susanne Schaeffer, Alt, Vinzenz Haab, Bass, und Magdalena Hinterdobler, Sopran. Bekanntlich hat der Thomaskantor viele Stücke aus seinen weltlichen Kantaten kongenial für sein Weihnachtsoratorium umgearbeitet. Besonders berührend ist das Duett „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“ aus dem dritten Teil, in dem Sopran und Bass, nur von zwei Oboen und Bass begleitet, das Loblied der Hirten singen. Auf harten Kirchenbänken in Eußerthal ist dem Publikum die Zeit nicht lang geworden, bis am Ende der Choral „Seid froh dieweil“ erklingt. Nach dem letzten Ton ist es einige Sekunden lang ganz still im Kirchenschiff, dann bricht ein langer Beifall los, der die Leistung der Ensembles und Solisten belohnt. „Was für ein Weihnachtsgeschenk“, sagt ein Zuhörer ganz leise auf dem Weg zum Ausgang.

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